Startup-Recht für Dummies. Kai von Lewinski

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Startup-Recht für Dummies - Kai von Lewinski


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ist die Offenlegung unter Verstoß gegen eine Geheimhaltungspflicht (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 GeschGehG). Eine solche kann auf gesetzliche Vorgaben zurückzuführen oder aber vertraglich begründet sein.

      images Gesetzliche Pflicht zur Geheimhaltung im Arbeitsverhältnis als Nebenpflicht.

      Erlangung, Nutzung, Offenlegung – Kette von Übertragungen

      § 4 Abs. 3 GeschGehG verbietet die Erlangung, Nutzung und Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses von anderen Personen, die ihrerseits gegen § 4 Abs. 2 GeschGehG verstoßen haben, wenn der Betroffene vom Verstoß wusste oder ihn hätte erkennen müssen. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, dass die letzte Person, von der das Geheimnis erworben wird, den Verstoß begangen hat. Es kann auch Übertragungsketten geben. Hierbei ist es nicht notwendig, dass derjenige, der gegen das GeschGehG verstoßen hat, bekannt und benannt werden kann. Das durch eine Verbotshandlung erworbene Geschäftsgeheimnis ist »infiziert« und niemand, der es bekommt und damit rechnen muss, dass es aus einer Verbotshandlung stammt, darf das Geheimnis nutzen. – Ein sehr umfassender Schutz.

      Ausnahmen – No rule without exception

      § 5 GeschGehG regelt Ausnahmen von den Verletzungshandlungen des § 4 GeschGehG, insbesondere Ausnahmen zugunsten

       der Medien (Nr. 1), Investigative Recherchen von Journalisten

       zur Aufklärung rechtswidriger Taten (Nr. 2), Hierunter fällt das Whistleblowing.

       oder für Arbeitnehmervertretungen (Nr. 3).

      Voraussetzung für das Vorliegen einer Ausnahme ist jeweils ein berechtigtes Interesse, das sich nicht pauschal bejahen oder verneinen lässt, sondern einzelfallabhängig im Rahmen einer Interessenabwägung beurteilt werden muss.

      Erlaubte Handlungen – I can’t do much but I can still do that

      

Hieran wird deutlich, dass der Geheimnisschutz keine Exklusivrechte vermittelt. Die Doppelschöpfung von Geschäftsgeheimnissen ist denkbar und kein Verstoß gegen das GeschGehG.

      Soweit spezielle Normen die Handlung erlauben, ist ebenfalls nicht von einem Verstoß gegen das GeschGehG auszugehen.

      Daneben ist mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG das Reverse Engineering als zulässige Erschaffungsmethode von Knowhow zu qualifizieren. Reverse Engineering ist die Erlangung des Wissens durch zum Beispiel den Rückbau eines rechtmäßig erworbenen Produkts.

      Hier schließt sich der Kreis, da mit dieser Norm der zu Anfang des Kapitels stehende Grundsatz der Nachahmungsfreiheit durchschlägt.

      Folgen der Verletzungshandlungen – Not worth it!

      Was passiert, wenn Sie Opfer einer Verletzungshandlung werden? Wie schon angeführt, kann es im Einzelfall eine Straftat darstellen. Daneben gibt es Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung (§ 6 GeschGehG). Ferner besteht ein Anspruch auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Rücknahme vom Markt des verletzenden Produkts (§ 7 GeschGehG). Und Sie haben gegenüber dem Rechtsverletzer gemäß § 8 Abs. 1 GeschGehG außerdem Auskunftsansprüche. Diese Ansprüche sind (nur) ausgeschlossen, wenn ihre Geltendmachung im Einzelfall unverhältnismäßig sein sollte (§ 9 GeschGehG).

      Der unbefugte Verwender des Geschäftsgeheimnisses kann, sofern er weder fahrlässig (also unter Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt) noch vorsätzlich (mit Wissen und Wollen) gehandelt hat, Ihren Anspruch gemäß §§ 6 f. GeschGehG mit einer Abfindung in Geld befriedigen (§ 11 GeschGehG).

      Neben diesen Ansprüchen besteht eine Haftung des Rechtsverletzers (§ 10 GeschGehG). Dies bedeutet einen Schadenersatzanspruch, der bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verstoß gegen das GeschGehG entsteht. § 10 Abs. 3 GeschGehG erlaubt die Geltendmachung von immateriellem Schadensersatz.

      Man kann daher nur davon abraten, Knowhow einfach zu kopieren, aber auch anmerken, dass das Knowhow Ihres Startups den bestmöglichen Schutz erfährt.

      Besonderheiten bei der Durchsetzung von Ansprüchen – Nur der Richter weiß Bescheid

      Die gerade beschriebenen Ansprüche müssen notfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Eine öffentliche Gerichtsverhandlung würde aber den Charakter eines Geschäftsgeheimnisses zerstören, sodass bei Verfahren nach dem GeschGehG (sogenannte Geschäftsgeheimnisstreitsachen, § 16 GeschGehG) eine Geheimhaltungsmöglichkeit besteht. Allerdings muss dies im Vorfeld beantragt werden!

      Ein schon öfter erwähnter Punkt im Rahmen des Schutzes von Knowhow sind Vertraulichkeitsvereinbarungen (sogenannte Non-Disclosure Agreements, kurz NDAs). Diese stellen eine regelmäßig notwendigerweise zu ergreifende vertragliche Schutzmaßnahme dar, um den Charakter von Geschäftsgeheimnissen zu erhalten.

      Bei der Zusammenarbeit mit Dritten wird es oft schon vor dem Abschluss des eigentlichen Hauptvertrags zu einem Austausch von geheimhaltungsbedürftigen Informationen kommen. Daher bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung darüber, wie mit derartigen Informationen während der Verhandlung, der Zusammenarbeit und darüber hinaus umgegangen werden soll.

      images NDAs sollten regelmäßig früh innerhalb der Verhandlungen abgeschlossen werden! In jedem Fall müssen sie vor Weitergabe der geheimhaltungsbedürftigen Information unterschrieben sein. In der Praxis sind sie oft das erste Dokument, das innerhalb der Vertragsanbahnung unterzeichnet wird.

      NDAs können beide Parteien verpflichten, die Geheimnisse des jeweils anderen zu wahren. Sie können aber auch nur einseitig verpflichtend formuliert sein.

      images Bei gemeinsamen, kooperationsgetriebenen Projekten verpflichten sich beide Vertragsparteien zu gegenseitiger Vertraulichkeit der geteilten Information. Gewähren Sie einem anderen Unternehmen Zugang zu Teilen Ihrer Infrastruktur, weil dieses Sie beliefert oder Ähnliches, werden Sie diesen Vertragspartner regelmäßig einseitig verpflichten.

      In der Praxis der Startup-Finanzierungsszene ist es für einige Investoren ein No-Go, dass Gründer NDAs verlangen. Allerdings muss hier differenziert werden: Es ist nicht so sehr eine Abneigung gegen die vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarung, sondern zumeist der Zeitpunkt, zu dem sie gefordert wird. Es wird eine nicht unerhebliche vertragliche Bindung gefordert, ohne dass der Investor weiß, ob das Ganze nicht am Ende nur kostbare Zeit verschwendet hat.

      

Hier bietet es sich an, die ersten Berührungen mit Investoren (Pitches, Pitch-Deck und so weiter) möglichst frei von geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu halten, im weiteren Verlauf aber durchaus auf ein NDA zu bestehen. Hiermit zeigen Sie, dass Sie eine vernünftige und rechtlich sichere Strategie zum Knowhow-Management verfolgen. Und immer daran denken: Natürlich macht auch der Ton die Musik.

      Aufbau und Inhalt – Was muss rein?


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