Marktsozialismus. Ernest Mandel

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Marktsozialismus - Ernest  Mandel


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Während Reformen in Richtung „Marktsozialismus“ in Osteuropa die „Regimewechsel“ 1989 nicht verhindern konnten, hält sich die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) bis heute an der Macht. Das Land steigt gegenwärtig zur globalen Wirtschaftsmacht auf. Die KPCh bezeichnet offiziell ihr System als „Sozialismus mit chinesischer Besonderheit“ bzw. „sozialistische Marktwirtschaft“. Einige westliche WissenschafterInnen sprechen hingegen von „Staatskapitalismus“ oder „staatlich durchdrungenem Kapitalismus“.3 Die Einkommensunterschiede in China sind im globalen Vergleich sehr groß.4 Auch im Kontext dieser gegenwärtigen Entwicklung ist die Debatte um „Marktsozialismus“ im 20. Jahrhundert sehr lehrreich.

      Von Marx zum „Marktsozialismus“

      Kommunismus als Negation des Kapitalismus bei Marx und Engels

      Die Vorstellungen von Marx und Engels prägten auch die Kommunistischen Parteien in den Ländern des Staatssozialismus. Allerdings gab es dort ganz andere gesellschaftliche Voraussetzungen, als die „Klassiker“ als Grundlage für den Kommunismus entwickelt hatten.

      Von der Oktoberrevolution zum klassischen Modell in der Sowjetunion

      Nach der russischen Oktoberrevolution im Jahr 1917 übernahmen die Bolschewiki in einem Land die Macht, in dem über 80 Prozent der Bevölkerung außerhalb der Städte lebte. Die Vorstellungen, wie in einem rückständigen Agrarland Sozialismus aussehen könnte, waren umstritten und vage. Zunächst setzte die Sowjetregierung ein moderates ökonomisches Programm um – in Form einer Bodenreform und der Einführung von „Arbeiterkontrolle“ in Fabriken. Im Bürgerkrieg (1918−1920) entstand jedoch der sogenannte „Kriegskommunismus“, bei dem in den Städten der Staat die Wirtschaft übernahm und eine rationierte Verteilung einführte. Um die Rote Armee und Städte zu versorgen, ließ die Sowjetregierung auf den Dörfern zwangsweise Getreide requirieren, ohne den BäuerInnen dafür eine angemessene Gegenleistung bieten zu können. Geld wurde durch die hohe Inflation nahezu wertlos. Nach dem Sieg der Roten Armee über die konterrevolutionären Weißen brachen BäuerInnenaufstände los und die Flotte revoltierte in Kronstadt. Vor diesem Hintergrund setzte vor allem Lenin 1921 die sogenannte Neue Ökonomische Politik (NÖP) durch: Der Austausch mit den BäuerInnen sollte anhand dieser neuen ökonomischen Leitlinie nun über den Markt regelt werden. Tatsächlich stellte die neue Politik auch eine Legalisierung der schon existierenden städtischen und ländlichen Schwarzmärkte dar.

      In der Partei gab es Diskussionen darüber, ob ein hybrides Wirtschaftssystem mit staatlicher und kollektiver Industrie, privatem Handel und bäuerlicher Kleinproduktion ein langfristig angelegtes Modell für den Aufbau des Sozialismus sei oder nur ein kurzzeitiger taktischer Rückzug. In den 1980er-Jahren bezogen sich Reformkräfte innerhalb kommunistischer Parteien auf die NÖP als Urform und Vorbild eines „Marktsozialismus“. Allerdings führte die NÖP nach einigen Jahren zu großen Problemen. 1928 kam es zu einer städtischen Versorgungskrise, da die BäuerInnen ihr Getreide nicht zu den festgelegten Preisen verkaufen wollten. In den Städten standen hohe Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit und der zur Schau gestellte Reichtum der HändlerInnen für viele ArbeiterInnen im Widerspruch zu den Idealen der Oktoberrevolution.

      Im Staatssozialismus fand ein Warenaustausch zwischen dem staatlichen, kollektiven und kleinen privaten Sektor statt. Außerdem wurde der Landbevölkerung erlaubt, innerhalb der Kolchosen auf „privatem Hofland“ für die Eigenversorgung und auch teilweise für Märkte, Kartoffeln und Gemüse anzubauen. Staatliche Zuteilung durch Rationierung von Lebensmitteln sah die sowjetische


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