Sprachgewalt. Группа авторов

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und Legitimität bestritten. Selbstverständlich haben PolitikerInnen jegliches Recht, unzureichende mediale Berichterstattung zu kritisieren. In der Tat hat Medienkritik – in ihrem Idealzustand – eine wichtige demokratische Funktion, da sie dazu dient, die Qualität der Medien zu bewerten und zu kontrollieren, ob die Medien ihrer Rolle in demokratischen Gesellschaften gerecht werden.14 In diesem Sinne sollte Medienkritik stets eine Verbesserung des Journalismus anstreben. Um dies zu gewährleisten, sollten KritikerInnen einerseits explizite Argumente hervorbringen, die darlegen, inwiefern journalistische Berichterstattung oder Arbeitsweisen fehlerhaft sind beziehungsweise welche journalistischen Normen verletzt wurden. Andererseits sollte Medienkritik unhöfliche Sprache vermeiden,15 da der Hauptzweck von Unhöflichkeit darin besteht, andere davon abzuhalten, ihre Meinung offen zu äußern, und somit eine offene und produktive Debatte behindert wird.16 Das Fake News-Label wird jedoch in den meisten Fällen ohne Erklärungen, warum die beschuldigte Medienberichterstattung ungenau oder voreingenommen ist, verwendet. Darüber hinaus ist die Behauptung, mediale Berichterstattung sei nicht nur »falsch«, sondern »fake« (also »gefälscht« beziehungsweise »unecht«) unnötig unhöflich. Etwas als »gefälscht« zu bezeichnen negiert seine Funktion und impliziert, dass sein einziger Zweck darin besteht zu täuschen.17 Wie zuvor erläutert, plädieren viele WissenschaftlerInnen daher dafür, den Fake News-Begriff nur für Inhalte zu verwenden, bei welchen die Absicht zu täuschen nachgewiesen werden kann.

      In den meisten Fällen ist das Fake News-Label daher nicht als konstruktive Medienkritik anzusehen, sondern als ein Versuch, Medien als zentrale Institutionen in Demokratien zu delegitimieren.18 Solche Fake News-Vorwürfe sowie andere delegitimierende Arten der Medienkritik werden insbesondere von populistischen AkteurInnen hervorgebracht. Eines der Kernattribute des Populismus ist der Anti-Elitismus, der sich gegen politische und wirtschaftliche Eliten, aber auch gegen die Medien richten kann. Studien, die populistische Kommunikation analysierten, zeigten, dass antimedialer Diskurs regelmäßig von PopulistInnen verwendet und daher zum Standardrepertoire populistischer Kommunikationsstrategien gezählt wird.19 Medien als »Fake News« zu bezeichnen, kann also als ein charakteristisches Element der populistischen politischen Rhetorik angesehen werden, welche die Nachrichtenmedien als »pro-elitär« darstellt und die Rolle des Journalismus als vierte Gewalt untergräbt.

      Das wohl prominenteste Beispiel für die Verwendung des Fake News-Labels ist US-Präsident Donald Trump, jedoch haben inzwischen PolitikerInnen weltweit diese Terminologie übernommen, um kritische Medien zu diskreditieren. Beispiele hierfür sind der venezolanische Präsident Nicolás Maduro, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und der ehemalige österreichische Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache.20

      Die Problematik des Fake News-Begriffs

      Der Begriff Fake News wurde von WissenschaftlerInnen unter anderem als »problematisch«,21 »unzureichend und irreführend«22 und »nicht hilfreich«23 kritisiert. Die Kritik an dem Begriff selbst und seiner inflationären Verwendung in öffentlichen Diskursen ist damit zu begründen, dass Fake News eine einheitliche Definition fehlt. 24 Fake News ist schwer zu definieren, da das Konzept »fake« von einer entsprechenden Auffassung von »real« oder »echt« abhängig ist. Dementsprechend erfordert das Konzept Fake News eine entsprechende Definition von »Real News«, realen Nachrichten. Eine solche Auffassung von legitimen und authentischen journalistischen Praktiken, die »echte« Nachrichten hervorbringen, gibt es jedoch nicht.25 Während andere Professionen weitgehend durch formale Merkmale gekennzeichnet sind, wie beispielsweise Lizenzierung, Bildungsanforderungen oder Mitgliedschaft in Berufsverbänden, fehlt es dem Journalismus an solchen kodifizierten, beruflichen Richtlinien.26 Stattdessen wird Journalismus durch eine Reihe kultureller Praktiken, informeller und oft impliziter Vereinbarungen über richtiges Verhalten und Normen definiert, die heute zunehmend vielfältig und umstritten sind.27 Pointiert ausgedrückt von Journalismus-Forscher Matt Carlson: »Wer Klempner sein will, braucht eine Lizenz. Wer Journalist sein will, braucht heutzutage eine Internetverbindung«.28 Resultierend aus der Problematik, legitime Nachrichten und Journalismus allgemeingültig zu definieren, variiert das Verständnis von Fake News. Daher wurde der Begriff auch als »fluid descriptor«29 (flüssiger Beschreiber) oder »floating signifier«30 (gleitender Bezeichner) bezeichnet – um zum Ausdruck zu bringen, dass die Bedeutung des Begriffs immer davon abhängt, wer ihn verwendet. Studien verdeutlichen die Variation im bürgerlichen Verständnis von Fake News. So zeigte eine wissenschaftliche Umfrage mit US-BürgerInnen im Jahr 2018, dass Republikaner und Demokraten völlig unterschiedliche Ansichten darüber haben, was als Fake News zu bezeichnen ist. Während Erstere hauptsächlich Mainstream-Medien (wie CNN) als Fake News bezeichnen, verbinden Demokraten eher rechte Sender (z. B. Fox News) sowie Aussagen von Donald Trump mit dem Begriff.31 In ähnlicher Weise wurde in einer anderen Studie analysiert, auf welche Weise US-BürgerInnen Fake News auf Twitter verwenden. Die Ergebnisse zeigen, dass Republikaner und Demokraten den Begriff einsetzen um Informationen von oppositionellen PolitikerInnen und Medien als falsch zu diskreditieren. 32 In einer europäischen Studie wurden Fokusgruppen-Interviews durchgeführt, in welchen die TeilnehmerInnen ebenfalls Fake News für sich definieren sollten. Hier variierten die Definitionen von »schlechtem« Journalismus, über Propaganda, Lügen von PolitikerInnen, Advertorials,33 bis hin zur pseudojournalistischen Desinformation (sprich dem Fake News-Genre). Die Autoren kommen daher zu dem Schluss, dass die Auffassung von Fake News in der Bevölkerung am ehesten mit »Nachrichten, denen man nicht glaubt« zu beschreiben sei.34 Auch JournalistInnen verwenden den Begriff in einer Vielzahl von Kontexten. So hat eine Inhaltsanalyse österreichischer Zeitungsartikel über Fake News gezeigt, dass JournalistInnen nicht nur im Zusammenhang mit Desinformation oder Medienkritik über Fake News berichten, sondern ihn vor allem als eine Art Modewort einsetzen, um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas falsch ist.35

      Der Begriff Fake News hat sich also zu einem Stilmittel entwickelt, um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas falsch, beziehungsweise fragwürdig ist. Auch WissenschaftlerInnen verwenden den Begriff nicht einheitlich. So wird er beispielsweise in Titeln von Studien verwendet, deren Inhalt in keinem Zusammenhang mit Desinformation, Medienkritik oder Kommunikation im Allgemeinen steht (zum Beispiel »Ist erfolgreiches Hirntraining Fake News?«). 36 Andere verwenden ihn synonym zu den Begriffen »Post-Truth« und »alternative Fakten«, um die aktuelle Zeitperiode zu beschreiben, in welcher Fakten zunehmend umstritten zu sein scheinen (z. B. »Die Fake News-Ära«37). Dementsprechend steht Fake News mittlerweile für eine größere Debatte über die Instabilität im gesellschaftlichen Verständnis von Fakten.

      Wenn ein neuer Begriff in den öffentlichen Diskurs eintritt, ist es nicht ungewöhnlich, dass sein Gebrauch und seine Bedeutung debattiert werden. Zum Beispiel galt (und gilt teilweise immer noch) auch der Begriff Populismus aufgrund eines fehlenden Konsenses darüber, was genau mit dem Terminus beschrieben wird lange als umstritten. Sowohl in der akademischen Forschung als auch in der journalistischen Berichterstattung wird der Begriff oftmals verwendet, um unterschiedliche AkteurInnen zu bezeichnen. Die exzessive Verwendung von unzureichend definierten Terminologien ist problematisch, da Inkonsistenzen zwischen akademischen und landessprachlichen Begriffsverständnissen den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft behindern können, was den gesellschaftlichen Nutzen und Beitrag der Sozialwissenschaften für die Bürger beeinträchtigt.38 So führt die unscharfe Verwendung des Fake News-Begriffs zur Beschreibung einer Fülle von Konzepten, die nur lose mit Falschheit und Ungenauigkeit verbunden sind, möglicherweise dazu, dass Fake News vom Publikum als ein unverhältnismäßig wichtiges Problem wahrgenommen wird.39 Beispielsweise zeigte eine Umfrage im Jahr 2019, dass US-BürgerInnen Fake News als eine größere Bedrohung für ihr Land wahrnehmen als beispielsweise Rassismus, Terrorismus oder den Klimawandel.40 Die Forschung zu der tatsächlichen Reichweite von Fake News – und insbesondere zu der Frage, inwiefern Fake News Konsequenzen für bisherige politische Wahlen hatten – steht allerdings noch am Anfang.

      Besorgniserregender ist jedoch die zuvor erwähnte Instrumentalisierung des Fake News-Labels. Da die Rhetorik politischer Eliten


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