Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo


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Mental darin, seine Wahrnehmungen sowie alle Neigungen des Vitals zu leugnen, sie als Illusion zu betrachten und zu behandeln. In der Praxis tritt das Mental, sobald es sich von sich selbst zurückzieht, leicht in einen beziehungslosen Frieden ein, in dem nichts mehr zählt – denn in dieser Absolutheit gibt es keine mentalen oder vitalen Werte – und von dem aus es sich sehr rasch der großen Abkürzung zum Überbewussten nähern kann, zur „mentalfreien“ Trance, susupti. Im Verhältnis zur Vollständigkeit jener Bewegung wird alle Wahrnehmung, die es zuvor akzeptierte, unwirklich – Illusion, Maya. Es ist auf dem Weg des Eintauchens.

      Mayavada in seiner ausschließlichen Betonung von nirvana dient, abgesehen von seinen Unzulänglichkeiten als mentale Theorie der Dinge, einem großen spirituellen Ziel und kann als Pfad sehr hoch und weit führen. Und wenn das Mental das letzte Wort wäre und es nichts mehr über ihm gäbe als den reinen Spirit, hätte ich nichts dagegen, es [Mayavada] als den einzigen Ausweg anzuerkennen. Denn was das Mental mit seinen Vorstellungen und das Vital mit seinen Begierden aus dem Leben dieser Welt gemacht haben, ist ein tieftrauriges Durcheinander, und wenn man auf nichts Besseres hoffen könnte, dann wäre der kürzeste Weg hinaus das Beste. Doch meine Erfahrung ist, dass es etwas jenseits des Mentals gibt; das Mental ist nicht das letzte Wort des Spirits. Das Mental ist ein Unwissenheits-Bewusstsein, und seine Vorstellungen können nur falsch, vermischt oder unvollkommen sein – und, selbst wenn sie wahr sind, nur eine teilweise Spiegelung der Wahrheit und nicht die eigentliche Substanz der Wahrheit selbst. Es gibt aber ein Wahrheits-Bewusstsein, das nicht nur statisch und nach innen gerichtet, sondern auch dynamisch und schöpferisch ist; ich ziehe es vor, zu diesem zu gelangen und zu erfahren, was es über die Dinge weiß und mit ihnen tut, statt die Abkürzung zu wählen, die von den Dingen wegführt und von der Unwissenheit als Ziel angeboten wird.

      Was also willst du mit all diesen Leuten tun? Wenn du nirvana erreichen willst, musst du sie entweder hinauswerfen oder unterdrücken oder in einen Dämmerzustand versetzen. All jene, die es wissen müssen, versichern uns, dass das ausschließliche nirvana äußerst schwer zu erreichen ist – duhkham dehavadbhih, sagt die Gita –, und dein eigener Versuch, sie [die Persönlichkeiten] zu unterdrücken, war nicht gerade ermutigend; deinem eigenen Bericht zufolge ließ es dich so trocken und dürr werden wie eine ausgepresste Orange, in der kein Saft zurückblieb. Wenn die Wüste dein Weg zum verheißenen Land ist, dann ist es in Ordnung. Doch ist dies nicht der Fall, nun, dann gibt es einen anderen Weg, und der besteht, wie wir es nennen, in der Integration, der Harmonisierung des Wesens. Diese aber kann nicht von außen erfolgen, sie kann nicht vom mentalen oder vitalen Wesen durchgeführt werden – denn man darf mit Sicherheit annehmen, dass es die Sache verpfuschen würde. Es kann allein von innen geschehen, durch die Seele, durch den Spirit, welcher der zentralisierende Faktor und selbst das Zentrum dieser Radien ist. Jede einzelne dieser Persönlichkeiten enthält eine Wahrheit, die mit der Wahrheit der anderen übereinstimmen kann. Denn in nirvana ist Wahrheit – und nirvana ist nichts anderes als der Friede und die Freiheit des Spirits, der in sich selbst zu bestehen vermag, ob es eine Welt gibt oder nicht, eine Weltordnung oder eine Weltunordnung. Bhakti und des Herzens Ruf nach dem Göttlichen enthalten eine Wahrheit – es ist die Wahrheit der göttlichen Liebe und des Anandas. Der Wille nach tapasya birgt eine Wahrheit – es ist die Wahrheit der Herrschaft des Spirits über seine Glieder. Der Musiker und der Dichter stehen für eine Wahrheit, der Wahrheit des Spirits, sich durch die Schönheit auszudrücken. Und es steht eine Wahrheit hinter dem geistig Bejahenden und sogar – wenn auch weit hinter ihm – eine Wahrheit hinter dem geistigen Zweifler, dem Russellianer, nämlich die Wahrheit, die falsche Form abzulehnen. Selbst hinter den beiden vitalen Persönlichkeiten steht eine Wahrheit, die Wahrheit der Besitzergreifung der inneren und äußeren Welten, nicht durch das Ego, sondern durch das Göttliche. Das ist die Harmonisierung, für die unser Yoga steht – doch kann sie nicht durch eine äußere Ordnung erreicht werden, sondern nur dadurch, dass man sich nach innen wendet und von der Seele, dem spirituellen Zentrum her sieht und will und handelt. Denn dort liegt die Wahrheit des Wesens und auch das Geheimnis der Harmonie.

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      Man kann sich des essentiellen statischen Selbstes bewusst sein, das ohne Beziehung zum Spiel des Kosmos ist. Man kann sich ebenfalls des universalen statischen Selbstes bewusst sein, das all-gegenwärtig in jedem Ding ist, ohne dabei fortschreitend für die Bewegung der dynamischen Weltnatur, visva-prakriti, offen zu sein. Die anfängliche Verwirklichung des Selbstes oder Brahman besteht häufig in einer Verwirklichung von etwas, das von aller Form verschieden ist, von Namen, Tätigkeit, Bewegung, das nur in sich selbst besteht und den Kosmos lediglich als eine Masse bewegter Umrisse sieht, ohne Substanz und bar der Wirklichkeit. So war meine eigene vollständige Verwirklichung von nirvana im Selbst. Das bedeutet keinen Wall zwischen dem Selbst und Brahman, sondern eine Trennung zwischen dem essentiellen Selbst-Bestehen und der manifestierten Welt.

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      Ich vermute, dass der Advaitin Gott lediglich als Spiegelung Brahmans in der Maya sieht, und so wie Brahman äußerlich als die Welt aufgefasst wird, die nur eine praktische, aber keine reale Wirklichkeit besitzt, so wird Brahman subjektiv als Gott gesehen, als Bhagavan, als Ishvara, doch wäre auch dies nur eine praktische und keine reale Wirklichkeit; diese kann einzig das beziehungslose Brahman sein, allein für sich in einer weltlosen Ewigkeit. Das wenigstens ist es, was ich gelesen habe – ich weiß nicht, ob es Shankara selbst gesagt hat. Man bekommt von den modernen Advaitins immer wieder gesagt, dass Shankara etwas anderes zum Ausdruck bringen wollte als das, was die Leute meinen, und man muss daher vorsichtig sein, ihm eine Meinung zu unterschieben.

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      Sie wollen beweisen, dass Shankara kein so wilder Illusionist war, wie er dargestellt wird – dass er der Welt eine gewisse zeitweilige Wirklichkeit zuschrieb, dass er die Shakti anerkannte, usw. Diese Zugeständnisse (vorausgesetzt, dass er sie überhaupt machte) stimmen mit der Logik seiner Philosophie jedoch nicht überein, welche besagt, dass allein Brahman besteht und alles übrige Unwissenheit und Illusion sei. Dieses Übrige besitzt nur eine zeitweilige und daher illusorische Wirklichkeit in der Maya. Er behauptete weiterhin, Brahman könne durch Werke nicht erreicht werden. Wenn dies nicht seine Philosophie war, möchte ich gern wissen, was seine Philosophie tatsächlich war. Auf jeden Fall wurde er so von den Leuten verstanden. Da sich nun die allgemeine Richtung


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