Sprachgewalt. Группа авторов

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WissenschaftlerInnen sowie JounalistInnen verstehen unter dem Begriff vorwiegend als legitime Nachrichtenartikel aufbereitete Desinformation. Betrachtet man die wortwörtliche Bedeutung von »Fake« – sprich »Schwindel« oder »Fälschung«3 – erscheint es naheliegend, Fake News als Falschinformationen, welche durch ein journalistisches Erscheinungsbild Glaubwürdigkeit »erschwindeln« sollen, zu begreifen. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die #pizzagate-Geschichte über die angeblichen Verwicklungen der damaligen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton in einen Kinderpornoring.4 Seitdem hat sich »Fake News« zu einer allgegenwärtigen öffentlichen Debatte entwickelt, in welcher BürgerInnen, PolitikerInnen, JournalistInnen und WissenschaftlerInnen ihre Besorgnis über den möglicherweise schädlichen Einfluss gefälschter Nachrichten auf politische Ereignisse zum Ausdruck bringen.

      Fast zeitgleich hat Donald Trump nach seiner Wahl zum Präsidenten erfolgreich den Fokus dieser Debatte umgelenkt, indem er etablierte Medien als »Fake News« bezeichnete. Dies war wirkungsvoll, da der Begriff bereits eine inhärente Bedeutung als eine potenziell gefährliche Entwicklung in modernen Demokratien innehatte. Inzwischen ist Fake News zu einem aufgeladenen Kampfbegriff geworden, den neben Trump zahlreiche PolitikerInnen in verschiedenen Ländern verwenden, um kritische Medien zu diskreditieren.

      Zur besseren Einordnung sollte Fake News daher als ein zweidimensionales Phänomen betrachtet werden: Einerseits umfasst der Begriff das 1. Fake News-Genre, das die bewusste Erstellung pseudojournalistischer Desinformation beschreibt, andererseits gibt es das 2. Fake News-Label, also die politische Instrumentalisierung des Begriffs zur Delegitimierung von Nachrichtenmedien.

       Abb. 1: Fake News als zweidimensionales Phänomen (basierend auf Egelhofer und Lecheler, 2019).

      Jedoch wurde der Begriff so inflationär verwendet, dass er inzwischen fast bedeutungsleer ist und für »alles Ungenaue« zu stehen scheint. Im Folgenden werden zunächst die beiden Dimensionen des Fake News-Genres und des Fake News-Labels näher erläutert, um im Anschluss genauer auf die Problematik des Begriffs und seiner Verwendung einzugehen. 5

      Das Fake News Genre

      Seit dem Aufkommen der »Fake News«-Debatte bemühen sich zahlreiche WissenschaftlerInnen darum, den Begriff theoretisch einzuordnen und einheitliche Merkmale zu etablieren, mit welchen das Konzept Fake News definiert werden kann. Die Mehrzahl der AutorInnen ist sich dabei einig, dass das Fake News-Genre anhand von drei Merkmalen definiert werden sollte: 1. ein geringes Level an Faktizität, 2. ein pseudojournalistisches Design und 3. die Absicht zu täuschen.6

      Ein geringes Level an Faktizität beschreibt die Tatsache, dass Fake News Informationen vermitteln, welche zu einem gewissen Grad falsch sind und somit zu Fehleinschätzungen führen können. Hierbei kann es Unterschiede darin geben, ob Fake News-Artikel ausschließlich erfundene Informationen oder nur teilweise falsche Inhalte beinhalten. Auch wahre Informationen, die in falschen Kontexten präsentiert werden, haben das Potenzial, LeserInnen in die Irre zu führen.

      Des Weiteren sind Fake News-Artikel von ihrem pseudojournalistischen Design gekennzeichnet. Damit ist gemeint, dass sie so aufbereitet sind, dass sie aussehen wie Produkte sorgfältiger journalistischer Arbeit. Genauer gesagt, weisen sie klassische strukturelle Merkmale journalistischer Artikel auf: einen Titel, einen Textkörper und ein Bild. Jedoch werden durch die Präsenz von unwahren Inhalten journalistische Normen verletzt.

      Ausgehend von der Annahme, dass niemand versehentlich falsche Informationen im Stil von Nachrichtenartikeln produziert, lässt sich als drittes Merkmal des Fake News-Genres die absichtliche Täuschung festhalten. Daher werden Fake News-Artikel als eine Form der Desinformation eingeordnet. Desinformation (engl. »Disinformation«) wird als falsche, unzutreffende oder irreführende Information definiert, die absichtlich erstellt wurde. Im Gegensatz dazu wird der Begriff der Fehlinformation (engl. »Misinformation«) verwendet, um falsche, unzutreffende oder irreführende Inhalte zu bezeichnen, welche unabsichtlich erstellt wurden (beziehungsweise bei welchen man keine Absicht nachweisen kann). Das bedeutet, dass Fake News-Artikel faktisch falsche Aussagen übermitteln – mit der Intention LeserInnen zu täuschen. Die Motive hierfür sind meistens finanzieller Gewinn oder politische Einflussnahme. Im Zusammenhang mit Fake News, welche zum Zweck der politischen Einflussnahme verbreitet werden, wird vor allem die nicht transparente Einmischung in Wahlen von ausländischen (insbesondere russischen) politischen Akteuren diskutiert.

      Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Fake News-Begriff vorwiegend verwendet werden sollte, um Nachrichten zu beschreiben, deren Inhalt zu einem gewissen Grad falsch ist und welche absichtlich verbreitet werden. Da es jedoch kompliziert ( ja, oftmals unmöglich) ist, Nachrichtenquellen eine Täuschungsabsicht nachzuweisen, verwenden WissenschaftlerInnen den Begriff überwiegend für Inhalte von sogenannten Fake News-Webseiten. Diese Webseiten werden ausschließlich zur Verbreitung von Fake News erstellt und tragen oftmals Namen, die entweder die Bezeichnung etablierter Nachrichtenagenturen imitieren (z. B. »The Political Insider« oder »The Denver Guardian«) oder sogar deren Namen verwenden und lediglich die URL verändern, wie beispielsweise die Fake News-Seite »abcnews.com.co« (die tatsächliche URL von ABC News lautet »abcnews.go.com«). Allerdings werden teilweise auch Inhalte von etablierten Medien als Fake News kategorisiert – beispielsweise propagandistische Nachrichten von Medien in Regierungsbesitz, bei welchen man der Regierung die Absicht der Täuschung der Bevölkerung zuschreibt.7

      Das Fake News Label

      Inzwischen ist der Begriff Fake News zu einem negativ aufgeladenen Schlagwort geworden, das an die Zunahme von Falschinformationen in einem digitalisierten und fragmentierten Informationsumfeld erinnert. Gleichzeitig hat die damit verbundene Negativität den Begriff jedoch zu einer mächtigen Waffe für eine Reihe politischer AkteurInnen gemacht, die ihn nun benutzen, um etablierte Nachrichtenmedien, welche kritisch über ihre Politik berichten, zu diskreditieren. Oftmals wird der Begriff im Zusammenhang mit vermeintlich politisch verzerrter und unfairer Berichterstattung verwendet (engl. »media bias«). Somit ist Fake News zu einem Teil politischer Instrumentalisierungsstrategien geworden mit dem Ziel, das öffentliche Vertrauen in institutionelle Nachrichtenmedien als zentrale Bestandteile demokratischer politischer Systeme zu untergraben. Als politisches Instrument stellt das Fake News-Label Nachrichtenmedien als Institutionen dar, die bewusst Desinformation, mit der Absicht der Täuschung, verbreiten.8

      Vorwürfe gegen vermeintlich ideologisch gefärbte Berichterstattung von PolitikerInnen sind kein neues Phänomen und gelten in der Kommunikationswissenschaft schon lange als Untersuchungsobjekt. So konnten Studien zeigen, dass Medienkritik von politischen Eliten dazu führen kann, dass die Bevölkerung Medienberichterstattung als politisch verzerrt9 und weniger vertrauenswürdig10 wahrnimmt. PolitikerInnen nutzen Medienkritik besonders dann als Strategie, wenn sie sich mit negativer Berichterstattung über ihre Person oder ihre Handlungen konfrontiert sehen.11 Allerdings ist das Ausmaß, in dem dies nach dem Aufkommen der Fake News-Terminologie geschieht, beispiellos und hat unter anderem die Vereinten Nationen dazu veranlasst, ihre Sorgen darüber zu erklären:

      »Wir sind beunruhigt über Fälle, in denen Behörden die Medien verunglimpfen, einschüchtern und bedrohen, u. a. durch die Behauptung, die Medien seien ›die Opposition‹ oder ›lügen‹ und hätten eine versteckte politische Agenda, was das Risiko von Drohungen und Gewalt gegen Journalisten erhöht, das öffentliche Vertrauen in den Journalismus als Wächter der Öffentlichkeit untergräbt und die Öffentlichkeit in die Irre führen kann, indem die Grenzen zwischen Desinformation und Medienprodukten, die unabhängig nachprüfbare Fakten enthalten, verwischen.« 12

      Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, dass Nachrichtenmedien mit dem Fake News-Vorwurf nicht nur der ideologisch voreingenommenen oder sachlich falschen Berichterstattung beschuldigt werden,


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