Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer. Johannes Chrysostomos

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Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer - Johannes Chrysostomos


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empfingen die Vergeltung für ihre Verirrung, wie sie sich gebührte, an sich selbst“. — Sieh, wie der Apostel wieder auf die Quelle des Übels zurückkommt, die Gottlosigkeit nämlich, die in den Glaubenslehren der Heiden lag! Er nennt (die geschlechtlichen Verirrungen) geradezu die „Vergeltung“ für jene Sünde. Hätte er von den Höllenstrafen gesprochen, so hätte er bei den Gottlosen und denen, die an einer solchen Lebensführung Gefallen fanden, kaum Glauben gefunden, ja, er wäre wohl gar verlacht worden. Darum zeigt er, wie in einem solchen Genusse selbst die Strafe liege. Wenn sie selbst es nicht merken, sondern sich noch wohl fühlen dabei, mag dich das nicht wundern. Tun ja auch Wahnsinnige und Gehirnkranke manchmal sich selbst wehe und treiben Dinge zum Erbarmen; andere beklagen sie darob, sie selbst aber lachen dazu und haben ihre helle Freude an ihren tollen Stücklein. Wir sagen deswegen nicht, daß sie um so unglücklicher daran sind, je weniger sie von ihrem Zustand wissen. Denn nicht auf das Urteil der Kranken kommt es an, sondern auf das der Gesunden. Bei den Heiden allerdings schien dieser Brauch [die Päderastie] uralt, ja Gesetz zu sein. Hatte doch einer ihrer Gesetzgeber 68 den Sklaven verboten, sich trocken zu salben und Knabenliebe zu treiben, und dieses Vorrecht, oder vielmehr diese Schändlichkeit, nur den Freien eingeräumt. So hielt denn das hochweise Volk der Athener und sein großer Solon diesen Brauch nicht für eine Schändlichkeit, sondern für vornehm, zu gut für den Stand der Sklaven und nur für Freie passend. Auch viele andere Bücher von Weltweisen kann man finden, die angesteckt sind von dieser Krankheit. Deswegen werden wir aber diesen Brauch doch nicht ordnungsgemäß nennen, sondern wir halten die, welche ein solches Gesetz annahmen, für erbarmungswürdige und höchst beweinenswerte Menschen. Denn sie lassen an sich dasselbe geschehen wie Huren, ja noch etwas viel Traurigeres. Denn der geschlechtliche Verkehr mit diesen ist zwar auch unerlaubt, aber doch naturgemäß; dieser andere dagegen ist gegen das Gesetz und gegen die Natur. Wenn es gar keine Hölle gäbe und keine Strafe dafür drohte, so läge schon in dieser Sünde selbst die schlimmste Strafe. Wenn du sagst, sie fühlen sich wohl dabei, so sprichst du eben damit eine Verschärfung der Strafe aus. Wenn ich jemanden nackt herumlaufen sehe, den Körper ganz mit Kot beschmiert, und ich sähe, daß er sich nicht im mindesten zu verbergen sucht, sondern sich noch etwas darauf einbildet, so würde ich nichts Gutes für ihn darin sehen, sondern ich würde ihn um so mehr bedauern, weil er seine Schande nicht einmal fühlt. Erlaubt mir noch ein anderes Beispiel, um das Frevelhafte daran noch besser aufzuzeigen. Eine Jungfrau würde dazu verurteilt, mit Tieren eingesperrt sich von ihnen begatten zu lassen, und sie würde mit der Zeit an diesem Geschlechtsverkehr Gefallen finden; wäre sie nicht um so bedauernswerter, weil sie eben deswegen, daß sie ihren schlimmen Zustand nicht fühlt, nicht von ihm befreit werden kann? Das ist doch jedem einleuchtend. Ist nun dieser Zustand recht schlimm, so ist es der in Rede stehende nicht weniger. Denn von den eigenen Leuten schimpflich behandelt zu werden, ist trauriger als von Fremden. Solche Knabenschänder, behaupte ich, sind schlimmer als Menschenmörder; denn es ist besser, zu sterben, als so geschändet zu leben. Der Mörder trennt die Seele vom Leibe; ein solcher aber stürzt die Seele mitsamt dem Leibe ins Verderben. Welche Sünde immer du mir nennen magst, du kannst mir keine nennen, die dieser Widernatürlichkeit gleich käme. Wenn diese Kranken ein Gefühl dafür hätten, was ihnen geschieht, sie würden tausendmal lieber sterben als so etwas erdulden.

       3.

      Nein, nein, es gibt nichts, was schlimmer wäre als dieser Frevel. Wenn der hl. Paulus von der Hurerei sagt: „Jede Sünde, die etwa ein Mensch begeht, ist außerhalb seines Leibes; der Hurer aber sündigt gegen seinen eigenen Leib“ 69, was sollen wir erst von diesem Wahnsinn sagen, der so viel schlimmer ist als die Hurerei, daß es sich gar nicht ausdrücken läßt? Zu einem solchen muß ich nicht bloß sagen: Du bist ein Weib geworden, sondern auch: Du hast dein Mannsein verloren; du bist nicht umgewandelt worden in eine Frau, du bist aber auch nicht geblieben, was du warst, sondern du bist ein Verräter an beiden Geschlechtern geworden und verdienst von Männern und Frauen davongejagt und mit Steinen beworfen zu werden, weil du beide Geschlechter geschändet hast. Damit du begreifst, welch große Schande darin liegt, so sag’ mir, würdest du nicht vor einem davonlaufen als vor einem Verderber, der etwa zu dir käme und dir kundtäte, er wolle dich aus einem Menschen zu einem Hunde machen? Aber sieh, nicht zu einem Hunde hast du dich aus einem Menschen selbst gemacht, sondern zu einem noch viel verächtlicheren Wesen. Ein Hund ist doch immerhin zu etwas gut, eine solche Manneshure aber zu nichts. Was würde man dazu sagen, wenn einer drohte, er werde machen, daß Männer Kinder gebären und entbinden? Würden wir darüber nicht in Zorn geraten? Und doch sieh, Männer, die in diese wahnsinnige Verirrung geraten sind, tun sich selbst noch etwas viel Ärgeres an. Es ist nicht dasselbe, der ganzen Natur nach in ein Weib verwandelt zu werden oder ein Weib zu werden und dabei doch ein Mann zu bleiben, eigentlich vielmehr weder dies noch jenes. Willst du dir noch durch eine andere Erwägung einen richtigen Begriff machen von der alles übersteigenden Größe dieser Sünde, so frag’ dich, warum wohl die Gesetzgeber solche bestrafen, welche andere entmannen. Du wirst sehen, aus keinem andern Grunde, als weil solche die Natur verstümmeln. Und doch tun sie noch kein so großes Unrecht; denn solche Verschnittene bleiben ja doch oft auch nach ihrer Verstümmelung noch brauchbare Menschen. Es gibt aber kein nichtsnutzigeres Geschöpf als einen solchen zur Hure gewordenen Mann. Denn nicht bloß die Seele, sondern auch der Leib eines Mannes, der sich so etwas hat antun lassen, ist entehrt, und er sollte überall ausgestoßen werden. Welche Höllenstrafen werden groß genug sein für solche Menschen? Solltest du aber lächeln, wenn du von Höllenstrafen hörst und an jenes Feuer nicht glauben, so denk an Sodoma! Ja, ja, da sehen wir ein Bild der Hölle schon im gegenwärtigen Leben. Weil nämlich viele an das, was nach der Auferstehung kommt, nicht glauben wollen, wenn sie jetzt von einem unauslöschlichen Feuer hören, darum hat sie Gott durch ein Beispiel aus dem Diesseits belehrt. Es ist dies der Brand und der Feuerregen von Sodoma. Davon wissen die zu erzählen, die dort gewesen sind und die Spuren jenes göttlichen Strafgerichtes und das Vernichtungswerk der vom Himmel hernieder gefahrenen Blitze gesehen haben 70. Bedenke wie groß die Sünde sein muß, die das höllische Feuer vor der Zeit in Erscheinung treten läßt! Weil viele sich um bloße Worte nicht kümmern, darum hat ihnen Gott durch Taten ein Bild der Hölle in einer ganz eigenen Art vor Augen geführt. Jener Regen war ein Widerspruch in sich selbst [Feuer und Regen], wie auch der Geschlechtsverkehr der Sodomiten ein Widerspruch gegen die Natur war. Jener Regen überschwemmte das Land wie die Gier ihre Seelen. Er hatte die gegenteilige Wirkung von einem gewöhnlichen Regen; er regte den Schoß der Erde nicht nur nicht an, Früchte hervorzubringen, sondern machte sie unbrauchbar zur Aufnahme von Samen. So war auch der Geschlechtsverkehr der Männer von Sodoma: er machte den Körper noch unbrauchbarer. Was gibt es nur Fluchwürdigeres als eine solche männliche Hure, was Niederträchtigeres? O, der Tollheit, o, der Torheit! Woher ist nur diese Leidenschaft hereingekommen, die die menschliche Natur verwüstet wie ein Feindesheer (das Land), ja noch um soviel ärger, als die Seele höher steht als der Leib! O ihr, die ihr unvernünftiger seid als die Tiere, schamloser als die Hunde! Denn bei denen kommt ein solcher Geschlechtsverkehr gar nie vor; die Natur kennt ihre eigenen Grenzen. Ihr aber würdigt unser Geschlecht bis unter die Tiere herab. — Woher kommen nun aber diese Übel? Von der Genußsucht, von der Nichtkenntnis Gottes. Denn hat man einmal die Furcht Gottes abgelehnt, dann ist es auch um alles andere Gute geschehen.

       4.

      Damit uns das nun nicht widerfahre, darum laßt uns die Furcht Gottes immer recht lebhaft vor Augen haben! Denn nichts, gar nichts ist dem Menschen so verderblich, als wenn er sich von diesem Anker losreißt, wie ihm andererseits auch nichts so zur Rettung dient, als wenn er beständig seinen Blick darauf gerichtet hält. Wenn wir schon angesichts von Menschen uns vor Sünden mehr hüten, wenn wir schon in Gegenwart besserer Sklaven uns scheuen, etwas Unstatthaftes zu tun, bedenke, welche Sicherung es uns geben muß, wenn wir Gott vor Augen haben! Nie wird uns der Teufel angehen, wenn wir uns so halten, weil ja sein Bemühen doch vergeblich wäre. Sieht er uns dagegen draußen herumschweifen und ohne Zügel einhergehen, dann wird er uns bald ganz von der Herde abschneiden, da wir ihm ja selbst die Handhabe dazu bieten. Wie leichtsinnigen Sklaven, die notwendige Besorgungen, derentwegen sie von ihren Herren hinausgeschickt worden sind, außer acht lassen und zwecklos und müßig mit Leuten herumlungern, die sie zufällig treffen, und so die Zeit vergeuden, so wird es auch uns ergehen, wenn wir von den Geboten Gottes


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