Die Großmeister des Mordes: Alfred Bekker präsentiert 12 Strand Krimis. A. F. Morland

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Die Großmeister des Mordes: Alfred Bekker präsentiert 12 Strand Krimis - A. F. Morland


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in der rechten Faust. Durch den Geschosshagel gab es Dutzende von brandgefährlichen Querschlägern. Löcher wurden in die Waschmaschinen gestanzt.

      Eine der Sichtscheiben platzte auf, blubberndes Waschwasser ergoss sich auf den Boden.

      Der Geschosshagel verebbte.

      Die Tür klappte geräuschvoll zu.

      Eine feuerfeste Metalltür mit einem Warnhinweis, der besagte, dass der Zutritt zum Heizungskeller nur autorisierten Personen gestattet sei.

      Ich rappelte mich auf, rannte die Reihe der Waschmaschinen entlang, erreichte dann die Tür.

      Milo und Orry tauchten ebenfalls aus ihrer Deckung hervor.

      Das Schloss der Metalltür war bereits zerstört. Offenbar hatte der Killer mit einem gezielten Schuss dafür gesorgt, dass ihm ein Fluchtweg aus dem Wachsalon blieb, denn normalerweise war diese Tür sicherlich verschlossen.

      Ich meldete mich über Funk bei Clive.

      "Er ist im Heizungskeller. Gibt es von dort einen zweiten Ausgang?"

      "Nein. Er sitzt in der Falle, Jesse. Dem Plan nach gäbe es da allenfalls noch einen Entlüftungsschacht, aber der ist so schmal, dass höchstens ein Kind darüber entkommen könnte..."

      "Der Kerl ist gefährlich. Er hat uns in eine Falle gelockt, indem er vortäuschte, dass er seine Geisel erschossen hat!"

      "Sie lebt noch?"

      "Jedenfalls ist sie nicht im Waschsalon, das heißt, dass die Frau noch bei ihm sein muss... Was schlägst du vor, Clive?"

      "Ihn zermürben. Er kann dort nicht heraus..."

      "Verdammt, denk an die Geisel!"

      "Was meinst du wohl, was mir im Kopf rumschwirrt, Jesse?"

      "Na, schön..."

      Ich ließ die SIG sinken.

      Wir hielten uns seitlich der Metalltür. Sie mochte feuersicher sein, aber was ein großkalibriges Projektil damit anstellen konnte zeigte das zerstörte Schloss. Schließlich bestand sie nicht aus massiven Panzerplatten, die dafür gemacht waren, vor einem Kugelhagel zu schützen.

      "Könnt ihr mit dem Killer in Kontakt treten?", fragte Clive.

      "Schätze, der kann uns verstehen", meinte Milo.

      Er nickte mir zu.

      "Hier ist das FBI! Sie haben keine Chance zu entkommen! Geben Sie auf! Sie werden einen fairen Prozess bekommen..."

      Keine Antwort.

      "Sie haben eine Geisel und so lange können wir nichts gegen Sie unternehmen", fuhr ich fort. "Aber wie lange wollen Sie da drinnen aushalten? Einen Tag? Zwei Tage? Wir haben Zeit. Irgendwann werden Ihnen die Augen zufallen vor Müdigkeit! Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie lange ein Mensch ohne Schlaf auskommt? Wenn Sie sich jetzt ergeben und das Leben Ihrer Geisel schonen, wird man Ihnen das positiv anrechnen..."

      Ich wartete.

      Mit Sicherheit hatte er meine Worte verstanden. Ich musste ihm eine Perspektive geben, notfalls sogar etwas vorlügen. Es ging um das Leben der Geisel.

      "Ich habe Anwälte erlebt, die haben Leute vor dem elektrischen Stuhl bewahrt, gegen die Sie ein Chorknabe sind! Also seien Sie vernünftig! Ihre Karten bei der Justiz werden nur schlechter..."

      Ein Schrei folgte.

      Der Schmerzensschrei einer weiblichen Stimme, dann ein Aufstöhnen. Schließlich ein Geräusch, dass sich anhörte, als ob ein Körper auf dem Boden aufschlug.

      Die Geisel!

      Ich packte die SIG mit beiden Händen.

      Die Versuchung war groß.

      Ein Tritt gegen die unverschlossene, nur angelehnte Metalltür und...

      Aber ich wollte mich nicht zweimal auf dieselbe Weise hereinlegen lassen.

      Milo und ich wechselten einen kurzen Blick. Ich sah die Wut in seinen Augen. Er empfand dasselbe wie ich.

      "Geben Sie ein Lebenszeichen Ihrer Gefangenen!", rief ich.

      Ich hatte Mühe, mich zu beherrschen. Aber unser Gegner war ein eiskalt kalkulierender Killer. Um ihn zur Strecke zu bringen, mussten wir genauso kühl bleiben.

      Die Sekunden rannen dahin.

      Dann quoll plötzlich eine Flüssigkeit unter der Metalltür hervor.

      Im ersten Moment dachte ich daran, dass der Killer möglicherweise eines der Heizöl-Reservoire angezapft hatte und uns alle in die Luft jagen wollte.

      Aber für einen eiskalten Rechner wäre das untypisch gewesen. Einer wie der wollte selbst überleben, auch wenn es ihm völlig gleichgültig war, wie viele ansonsten dabei draufgehen mussten.

      Ich beugte mich nieder, nahm mit den Fingern ein paar Tropfen auf, roch daran, benetzte die Lippen damit.

      Orry sah mich erwartungsvoll an.

      "Wasser!", stellte ich fest.

      "Was hat der Kerl vor?"

      "Das werden wir gleich wissen!"

      Mein Instinkt sagte mir, das ich nicht länger warten durfte.

      Ich öffnete die angelehnte Tür. Sie flog nicht zur Seite. Stattdessen musste ich sie mühsam aufdrücken. Auf der anderen Seite stand das Wasser fast Knöchelhoch. Wie ein Strom ergoss es sich in den Waschsalon.

      Ich war darauf gefasst, dass ein Geschosshagel in meine Richtung prasselte und sprang seitwärts, presste mich dann gegen die Wand.

      Aber nicht ein einziger Schuss fiel.

      Ich schnellte in geduckter Haltung vor, die SIG im Beidhand-Anschlag.

      Das Licht, das aus dem Waschsaloon in den Heizungskeller fiel, war spärlich. Es verlor sich nach wenigen Metern, spiegelte sich im blanken Metall der mehrere Kubikmeter großen, zylinderförmigen Kessel, in denen das Wasser für die Zentralheizung vorgeheizt wurde.

      Lauwarm war die Brühe, die mir um die Knöchel floss.

      Ich suchte nach dem Lichtschalter, fand ihn auch.

      Dann ließ ich den Blick schweifen.

      Milo war mir gefolgt, sicherte mich ab.

      Dann folgte Orry, zusammen mit einigen anderen G-men.

      Im Wasser lag ein menschlicher Körper.

      Es war die letzte Geisel. Orry kümmerte sich um die Frau, beugte sich nieder und drehte sie herum. Sie hatte eine Platzwunde an der Stirn, die vermutlich von einem Schlag mit einem stumpfen Gegenstand herrührte.

      "Sie ist bewusstlos!", stellte Orry fest.

      Ich suchte fieberhaft nach dem Killer. Unsere Kollegen schwärmten aus.

      Jeden Winkel durchsuchten wir. Aber der Kerl war nicht zu finden. Er befand sich weder zwischen den Kesseln, noch hinter den Heizaggregaten.

      Der Killer schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein.

      Milo glaubte schließlich, etwas gefunden zu haben.

      Er deutete auf ein Gitter, das nur provisorisch vor eine Öffnung in der Wand gestellt war. Zweifellos war es herausgebrochen worden.

      "Der Lüftungsschacht", stellte Milo fest.

      Ich ging die Hocke, sah in die Öffnung hinein.

      "Das ist völlig unmöglich!", meinte ich. "Auf diesem Weg kann er nicht entkommen sein!"

      "Er ist aber nicht hier, Jesse!"

      "Aber an einen Killer, der die Fähigkeit hat, seine Knochen zu verbiegen, glaube ich nicht!"

      "Und an einen, der sich unsichtbar machen kann?"


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