Bauphysik-Kalender 2021. Группа авторов

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Stroh gefüllt waren. Die Fenster waren mit Ölpergament verhangene Luken. Die Dächer bestanden aus Stroh und waren zueinander geneigt. Räume wurden mit Tierhaardecken getrennt. Stiegen aus Holz erschlossen die Obergeschosse. Dazu kam der permanente Umgang mit offenem Feuer im Haus und außerhalb. Das Handwerk barg zudem unberechenbare Zündquellen. Ein Hausbrand war so nicht beherrschbar. Fachten starke Winde das Feuer an, war der Stadtbrand unausweichlich.

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      Bild 6. Reaktionen im Mittelalter auf Brandkatastrophen (aus [1])

      In allen Reaktionen zeigt sich der unbändige Wunsch nach Sicherheit vor der Brandgefahr!

      Durch das ausgeprägte Fehdewesen war das Alte Reich zersplittert und territorialen Interessen ausgeliefert. Dies zeigt sich auch im normativen Brandschutz; er ist zerworfen und lokal verschieden. Es gab im Spätmittelalter keinen einheitlichen Brandschutzstandard, keine einheitliche Entwicklungstendenz. Das änderte sich erst nach dem 30jährigen Krieg, als Staatsordnung und Bildung einzogen, Gesetze reformiert und vor allem durchgesetzt wurden.

      Der Sachsenspiegel, der als in seiner Zeit repräsentativstes Vorschriftenwerk gilt, wurde im privaten Auftrag um 1235 als heimisches Gewohnheitsrecht zusammengetragen. Von Repgow schuf damit einen der frühesten und wichtigsten Rechtstexte im Enumerationsprinzip, in dem drei Grundsätze mit brandschutztechnischer Wirkung enthalten sind (Bild 7):

      § 49 (1): „[...] kein Fenster zum Hof eines anderen haben.“

      Der § 49 (1) verlangt die Abtrennung durch Fensterlosigkeit zum Nachbarn. So sollte der Übertritt eines Feuers ausgeschlossen werden.

      § 53 (1):„Backofen, Abort und Schweinestall sollen drei Fuß von dem Zaun entfernt sein.“

      Der § 53 (1) behandelt die spätmittelalterliche Abstandsfläche von 3 Fuß. Sie verhindert ebenfalls einen Brandüberschlag auf nachbarliche Gebäude.

      § 53 (2): „Jeder soll [...] auf seinen Backofen und auf seine Feuermauer achten, damit ihm nicht Schaden dadurch erwächst, dass die Funken in den Hof eines anderen fliegen.“

      Und schließlich kann der § 53 (2) mit der Forderung nach allgemeiner Achtsamkeit als Generalklausel der Gefahrenabwehr des Spätmittelalters gelten.

      Diese drei Grundsätze – Abtrennung, Abstand, Achtsamkeit – gelten unverändert auch noch heute!

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      Bild 7. Bilderhandschriften zum Brandschutz aus dem Heidelberger Sachsenspiegel aus dem 14. Jh. (aus [1])

      Vorbeugende Aufmerksamkeit erhielten die Feuerstätten. Die Ratsmitglieder setzten vor allem auf die Kontrolle der Feuerstätten durch Fewer-, Baw- oder Viertelsmeister. Eine umfassend befugte Feuerpolizei, wie sie dann ab Mitte des 19. Jh. in den Quellen zu finden ist, gab es aber im Spätmittelalter noch nicht.

      Aus den mittelalterlichen Stadtrechten heraus entwickelte sich aufgrund der städtischen Branderfahrungen ein Vorschriftenwerk, das sowohl mit baulichen (Feuerstätten, Verbot Strohdach, Kellerhälse, Förderung Steinbau, Vorschriften Kommunwände) als auch mit abwehrenden und organisatorischen Brandschutzmaßnahmen (Regeln zum Umgang mit Feuer, Organisation des Löschwesens und der Löschmittel) das bauliche Sicherheitsrecht bis weit ins 18. Jahrhundert prägte und damit den nächsten Zeitabschnitt der Brandschutzentwicklung einleitete.

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      3.1 Gesellschaft und Brandschutz

      Den Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit kennzeichnen maßgebende gesellschaftliche Veränderungen:

       – Das aufstrebende Bürgertum in den Städten und das Ende des Lehnwesens sorgten für eine florierende Geldwirtschaft.

       – Die Erfindung des Buchdruckes führte ab 1450 zu einer schnellen Verbreitung der Schriftlichkeit, insbesondere von Rechtsschriften, Edicten, Gesetzen, Verordnungen.

       – Amerika wurde 1492 entdeckt.

       – Der Fernhandel blühte und brachte den Handelsstädten Reichtum, Kultur und Wissen.

      Die Städte entwickelten sich rasant, vor allem nach dem 30jährigen Krieg. Mit Luthers neuer Christlichkeit wich auch der „Glaube“ in Brandschutzdingen zunehmend weltlicher Logik. Das selbstbewusste Bürgertum verlangte im Zeitalter der Vernunft nach einer vernünftigen Lebensgestaltung unter würdigen Lebensbedingungen, die sich zunehmend von der religiösen Verbundenheit und vom Gottesgnadentum lösten, was einen rationalen Umgang mit dem Brandrisiko förderte. So entwickelten sich aus den mittelalterlichen Feuerordnungen, die Verhaltensregeln zur Brandverhütung und Vorgaben für die Brandbekämpfung umfassten, im zweiten Zeitabschnitt Bauordnungen mit vorbeugenden baulichen Maßnahmen, von denen eine schützende Wirkung im Brandfall zu erwarten war. Sie lassen auf eine kluge und vorausschauende Gefahrenabwehr und weitsichtige Schadensminimierung schließen.

      Bild 9. Stadtbrand Alten Dreßden, 1685 (aus [1])

      Allerdings blieb das Brandrisiko nach wie vor sehr groß und die Zahl der Flächenbrände (Bilder 9 und 10) stieg bis zur Mitte des 19. Jh. weiter an [2], da Vorräte, Vieh und das Handwerk auf engem Raum innerhalb der Stadtmauern untergebracht waren. Diese zunehmende Bevölkerungs- und Lebensdichte erforderte eine starke polizeiliche Autorität – die gude Policey. Sie diente dem Gemeinnutz, der notturft, der Wohlfahrt der Bürger und damit auch der Brandsicherheit in den Städten. Sie war in diesem Sinne Hüter der Ordnung, Verteidiger der Sitte, der Märkte und der Preise und sie war auch Bewahrer vor der Feuersnot.

      Die gude Policey des 16. und 17. Jh. steht für die Einheit aus innerer und äußerer Ordnung, was eine Trennung von privatem und öffentlichem Recht ausschließt [3]. Die Trennung des privaten vom öffentlichen Recht wird erst ein Resultat der Justizreform des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts sein.


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