Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst

Читать онлайн книгу.

Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas  Brandhorst


Скачать книгу
Zeit zum Nachdenken. Shon ist kein Vierter, nicht mal ein Kuppler. Ein Terraner. Eigentlich sollte er sich zackig von der Eisscholle machen, statt seine Nase in unser Zeugs zu stecken. Eigentlich ... aber, kommt mir da, er hat sie ja schon drin. Klar, wir schimpfen über die Tring, gehen ihnen aus dem Weg, wo wir können, manche machen sich auch 'nen Spaß daraus, auf sie und ihre Burgen zu ballern. Aber so fies die Viecher sind, sie sind immer noch Flakies. Gehören zu uns. Und wir wissen für keine Schaufel Schnee was über sie. Blöd, wenn man drüber nachdenkt. Noch blöder, dass ein Terraner kommen muss, damit es uns auffällt. Uncold. Aber im Leben muss man manchmal eben uncold werden, auch wenn's wehtut. Ich geb' mir also einen Ruck und ...

      DOLSON: Und?

      YUN: Na ja, ist eigentlich nichts, was man Leuten wie dir erzählt. Aber ist ja egal, jetzt. Ich reiß' mich also zusammen und erzähl' Shon von den Katakomben ...

       Kapitel 27

      Deshwan Jankoff fügte sich Rhodans Befehlen, auch wenn es ihm schwer fiel. Er war es nicht mehr gewöhnt, dem Willen anderer zu gehorchen. Früher, im Ungestüm der Jugend, hatte der Oxtorner sich zur Unterordnung bereit gefunden, trotz der Maßlosigkeit, die ihn damals vor allen anderen Dingen ausgezeichnet hatte. Aber damals war es ein notwendiger Kompromiss gewesen. Deshwan hatte das Abenteuer gesucht, die eigenen Grenzen. Oxtorne war ihm bereits wie ein Gefängnis vorgekommen, noch bevor er das Ende der Pubertät erreicht hatte. Um sein Potenzial auszuleben, hatte er gespürt, musste er seine Heimatwelt hinter sich lassen.

      Er hätte dem Beispiel folgen können, das zahllose Oxtornergenerationen vor ihm gegeben hatten, und sich zur Liga-Flotte oder zur USO melden können. Doch gerade diese Tradition sprach dagegen: Er suchte das Abenteuer, das Unbekannte. Auf ausgetretenen Pfaden würde er es nicht finden.

      Jankoff hatte sich auf ein Schiff geschlichen, das auf Oxtorne seine Fracht entlud. Es war ein Schiff der Springer gewesen, der Galaktischen Händler. Arkonidenabkömmlinge, die seit Jahrtausenden ausschließlich auf ihren Schiffen lebten. Der junge Deshwan hätte es nicht besser treffen können. In zweifacher Hinsicht. Niemand kam mehr herum in der Milchstraße als die Springer, war besser geeignet, sein unstillbares Fernweh zu stillen. Und der Patriarch der Springerwalze war ein alter und kinderloser Mann, der den blinden Passagier, der bald entdeckt wurde, nicht nach alter Springersitte ins Vakuum stoßen ließ, sondern annahm wie einen Sohn.

      Der Oxtorner lernte von den Springern, wie man mit Geld Geld verdient – eine Kunst, die er damals gering schätzte und die ihm jetzt ermöglichte, seine Träume in die Tat umzusetzen. Und er lernte, dass Geld begehrt ist, eine Sache von Leben und Tod. Vor allem des Todes. Deshwan avancierte zum Leibwächter des Springerpatriarchen, tauchte derart vollkommen in die Welt der Händler ein, dass er die Jahre der milchstraßenweiten Monos-Diktatur wie ein unbeteiligter Zuschauer erlebte. Als der Patriarch nach einem Jahrzehnt starb, war es der Oxtorner, der in den Kämpfen um die ungeklärte Nachfolge das entscheidende Zünglein an der Waage darstellte. Deshwan stand auf der Seite der Sieger, und diese nutzten sein neu entdecktes Talent weidlich. Der Oxtorner wurde zur Geheimwaffe der Sippe, ein Killer, der missliebige Konkurrenz zuverlässig beseitigte.

      Das Arrangement stellte sich als kurzlebig heraus. Ohne die schützende Hand des Patriarchen war Deshwans Stellung in der Sippe heikel. Vielleicht hätte man den Oxtorner geduldet, wäre er mit der ihm zugedachten Rolle als dumpfe Mordmaschine zufrieden gewesen. Doch das war er nicht. Er rieb sich zunehmend an dem engen Verbund an Bord des Schiffs. Die Springer bildeten eine verschworene Gemeinschaft, geprägt von Inzucht. Gegenüber Dritten standen sie bedingungslos füreinander ein. Kein Springer musste fürchten, jemals ins Bodenlose zu stürzen, das Netz der Gemeinschaft fing ihn auf. Gleichzeitig fesselte es ihn. Anfangs hatte Deshwan die Fesseln kaum gespürt, zu aufregend war das neue Leben, die zahllosen Welten, die er erblickte, zu allumfassend die raue Fürsorge des Springerpatriarchen. Doch mit jedem Monat, der verstrich, zogen sich die Fesseln enger zusammen, bis sie ihn schließlich zu ersticken drohten. Es war Zeit, sie abzustreifen.

      Noch bevor er seinen Entschluss in die Tat umsetzen konnte, handelte die Sippe. Der Oxtorner war ein Fremdkörper, durch seine bloße Anwesenheit eine Bedrohung der Ordnung. Und wieder hatte Deshwan Glück. Vielmehr profitierte er von der Mentalität der Springer, die keineswegs so grausam war, wie man unter den Terranern behauptete. Springer liebten die Gewalt nicht, sie vermieden sie, wo sie konnten. Es war das Leben, das sie führten, aus dem sie nicht ausbrechen konnten, das sie dazu zwang, Gewalt auszuüben. Hatten Springer die Wahl, wählten sie den sanften Weg. So auch bei Deshwan. Kein Energiestrahl eines Geschützes fraß sich durch seine Oxtornerhaut, kein tonnenschwerer Container begrub ihn bei Verladearbeiten unter sich. Stattdessen befiel ihn eines Tages ein übermächtiges Bedürfnis nach Schlaf. Als er erwachte, fand er sich in der Wartehalle eines Raumhafens wieder, nackt, wie er eingeschlafen war, und mittellos.

      Hätte ihm damals jemand erzählt, dass er diesen Moment später als seine erste Wiedergeburt bezeichnen würde, dass er eines Tages eine Raumflotte befehligen würde, er hätte ihn ausgelacht.

      Und doch war es so. Er, der unmöglich Alte nach den Maßstäben seines Volkes, hatte sich den Befehl über die oxtornische Heimatflotte erkämpft. Jetzt war sie auf sein Wort hin ausgeschwärmt, hatte ein Ortungsnetz über Praesepe ausgeworfen. Ein weitmaschiges nur, denn obwohl es sich bei dem Sternhaufen um ein kleines Exemplar seiner Gattung handelte, stellten die knapp 500 Einheiten der Heimatflotte eine verschwindend geringe Streitmacht dar. Der Zweck des Ortungsnetzes war zwingend: Es sollte die Trümmerflotten wieder aufspüren, die sich nach stundenlangem, verlustreichem Kampf voneinander gelöst hatten und davongesprungen waren.

      Das Netz war gespannt, und das Warten hatte begonnen.

      Geduld ist eine Eigenschaft, über die Menschen nur in geringem Maß verfügen. Und noch weniger Oxtorner, besaßen sie doch Körper von solch unvergleichlicher Stärke, dass Geduld unnötig erschien. Geduld, glaubten Oxtorner, ist eine Tugend der Schwachen; der Starke handelt, nimmt sich, was er will.

      Doch was wollte er?

      Deshwan konnte es nicht mehr sagen. Jedes Mal, wenn eine Ortung einer der Trümmerflotten hereinkam, beschleunigte sich sein Puls jäh. Seine Hoffnung, dass die Fremden einfach in das Nichts verschwinden könnten, aus dem sie gekommen waren, war damit zunichte gemacht. Auf der anderen Seite bot sich mit jeder Ortung die Chance, sie zu stellen.

      Theoretisch. Praktisch waren seine Schiffe hilflos. Sie krochen – die einzige Art der Fortbewegung, die ihnen im Zeitalter der Hyperimpedanz geblieben war – den Fremden hinterher. Und die Fremden? Hätte der Interimskommandant nicht mit eigenen Augen gesehen, dass die Trümmerschiffe sich nicht um seine Einheiten kümmerten, hätte er geglaubt, dass sie ein Spiel mit ihnen trieben. Die Trümmerflotten blieben immer genauso lange an Ort und Stelle, bis die ersten oxtornischen Einheiten auf den Plan traten. Dann sprangen sie mit unbekanntem Ziel davon, und das Spiel begann erneut.

      Es schien, als könne es sich auf alle Ewigkeit so fortsetzen. Ein trügerischer Schein. Der Dauereinsatz verschliss die ohnehin alles andere als optimal gewarteten Schiffe der Heimatflotte in einem Tempo, das selbst den erfahrenen alten Oxtorner überraschte. Zwei Dutzend Einheiten waren aufgrund von Materialermüdung bereits ausgeschieden, hatten planetare Werften aufsuchen müssen, wo sie für Tage oder Wochen verbleiben mussten – zu lange, wie Deshwan fürchtete. Die ausgeschiedenen Einheiten stellten den Beginn einer aufsteigenden Kurve dar, die an einem Punkt in den nächsten Tagen nahezu senkrecht nach oben schießen würde. Dann würde es zu spät sein. Deshwan würde keine Waffe mehr besitzen, mit der er den Trümmerflotten hätte entgegentreten können. Er selbst, seine Träume würde ihnen ausgeliefert sein. Ein unerträglicher Gedanke.

      »Koppin, was soll ich nur tun?«, fragte er den Okrill.

      Das Tier hing in den sanften, aber unzerbrechlichen Fesseln eines Antigravfelds. Ein unumgängliches Übel. Koppin hatte sich herumgeworfen wie ein kämpfender, junger Okrill, als er aus der Betäubung erwacht war. Deshwan liebte und fürchtete diesen Anblick. Zeigte er ihm doch, dass im ausgemergelten Körper des Okrills ein junger Geist steckte, voller Neugier und Entschlossenheit. Und zugleich konnte jeder solche Beweis von Vitalität der letzte des Tiers sein.

      Koppin hob den Froschkopf, als er die


Скачать книгу