Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan

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Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan


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ehren die Cairaner«, skandierten sie, »aber wir lieben die Götter.«

      »Wer den Glauben kaserniert, verliert seine Identität.«

      »Bewahrt die Tradition!«

      »Ein Volk ohne Vergangenheit ist ein Volk ohne Zukunft.«

      Besonders der letzte Spruch berührte Osmund, traf er – wenngleich auf andere Weise – doch gleichsam auf die Terraner zu.

      Weniger berührt zeigten sich die Hunderte von Olubfanern, die den Tross umgaben und die aus der Zuschauermenge vor der Halle raschen Zulauf bekamen. Sie beschimpften die Prozession als Fortschrittsverweigerer und Friedensgefährder, als undankbares Gesindel, das geistig zu beschränkt sei, um die Segnungen der Cairaner zu würdigen, als Abschaum, Phantasten und Gesellschaftsschädlinge.

      Trinkgefäße flogen aus der Anonymität der Menge, besudelten die Protestierenden mit einer roten Flüssigkeit, die Osmund unangenehm an Blut erinnerte, zerschellten an den massigen Leibern. Doch der Löbliche Zirkel blieb zu jeder Zeit friedlich, verletzte niemanden, sang seine Lieder und ließ sämtliche Schmährufe und Wurfgeschosse über sich ergehen.

      Und dennoch war er es, der gegen das Gesetz verstieß, und nicht der zornige Pöbel.

      Osmund Solemani, Donn Yaradua und Winston Duke standen etwas abseits der Halle in der Nähe des Gleiters auf einer der provisorischen Bühnen, die sich über die ganze Stadt verteilten. Auf ihr mochten während der Festzeit üblicherweise Theaterstücke dargeboten werden, die den Cairanern huldigten oder die Geschichte der Olubfaner nacherzählten. In diesen Stunden fand jedoch keine Vorstellung statt, wahrscheinlich weil wegen der Kopplung ohnehin niemand zugeschaut hätte, und so bot das Gestell einen geeigneten Platz, um das Geschehen vor der Halle im Auge zu behalten.

      Aus zwei Nebenstraßen eilten weitere Einheimische heran. Sie trugen graue, uniformähnliche Einteiler und Helme, die nur die Gesichter freiließen. Alles an ihrem Erscheinungsbild schrie Ordnungskräfte. Insgesamt handelte es sich um zweiundzwanzig Polizisten, vielleicht auch Soldaten. Die ersten überhaupt, die Osmund in der Stadt sah. Aber zumindest keine Cairaner.

      Hatten sie die Gläubigen bisher offenbar nicht behelligt, schoben sie sich nun zwischen die aufgebrachte Bevölkerung und die Prozession und stellten sich ihr in den Weg, womöglich aus Angst, der Löbliche Zirkel könnte in die Halle eindringen und mit den verwerflichen Parolen die Kopplung stören.

      Immer noch flogen Gegenstände – Becher, Essensschalen, doch nun mischten sich Steine darunter. Manche trafen die Polizisten, und diese sahen sich plötzlich zwischen den Fronten gefangen. Anstatt die Ruhe zu bewahren, wussten sie sich nicht anders zu helfen, als klobige Waffen zu ziehen und auf die vermeintlichen Angreifer zu feuern.

      Blitze umspielten massige Körper, Glieder zuckten, Olubfaner stürzten. Andere gerieten in Panik, wollten fliehen, stolperten über betäubte Leiber.

      Innerhalb weniger Sekunden eskalierte die Situation.

      »Einer der Gründe«, sagte Winston Duke, »warum ich keine Außeneinsätze mag. Ständig wird man in irgendwas reingezogen, das einen nichts angeht.«

      Osmund funkte Rhodan an, berichtete von der Lage und bat um Anweisungen.

      »Seid ihr in Gefahr?«, fragte der Aktivatorträger.

      »Im Augenblick haben wir genügend Abstand, aber das Chaos könnte zu uns herüberschwappen. Außerdem fürchte ich, dass bald Cairaner hier auftauchen werden.«

      »Mischt euch nicht ein! Es gibt ohnehin nichts, das ihr unternehmen könnt, als abzuwarten und zu beobachten.«

      »Die Ladhonen greifen an«, schaltete sich Muntu Ninasoma von der BJO BREISKOLL in das Funkgespräch. »Ihr Schiff steht im Orbit, und es hat sich eine Art dreieckige Plattform davon gelöst. Vielleicht ein Truppentransporter. Der Funk der olubfanischen Aufklärung bezeichnet ihn als Raumponton.«

      »Greift die Abwehr der Olubfaner?«

      »Von wegen Abwehr! Im Gegenteil! Auf allen Kanälen senden sie die Anweisung ans Volk, keinen Widerstand zu leisten. Als ob sie hoffen, dann glimpflicher davonzukommen.«

      »Das deckt sich mit dem, was Ologbon berichtet hat. Beim Überfall auf die GLUTOBAT III haben sie den Kommandanten erst erschossen, als er sich ihnen in den Weg stellte, und alle anderen verschont.«

      »Bis auf die Entführten.«

      »Richtig, bis auf die. Und was sie mit ihnen gemacht haben, wissen wir nicht.«

      »Was sollen wir tun? Zusehen, wie sich ein Volk hemmungslosen Räubern ergibt?«

      »Der Gedanke gefällt mir ebenso wenig wie dir. Aber ich sehe keine Alternative. Die Ladhonen operieren milchstraßenweit. Wir sind zufällig auf einem Planeten gelandet, den sie als Ziel ausgesucht haben. Was ist mit den anderen Opfern? Wir können nicht das ganze Universum retten.«

      »Eigentlich haben wir das mit der Löschung des Weltenbrands gerade getan.«

      »Du weißt, wie ich das meine. Wir dürfen uns nicht in ein Gefecht verstricken lassen, bis die Cairaner kommen. Wir müssen weiter Richtung Rudyn.«

      »Schlechte Nachrichten«, mischte sich nun auch Sholotow Affatenga ein. »Ich fliege mit der SCHOTE im Augenblick über dem Block, in dem die Plantagenhalle liegt. Gleich daneben befindet sich ein kleiner Raumhafen. Er ist offenbar das Ziel des Pontons.«

      Osmund richtete den Blick von der Straßenschlacht zum Himmel. Nichts zu sehen. Die Fabrikgebäude standen zu eng beieinander und schränkten das Sichtfeld zu stark ein.

      »Sie sind gelandet«, meldete Tenga kurze Zeit später.

      Eine olubfanische Bassstimme hallte aus Akustikfeldern über das Gelände. »Gebt den Ladhonen, was sie wollen. Im Interesse des Wohlergehens der Bevölkerung: Bewahrt die Ruhe und wehrt euch nicht! Gebt den Ladhonen, was sie wollen. Im Interesse des Wohlergehens ...«

      In einer Endlosschleife wiederholte sich die Aufforderung. Doch die Menge vor der Halle nahm sie nicht wahr. Zu sehr war sie damit beschäftigt, Schläge zu verteilen, einzustecken oder ihnen auszuweichen. Die Masse wogte hin und her. Längst kämpfte jeder gegen jeden, und die, die nicht kämpften, versuchten sich zu befreien und dem Schmelztiegel der Gewalt zu entkommen.

      Meist vergeblich.

      »Sie haben das Schiff verlassen«, sagte Tenga. »Sechzig, siebzig Ladhonen, einige Roboter. Sie teilen sich auf. Die kleinere Gruppe plündert den Raumhafen. Technisches Gerät, Werkzeuge, Schutzanzüge. Sie scheinen wahllos mitzunehmen, was ihnen in die Hände fällt. Die größere Gruppe ... Es sieht aus, als würden sie sich auskennen. Ich glaube, sie wollen zur Tolnotenplantage. Sie kommen zu euch!«

      *

      Vier Minuten nach der Landung erreichten etwa fünfzig Ladhonen die Plantage. Zum ersten Mal sah Osmund die Wesen, von denen er bisher nur gehört hatte.

      Sie waren vage humanoid, menschengroß, vielleicht ein wenig kleiner, mit einem Kopf, zwei Beinen und zwei Armen, die in vierfingrigen Händen endeten. Damit hörte die Ähnlichkeit aber auch schon auf.

      Der Mund bestand aus einigen vertikalen, fingerlangen Lamellen. Darüber saß ein faustgroßes, violett schillerndes Facettenauge. Über das Schädeldach zog sich ein rötlicher Hautkamm. Ein feiner blauer Federflaum bedeckte den Schädel, vielleicht auch den Rest des Körpers.

      Die Piraten verharrten kurz, als sie den Rand der Straßenschlacht erreichten. Selbst aus der Entfernung sah Osmund, wie sich die Hautkämme der vordersten Ladhonen dunkelrot färbten.

      Für einen Augenblick wirkten sie unentschlossen, als hätten sie nicht mit einer Horde von Olubfanern gerechnet, die sie ignorierte.

      Der vorderste Ladhone pflückte eine metallene Kugel vom Gürtel seines Raumanzugs und warf sie in die Höhe. Über den Köpfen der Olubfaner barst sie mit einem schrillen, ohrenbetäubenden Pfeifen.

      Einige Sekunden glaubte Osmund, sein Schädel würde platzen, doch das Gefühl erlosch, als das


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