Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western. Alfred Bekker
Читать онлайн книгу.fand Lizzy.
„Okay“, sagte Garrett schließlich. „Der Mann, der die Bande anführt, heißt Jim Barrymore.“
„Sie sind zusammen als Jayhawkers in Missouri geritten?“
Garrett nickte. „Ja. Nach dem Bürgerkrieg haben viele von uns die Amnestie zum Anlass genommen, ein neues Leben zu beginnen. Aber für manche war das einfach nichts. Die meisten sind umgekommen oder sonst irgendwie gescheitert, wie unsere alten Feinde Quantrill und die James-Brüder zum Beispiel. Wir zogen nach Norden. Haben hier und dort mal was geplündert. Aber seit sich Union Pacific und Central Pacific in Promontory vereinigt haben, ist das die Goldader für uns geworden.“
„Warum sind Sie ausgestiegen, wenn das für Sie so lohnend war “, fragte Grainger.
Garrett lachte heiser. „Ich habe keine Skrupel eine Bank zu überfallen oder einen Zug auszurauben. Aber ich bin kein Killer. Ich töte niemanden, wenn mir der andere eine Wahl lässt. Doch für Jim Barrymore gilt das nicht! Für den zählt ein Leben nichts. Und jetzt stehe ich selbst auf seiner Todesliste!“
„Die Bande verkriecht sich im Gebiet der Pawnees.“
„Ja, sie beliefern die Rothäute mit Waffen und Munition, die denen ansonsten kein Händler verkaufen würde, der nicht Ärger mit der Regierung haben will! Aber Barrymore und seine Leute kennen da keine Skrupel. Die Pawnees dürften inzwischen besser ausgerüstet sein, als alle anderen Stämme in der Gegend – und auch das fördert nicht gerade den Frieden. Nach jedem Überfall zerstreut sich die Bande in alle Winde.“
Grainger dachte an McCabe. War nicht genau das die Theorie des Marshals gewesen? „Und wie schafft es Barrymore, seine Männer jedes Mal rechtzeitig wieder zusammenzutrommeln?“
„Er lässt in mehreren Zeitungen der Gegend Anzeigen aufgeben, die angeblich von einem Versandhaus in Boston stammen. Das System ist sehr einfach. Jedes dritte Wort im Text gehört zur eigentlichen Botschaft. Auf diese Weise erfahren Barrymores Leute, welcher Zug als nächstes überfallen wird und an welcher Stelle sich die Bande trifft."
Grainger pfiff durch die Zähne. „Eine interessante Methode", räumte er ein.
„Lesen Sie die Ogden Times oder die River City News. Dann sind Sie auf dem Laufenden, was die Aktivitäten von Barrymores Meute angeht."
„Woher weiß Barrymore, welche Züge sich lohnen?"
„Es gibt da jemanden bei der Union Pacific, der ihm zuarbeitet und dafür eine Menge Geld kassiert. Wer das ist, weiß ich nicht."
„Verstehe.“
„Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann!“ Garrett musterte Grainger abschätzig. „Die Eisenbahngesellschaft muss wahnsinnig sein, nur einen einzigen Mann gegen diese Bande auszuschicken!“
„Das braucht nicht Ihre Sorge zu sein“, erwiderte Grainger.
Garrett nickte. „Wir werden uns hoffentlich nicht wieder sehen, Mister Grainger. Leben Sie wohl.“
16
Grainger trat ins Freie, löste die Zügel seines Schimmels vom Hitchrack und schwang sich in den Sattel. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen, so dicht fiel der Schnee inzwischen. Der Mann von der U.S. Government Squad ritt die Main Street entlang bis zum Mietstall.
Bear River City hatte etwa dreißig Saloons; eine Stadt, die einem erweiterten Rotlichtbezirk für Cowboys und Bahnarbeiter glich. Gleich neben dem Mietstall gab es einen Saloon, bei dem sich offenbar niemand die Mühe gemacht hatte, ihm einen Namen zu geben.
Grainger sorgte dafür, dass sein Schimmel im Stall versorgt wurde, hängte sich die Satteltaschen über die Schulter und nahm seine Winchester in die Rechte. Als er den Stall verließ, sah er eine Gruppe die Main Street herauf reiten und vor dem Saloon neben dem Mietstall stoppen. Die Männer stiegen aus den Sätteln.
Einen von ihnen erkannte er, obwohl er seinen Hut tief ins Gesicht gezogen hatte. Es war Clayton! Der frisch gebackene Town Marshal von Ogden. Insgesamt ein Dutzend Mann begleitete ihn.
Einer von ihnen fiel Grainger besonders auf. Er trug eine Felljacke und besaß außerdem noch ein langes Bowiemesser und einen indianischen Tomahawk.
Clayton hatte Grainger zunächst in der Dunkelheit nicht erkannt. Aber das änderte sich, als er sein Pferd angebunden hatte und sich umsah. Er erstarrte, als er den großen Mann hinter dem Schneeschleier entdeckte.
„Guten Abend, Clayton.“ Grainger trat näher.
Clayton verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Grainger – sieh an!“
„Du kennst den Typ?“, fragte der Tomahawk-Mann.
„Der ist nicht weiter wichtig“, meinte Clayton. Er wandte sich an Grainger und fügte noch hinzu: „Lass dir nur nicht einfallen, deinen Whisky hier zu trinken!“ Dabei deutete er auf die Schwingtüren des namenlosen Saloons.
„Keine Sorge!“, versicherte Grainger. Er wartete, bis Clayton und seine Begleiter in dem namenlosen Saloon verschwunden waren. Dann kehrte er zu Rossita zurück, um die Nacht in ihrem Zimmer im Saloon The Longest Branch zu verbringen.
„Kennst du einen Mann, der einen Tomahawk trägt?“, fragte Grainger die Hure.
„Pawnees und Crowes tragen Tomahawks, aber von denen hat sich noch keiner zu mir verirrt“, erwiderte sie halb im Scherz.
Grainger blieb ernst. „Ich spreche von einem Weißen.“
„Nein, der wäre mir aufgefallen.“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Was ist? Die Nacht ist noch lang und nicht nur zum Schlafen da...“
17
Es war nach Mitternacht, als das Dutzend schwer bewaffneter Männer den namenlosen Saloon neben dem Mietstall verließ. „Ein blaues Haus am Ende der Main Street hat der Barkeeper gesagt!“, zischte der Tomahawk-Mann. „Das müsste doch zu finden sein!“
Er schwang sich in den Sattel. Die anderen folgten seinem Beispiel. Der Tomahawk-Mann holte die Winchester aus dem Scubbard und lud die Waffe durch. „Endlich. Wir haben Aaron Garretts Spur lang genug verfolgt. Jetzt bekommt er, was ein Verräter verdient!“ Er wandte sich an Clayton, der ebenfalls Anstalten machte, in den Sattel zu steigen. „Bleib du besser hier!“, bestimmte der Tomahawk-Mann.
„Weshalb?“
„Weil du der neue Town Marshal von Ogden bist und so am unauffälligsten unser Spion bleiben kannst.“ Der Tomahawk-Mann grinste schief. „Bin gespannt,