The Long Hard Road Out Of Hell. Neil Strauss

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The Long Hard Road Out Of Hell - Neil  Strauss


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zu bringen.

      Bald waren die Holzvertäfelungen und die Dachbalken in meinem Keller­zimmer mit Bildern aus Hit Parader, Circus und Creem vollgehängt, so dass ich jeden Morgen, wenn ich aufwachte, als erstes in die Gesichter von Kiss, Judas Priest, Iron Maiden, David Bowie, Mötley Crüe, Rush und Black Sab­bath schaute. Ihre geheimen Botschaften hatten mich erreicht.

      Ein Großteil dieser Musik hat viel mit Fantasy zu tun, und das brachte mich wenig später mit dem Rollenspiel »Dungeons & Dragons« in Berührung. Wenn jede Ziga­rette einen Menschen sieben Sekunden seines Lebens kostet, dann ver­zögert jede Runde »Dungeons & Dragons« den Verlust der Jungfräulichkeit um sieben Stunden. Ich war dermaßen ein Verlierer, dass ich mit meinen zwanzig­eckigen Würfeln in der Tasche auf dem Schulgelände herumlief und sogar meine eigenen Module entwarf. Ich nannte sie Maze Of Terror, Castle Tene­mouse und Caves Of Koshtra; in meinem späteren Leben wurde der letztge­nannte Name ein Slangausdruck für den Zustand, in dem man sich befindet, wenn man zu viel Koks genommen hat.

      Da ich »Dungeons & Dragons« spielte, auf Heavy Metal stand und mich weder an den Aktivitäten einschlägiger Jugendgruppen beteiligte, noch mich für politische Tätigkeiten wie das Verbrennen von Rockplatten engagierte, war es nicht weiter erstaunlich, dass mich keiner meiner Mitschüler ausstehen konnte. Genauso wenig passte ich zu den Kids von der Public School, die mich fast jeden Tag verprügelten, weil ich ein Waschlappen von der Privatschule war. Seitdem mich Lisa vollgeschleimt hatte, war ich auch nicht mehr oft zum Rollschuhlaufen gegangen. Der einzige Ort, an dem ich sonst neue Freunde hätte finden können, war eine Spiel- und Lerngruppe für Kinder von Eltern, die während des Vietnamkriegs mit Agent Orange in Berührung gekommen sind. Mein Vater Hugh war Hubschraubermechaniker und Mitglied der Ranch Hands gewesen, einer Geheimtruppe, die dafür verantwortlich war, dass über­all in Vietnam gefährliche Pflanzen­ver­nichtungsmittel abgeladen wurden. Vom Tag meiner Geburt bis zum Ende meiner Teenagerzeit brachte die Regierung meinen Vater und mich regelmäßig in ein Untersuchungszentrum, wo wir jähr­lich auf physische und psycho­logische Spätschäden durchgecheckt wurden. Ich glaube, dass bei mir bis heute nichts dergleichen aufgetreten ist, auch wenn meine Feinde vielleicht anderer Meinung sein mögen. Für meinen Vater jedoch hatte die Sache mit den chemischen Substanzen zumindest eine gravierende Kon­sequenz. Nachdem er seine Informationen über Agent Orange an die Öffent­lichkeit weitergegeben hatte, was unter anderem zu einer Titelgeschichte über ihn im Akron Beacon Journal führte, wurden seine Steuerzahlungen von ­seiten der Regierung und der Finanzbehörden ungewöhnlich hart überprüft.

      Da ich keinerlei Missbildungen vorzuweisen hatte, gab es mit den Kids in der Studiengruppe kaum Gemeinsamkeiten; das Gleiche traf auf den in regelmäßigen Abständen eingerichteten Hort für Kinder zu, deren Eltern gegen die Regierung klagten, weil sie mit chemischen Schadstoffen in Berührung gebracht worden waren. Alle anderen trugen Prothesen, wiesen körperliche Unregelmäßigkeiten auf oder litten unter degenerativen Er­krankungen. Zu der Tatsache, dass ich vergleichsweise normal war, kam erschwerend hinzu, dass mein Vater nun einmal derjenige war, der ihre Väter, größtenteils Soldaten der amerikanischen Infanterie, mit diesem Zeug be­sprüht hatte.

      Da ich ganz versessen darauf war, die Liste meiner Straftaten zu ­erweitern und meine ständig wachsende Geldgier zu befriedigen, weitete ich mein Tätig­keitsfeld vom Kleinhandel mit Süßigkeiten und Zeitschriften auf Musik aus. In meiner Gegend gab es nur noch zwei weitere Kids, die auf die Chris­tian He­ritage School gingen. Es handelte sich um zwei dünne, durch und durch ame­rikanische Mormonenbrüder mit den entsprechenden Rasier­mes­ser­schnitten. Jay, der ältere von den beiden, und ich hatten nichts gemeinsam. Er interessierte sich nur für die Bibel, ich mich nur für Rockmusik und Sex. Tim, der jüngere Bruder, war da schon rebellischer. Neil Ruble hatte mich ge­ra­de erst richtig auf Rockmusik angeturnt, da machte ich Tim auch schon mit Heavy Metal bekannt, und verbrachte die restliche Zeit damit, ihn ein­zu­schüch­tern. Da er zu Hause keine Musik hören durfte, verkaufte ich ihm ­einen billigen, schwarzen Kassettenrecorder mit großen, rechteckigen Druck­knöpfen und einem Haltegriff an der Seite. Als nächstes brauchte er nun ein wenig Musik, die er mit seinem neuen Gerät unter die Bettdecke nehmen konnte. Deshalb fuhr ich mit dem Fahrrad zu einem Laden namens »Quonset Hut«. Der Zutritt war für Minderjährige verboten, da sich in dem Platten­geschäft auch ein Headshop befand. Mein Aussehen entsprach genau meinem Alter, ich war fünfzehn, aber niemand hielt mich auf. Das hat mir keinen wei­te­ren Schaden zugefügt, denn die dort herumstehenden Pfeifen, Joint-Pinzetten und Bongs waren für mich ein komplettes Mysterium.

      Als Tim anfing, mir die Tapes zu den überhöhten Preisen abzukaufen, die ich angeblich dafür gezahlt hatte, wurde mir klar, dass es auf der Schule min­destens hundert weitere potenzielle Kunden gab. Ich begann, alle Platten zu erwerben, die während der Seminare über verschlüsselte Botschaften zum Ein­satz gekommen waren, und verkaufte sie an alle möglichen Schulkids, von Dritt­klässlern bis hin zu den Jungs aus den oberen Jahrgängen. Ein Album von W.A.S.P., das ich für sieben Mäuse bei »Quonset Hut« erstanden hatte, war an der Christian Heritage School zwanzig Dollar wert.

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      Anstatt den Profit für meine eigenen Tapes zu verschwenden, fasste ich bald den Entschluss, die Musik, die ich gerade erst verkauft hatte, wieder zurück­ zu stehlen. Da es an der Schule einen Ehrenkodex gab, blieben die Schließ­fächer stets unverschlossen. Und weil es niemandem erlaubt war, Rock­musik zu hören, hätte sich jeder, der mich verpfiffen hätte, auch selber mit­belastet. So verschaffte ich mir während der Unterrichtszeit den Zugang zur Garderobe und stahl die Kassetten aus den Umkleideschränken.

      Es war ein perfektes System, aber trotzdem ging die Sache nicht lange gut. Tim hatte beschlossen, dass es ihm, auch auf die Gefahr hin, selber be­straft zu werden, die Sache wert war, mich anzuzeigen. Wieder einmal saß ich im Büro der Schulleitung und sah mich mit Miss Cole und einer Schar von Verwaltungsangestellten und Zuchtmeistern konfrontiert. Aber dieses Mal musste ich ihnen nichts von der Musik erklären – sie glaubten zu wissen, um was es ging. Man hatte mich dabei erwischt, wie ich Tapes mit Rockmusik erworben, sie meinen Schulkameraden verkauft und sie ihnen wieder weg­genommen hatte; sie wussten, dass ich immer noch meine Magazine heraus­gab und meinen Handel mit Schweinkram auf Kassetten ausgedehnt hatte (sie enthielten jede Menge Ulk-Anrufe und dreckige Lieder über Selbstbefrie­digung und anderes hohles Zeug, die ich mit meinem Cousin Chad unter dem Namen Big Bert And The Uglies aufgenommen hatte). Während der letzten Monate war ich schon mehrfach im Büro der Schuldirektorin bestraft wor­den. Beim ersten Mal hatte ich versehentlich meine Musiklehrerin, Miss Bur­dick, mit einer Schleuder in den Schritt getroffen, die ich aus strapazier­fähigem Gummiband und einem Holzlineal gebastelt hatte; als Munition war ein Klumpen geschmolzener Kreidestifte zum Einsatz gekommen, den ich im Kunstunterricht gestohlen hatte. Das zweite Mal war fällig, nachdem ich Miss Burdicks Hausaufgabe, ein Album mitzubringen, bei dem die ganze Klasse mitsingen konnte, auf meine Weise gelöst hatte und mit Highway To Hell von AC/DC zurückgekommen war. Aber das alles zusammengenommen war offen­bar immer noch kein ausreichender Grund, für einen Rausschmiss.

      Mein letzter, verzweifelter Streich bestand darin, dass ich noch einmal in den gefürchteten Keller meines Großvaters ging und den Dildo aus dem Ge­heim­fach in der Werkbank stahl. Diesmal trug ich Handschuhe, damit ich bloß nicht mit der verkrusteten Vaseline in Berührung kam. Am nächsten Tag schlichen Neil Ruble und ich uns nach der Schule in den Klassenraum von Miss Price und klemmten ihre Schreibtischschublade auf. Darin stießen wir auf ihre intimsten Geheimnisse, und sie waren an einer christlich geführten Schule min­destens genauso verpönt wie die Verkommenheiten meines Großvaters in der Welt der Vorstädte: Sie las halberotische Liebesromane. Wir fanden auch einen handlichen Kosmetiktaschenspiegel, was uns nicht weiter wunderte, denn Miss Price legte sehr viel Wert auf ihre Erscheinung. Zu jener Zeit versuchten Chad und ich auch die Aufmerksamkeit zweier Schwestern zu erregen, die in der Nähe meines Großvaters wohnten, indem wir die vorbeifahrenden Autos mit Steinen bewarfen, um einen Unfall zu provozieren und sie so nach draußen zu locken. Auf die gleiche kranke, verdrehte Weise war der Dildo, den wir in die Schublade von Miss Price gelegt hatten, die einzig mir zur Verfügung stehende Möglichkeit, mein verborgenes, frustriertes Verlangen nach ihr auszudrücken.


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