Die Menschenhändler von Manhattan: Ein Roberto Tardelli Thriller #74. A. F. Morland

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Die Menschenhändler von Manhattan: Ein Roberto Tardelli Thriller #74 - A. F. Morland


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ich in Paris ein großes Musikaliengeschäft eröffnen kann. Deshalb nehme ich fast jeden Job an, der was einbringt. Natürlich gibt es Grenzen.“

      „Das ist ein vernünftiger Standpunkt“, sagte Roberto.

      Magalie wollte, dass er ihr von sich erzählte.

      Er belog sie.

      Hätte er ihr erzählen sollen, dass er sein Jurastudium abgebrochen hatte, als man seinen Vater und seine Schwester, die er geliebt hatte, eiskalt in die Luft sprengte? Hätte er davon sprechen sollen, dass er von diesem Tag an zum erbittertsten Feind der Mafia geworden war? Dass er fast täglich sein Leben aufs Spiel setzte, um der Ehrenwerten Familie einen Tiefschlag nach dem anderen zu versetzen? Dass er für eine geheime Organisation namens COUNTER CRIME arbeitete – einer Abteilung des Department of Justice mit Sitz in Washington –, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, das organisierte Verbrechertum in die Schranken zu weisen.

      Was hätte Magalie, dieses junge Mädchen aus Paris, mit alldem anfangen können? Nichts. Deshalb erzählte er ihr, er wäre Geschäftsmann, komme viel in der Welt herum und habe viel mit Menschen zu tun.

      Und dann sagte er ihr, dass er auf der Suche nach einem Mann namens Jerry Costello sei. Der Name hatte bei ihr Premiere. Roberto sah an ihrem ratlosen Gesicht, dass sie ihn zum ersten Mal hörte.

      Er beschrieb Costello. Plötzlich sprang in Magalies Augen ein kleines Flämmchen an. „So ein großer Kerl mit ‘ner grell gemusterten Krawatte war vor drei Tagen hier.“

      Roberto trank auf die Freude einen Schluck. Er bat Magalie, das Gesicht des Mannes zu beschreiben, doch daran konnte sich die Französin nicht erinnern.

      „Ich habe ein sehr schlechtes Personengedächtnis“, sagte sie entschuldigend.

      Roberto war zwar ein bisschen enttäuscht, aber er warf deshalb die Flinte noch nicht ins Korn. „War der Mann allein hier?“

      Magalie erinnerte sich, dass Jerry Costello in Begleitung gekommen war. Sie wies auf einen Tisch. „Die beiden saßen dort drüben.“

      „Wer leistete ihm Gesellschaft? Ein Mädchen?“

      Magalie nickte. „Sie heißt Barbara. Eine Deutsche. Strohblond. Strohdumm. Aber sie hat einen Körper, mit dem sie jeden Mann verrückt machen kann. Ihre Freunde nennen sie The Body.“

      „Woher wissen Sie, wie sie heißt?“

      „Sie tritt in einem Nachtklub namens BACCARA auf. Ich hab mir ihre Nummer einmal angesehen. Sie arbeitet mit einer Boa Constrictor. Hat damit großen Erfolg.“

      Roberto leerte sein Glas und stand auf.

      Magalie blickte zu ihm hoch. „Sie wollen schon gehen?“ Es klang bedauernd.

      „Sie haben mir einen großen Dienst erwiesen“, sagte Roberto. Er warf ein paar Scheine auf den Tisch. „Hier. Kaufen Sie ein paar Drums für Ihren Musikladen. Ich werde da sein, wenn Sie ihn eröffnen. Viel Erfolg bis dahin.“

      Er verließ IL MONDO NUDO.

      Sein neues Ziel hieß BACCARA. Diesen Nachtclub hatte ihm Cesare Sordi an dritter Stelle genannt.

      4

      Die Boa Constrictor lag träge in einem Gitterkäfig. Barbara saß vor dem Schminkspiegel in ihrer Garderobe und machte sich für ihren nächsten Auftritt zurecht.

      Sie versuchte Roberto Tardelli zu ignorieren. Er hatte ihr gesagt, weshalb er zu ihr gekommen war, und nun hüllte sich die Künstlerin in eisiges Schweigen.

      Sie trug ein hauchdünnes türkisfarbenes Fähnchen auf dem sündhaft schönen Körper. Magalie hatte nicht zu viel gesagt. Wenn Barbara wollte, konnte sie jeden Mann herumkriegen. Ihr Anblick musste jedem Eunuchen die Tränen in die Augen treiben.

      Das Fähnchen bedeckte ihre vollen Schenkel nur sehr dürftig. Roberto zwang sich, dort nicht hinzusehen, um nicht abgelenkt zu werden. Er schaute dem Mädchen aus Germany bei der Arbeit zu.

      Sie pinselte Rouge auf ihre Wangen, trug einen knallroten Lack auf ihre sinnlichen Lippen auf, steckte sich einen violetten Federbusch in die blonde Haarfülle.

      Ihr Blick streifte Roberto ärgerlich. Es schien ihm, als dächte sie: Der ist ja immer noch da. Daraufhin setzte er ein entwaffnendes Lächeln auf. Ihre Augen wichen den seinen sofort aus.

      „Ich kenne keinen Jerry Costello.“ Ihre Stimme war kalt und unpersönlich. Sie zog alle Register, um Roberto aus der Garderobe zu ekeln. „Möchten Sie jetzt nicht endlich gehen? Wie lange wollen Sie mir noch auf die Nerven fallen? Merken Sie denn nicht, dass Sie stören?“

      „Sie sind mit Costello zusammen gesehen worden“, sagte Roberto Tardelli hartnäckig.

      Barbara lachte spöttisch. „Wer hat Ihnen denn diesen Blödsinn erzählt?“

      Roberto hatte ihr Costello beschrieben, so gut er konnte. Sie wusste, von wem er sprach, aber es fiel ihr nicht ein, den Ganoven zu verpfeifen. Dafür konnte sie vielerlei Gründe haben. Angst vielleicht. Mädchen wie sie mussten früh lernen, was es für Folgen haben kann, wenn man einen Verbrecher verrät.

      Möglicherweise war sie mit Costello liiert. Dann hielt sie aus Liebe den Mund.

      Oder einfach deshalb, weil sie von Jerry Costello für ihre Verschwiegenheit bezahlt wurde. Alles das war möglich.

      Roberto überlegte: Sie würde Costello vermutlich wiedersehen. In diesem Fall brauchte er sich nur – ohne dass sie es wusste – in ihrer Nähe aufzuhalten, um auf Armlänge an den Gangster heranzukommen.

      Er erhob sich. „Würden Sie mir einen Gefallen tun, Barbara?“

      Das Mädchen starrte ihn mit frostiger Miene an.

      „Bestellen Sie Jerry schöne Grüße von mir“, sagte Roberto lächelnd.

      Daraufhin explodierte das blonde Girl. „Hinaus!“, schrie sie mit ausgestreckter Hand. „Dort ist die Tür!“

      Roberto grinste. „Ich hab‘s noch nicht vergessen.“ Er wandte sich grußlos um und verließ die Garderobe. Barbara hätte ihm vermutlich gern etwas nachgeworfen. Er rechnete damit. Doch nichts geschah.

      Roberto schloss die Tür hinter sich und verließ das BACCARA durch den Hinterausgang. Er schlenderte die dunkle Straße entlang und erreichte seinen Porsche. Er schob den Schlüssel ins Türschloss, drehte ihn um.

      Als er den Wagenschlag öffnen wollte, passierte es.

      Aus der schwarzen Haustornische hinter ihm schoben sich zwei Gestalten. Roberto zuckte herum und blickte in die Mündungen von zwei klobigen Schalldämpfern.

      5

      Die Hand, die zum Schulterholster unterwegs war, blieb unvermittelt in der Luft hängen. Es wäre verrückt gewesen, in dieser Situation die Luger zu ziehen. Die Kerle hätten ihn augenblicklich mit Blei vollgepumpt. Wer hat das schon gern?

      Sie kamen näher. Der Mond beleuchtete ihre Gesichter dürftig. Wenn es eine Wahl des hässlichsten Mannes der Welt gegeben hätte, hätten sich diese beiden den ersten Preis teilen müssen.

      Der eine hatte abgefaulte Zähne, Triefaugen und Blumenkohlohren. Der andere war mit einer langen Nase, einem fliehenden Kinn und eingefallenen Wangen gestraft. Seine Stirn wölbte sich wie ein Boxhandschuh. Sie trugen zerknitterte Anzüge. Vermutlich gaben sie ihr ganzes Geld für Patronen aus.

      „Ganz ruhig, Junge!“, sagte der mit den Blumenkohlohren. „Mach jetzt ja keine Dummheiten, sonst bist du geliefert.“

      „Seid ihr ganz sicher, dass ihr den richtigen Mann vor euch habt?“

      „Aber ja doch.“

      „Was wollt ihr? Geld?“

      „Wir wollen dir ins Gewissen reden, Junge. Du bist zu neugierig. Du steckst deine verdammte Nase in Dinge, die dich nichts angehen.“

      „Das


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