Flucht durch Schwaben. Rafael Wagner
Читать онлайн книгу.»Die sind völlig nutzlos! Ich wollte den Wein für unsere fremdländischen Brüder etwas schmackhafter machen. Die habe ich bei deinen Sachen gefunden.« Heribald deutet auf den kleinen Beutel im Dreck. »Hat ihnen nicht geschmeckt. Mir war’s auch zu bitter.«
Der Infirmar beugt sich hinab zum Beutel, hebt ihn hoch und begutachtet seinen Inhalt: »Das sind auch keine Gewürze, sondern Heilkräuter!« Er dreht sich zu uns um und strahlt: »Hier drin sind auch Blüten der Johannisblume! Die werden euch helfen.« Wieder an Heribald gewandt, ergänzt er: »Nur gut, hast du nichts davon getrunken. Das wäre dir gar nicht gut bekommen. Du hast doch nichts davon in den Wein gemischt?«
»Bei allen Heiligen! Unseren Gästen habe ich davon gegeben. Was passiert jetzt mit ihnen? Ich muss schnell zurück und sie warnen!«
»Das sind nicht unsere Gäste, und keinesfalls gehst du auch nur einen Schritt zurück!«
Der Dekan drängt sich nach vorne, legt seinen Arm um Heribald und führt ihn fort, weg von der Menge. »Geht wieder an die Arbeit, Brüder!«
Der Infirmar eilt mit dem Kräuterbeutel davon. Wir können ihm kaum folgen. Aus einem Topf, worin gerade die Überreste eines der letzten mitgeführten Schweine ausgekocht werden, schöpft er mehrmals die obenauf schwimmende Fettschicht ab und sammelt den trüben, dickflüssigen Saft in einem kleinen Töpfchen. Zurück bei unserem Schlafplatz der letzten Nächte, der sich gerade als mobile Krankenstatt des Infirmars herausstellt, erhitzt dieser das Schweinefett auf kleinem Feuer, zerpflückt die Blüten aus Heribalds Beutel und gibt sie ins kochende Fett.
»Was wird das, wenn es fertig ist?«
»Eine schmerzlindernde Salbe«, kommt Anna dem Infirmar zuvor und zwinkert mir dabei stolz lächelnd zu.
»Sehr gut, junge Dame. Ihr kennt euch aus. Sobald das Gemisch ausgekühlt ist, können wir es durch diesen Leinenbeutel abtropfen lassen.« Der Infirmar hält einen kleinen Beutel hoch und versichert mir, dass die schmerzstillende Wirkung ein gemächliches Reisen zulassen wird. »Bis morgen früh sollte die Tinktur ausreichend eingedickt sein.«
Urplötzlich zerreißen angsterfüllte Stimmen und Rufe die Ruhe der sich senkenden Abenddämmerung: »Seht dort! Rauch!«
»Herr im Himmel, unser Kloster! Es steht in Flammen!« Entsetzt wenden sich alle Blicke in die Richtung, in der das Kloster des heiligen Gallus zu stehen scheint, und tatsächlich erheben sich gleich mehrere schwarze Rauchsäulen gen Himmel. Aufgrund der fortgeschrittenen Dämmerung wären diese nicht mehr ohne Weiteres zu entdecken gewesen, hätte nicht ein fernes Glimmen das aufziehende Übel angekündigt. Und das Übel war nah.
»Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hatte einen Bogen; und ihm ward gegeben eine Krone, und er zog aus sieghaft, und dass er siegte.« Ich drehe mich um und erblicke einen hochgewachsenen Mann. Mit entschlossenen Schritten marschiert er an uns vorbei zum unteren Abschnitt der Befestigung. Sein Blick ist fest auf eine Stelle am anderen Ufer der Sitteruna gerichtet. Seiner Tonsur und dem Mönchsgewand nach zu urteilen, gehört er wohl ebenfalls zu den Mönchen. Erst das große hölzerne Kreuz um seinen Hals lässt mich ihn als den Abt erkennen. An seiner linken Seite hängt ein beeindruckendes Langschwert mit edel verziertem Knauf, und am Hals ragt ein Kragen aus feinen Eisenringen unter der Mönchskutte hervor. Plötzlich bleibt der Abt stehen und zeigt nun in jene Richtung, die er gerade so konzentriert beobachtet hatte. Ich folge seinem Blick und sehe ein weißes Pferd, und der, der darauf sitzt, hat einen Bogen. Sie haben uns gefunden.
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