Was meine Mutter früher erzählte. Karin Ackermann-Stoletzky

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Was meine Mutter früher erzählte - Karin Ackermann-Stoletzky


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      In diesem Buch finden Sie viele Erinnerungsgeschichten für Menschen mit Demenz. Sie können sie einfach vorlesen, Sie können sie aber auch zusammen mit den Gesprächs- und Aktivierungshilfen nutzen.

      Eingefügt in die Texte und/​oder am Ende jeder Geschichte finden Sie Fragen, die helfen können, in ein Gespräch zu kommen. Außerdem gibt es hier oft auch Ideen zur Dekoration und zur Aktivierung der Sinne. Die Fragen sind immer nur als Auswahl zu verstehen. Je nachdem, wie aktiv Ihre ZuhörerInnen sich beteiligen (können), können Sie diese verwenden oder einfach überlesen.

      Bei längeren Geschichten sind in den Fragen verschiedene Themenschwerpunkte angesprochen. Suchen Sie sich den Bereich aus, über den Sie sprechen möchten; alle Themenbereiche zu nutzen ist nur bei noch sehr gut orientierten ZuhörerInnen sinnvoll.

      Außerdem habe ich bei längeren Erzählungen Zwischenüberschriften eingebaut. Bei ZuhörerInnen mit einer geringen Aufmerksamkeitsspanne können Sie die Abschnitte auch als eigene Geschichte lesen.

      Ich wünsche Ihnen und Ihren ZuhörerInnen viel Vergnügen und gute Begegnungen!

      Karin Ackermann-Stoletzky

       www.coachenlernen.de

      „Als ich ein Kind war“, hat meine Mutter oft erzählt, „da mussten wir jeden Tag bis in den nächsten Ort zur Schule laufen. Laufen! Und nicht nur solch einen kurzen Weg, wie das heute meistens der Fall ist. Nein, unser Schulweg war vier Kilometer lang!

      Am Morgen eines jeden Schultags trafen sich alle Kinder aus unserem Dorf gemeinsam am Brunnen. Und dann gingen wir los. Ich war froh, dass mein großer Bruder auch immer mitging, für den Fall, dass mich mal jemand von den anderen ärgern wollte. Aber das kam nur selten vor. Unser Dorf war klein, jeder kannte jeden, und wir verstanden uns gut.

      Im Frühjahr und im Sommer hat der Schulweg manchmal richtig Spaß gemacht! Unser Hund Purzel begleitete uns dann ein ganzes Stück. Das war ein Spitz, und ich hatte ihn sehr lieb. Purzel hat auch immer auf mich aufgepasst. Einmal hat er den Hans gebissen, weil der mich schlagen wollte. Hans war unser Nachbarsjunge. Den Hans, den stach manchmal der Hafer. Der war immer für jeden Unsinn zu haben. Aber ab und an war er auch ganz nützlich. Er hatte zum Beispiel einen eigenen Bollerwagen, und manchmal hat er ihn mitgenommen. Dann durften wir unsere Tornister drauflegen und haben ihn immer abwechselnd gezogen.

      

Biografische Fragen

      Sind Sie auf dem Land oder in der Stadt groß geworden?

      Wie lang war Ihr Schulweg?

      Sind Sie ihn auch zu Fuß gegangen?

      Sind Sie ihn allein gegangen oder auch in der Gemeinschaft mit Freunden?

       Der Schulweg im Winter

      Auf dem Weg zur Schule haben wir uns immer viel erzählt. Ich bin meistens mit Lenchen Kuhnert gelaufen, das war meine beste Freundin. Lenchen konnte reden wie ein Wasserfall! Den ganzen Weg war sie am Schnattern.

      Eigentlich hatten wir einen sehr schönen Schulweg. Es gab viel zu sehen, zu hören und zu riechen: Ganz unterschiedliche Bäume standen am Wegesrand, und die Wiesen mit den vielen Blumen – das war im Frühling ein richtiges Blütenmeer. Und im Herbst stand auf den reifen Feldern der Hafer und die Gerste. Das Getreide war damals noch viel höher als heute. Wie die Ähren sich im Wind wiegten! Wie die Erde nach dem Regen duftete! Daran erinnere ich mich bis heute.

      Im Frühjahr, Sommer und Herbst war der Weg ganz gut zu schaffen. Nur im Winter war es oft anstrengend. In Ostpreußen, wo ich aufgewachsen bin, da sind die Winter sehr hart. Meist war es klirrend kalt, und der Schnee lag so hoch, dass wir bis zu den Knien einsackten. Da war das Gehen natürlich doppelt anstrengend.

      Deswegen hatten wir bei Schnee immer unsere Schlitten dabei. Die Ranzen wurden draufgeschnallt, und wenn es mal bergab ging, konnten wir einfach rodeln. Oft zogen die älteren Geschwister die jüngeren sogar ein Stück. Nur wenn der Schnee so hoch lag, dass wir gar nicht mehr gehen konnten, spannte einer der Väter morgens einen Pferdeschlitten an und kutschierte uns. Wir saßen dann ganz dicht beieinander auf dem Schlitten, dick in Decken eingekuschelt. Die Pferde dampften richtig! Überall lag der Schnee, und der Schlitten glitt auf seinen Kufen ganz leicht dahin. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, in so einem Schlitten zu sitzen. Wenn wir so unterwegs waren, habe ich den Weg zur Schule richtig genossen.

      Gelegentlich hatte ich auf dem Schulweg auch etwas Angst. Denn in Ostpreußen gab es damals angeblich noch Wölfe. Wir haben aber niemals einen Wolf gesehen. Manchmal blieb Hans plötzlich stehen und lauschte. „Oha“, sagte er dann zu uns. „Ich hoffe ja, das ist kein Wolfsheulen gewesen, was ich da gerade gehört habe! Wenn einer kommt, dann müsst ihr sofort auf den nächsten Baum klettern!“ Aber wenn mein großer Bruder das mitbekam, dann schimpfte er mit Hans. „Du bist ein Tunichtgut!“, sagte er zu ihm, „mach den Kleinen keine Angst!“

      „So war das in der alten Zeit“, hat meine Mutter dann oft gesagt. „Lang ist es her, und doch erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen!“

      

Biografische Fragen

      Wo sind Sie aufgewachsen?

      Waren die Winter dort auch so kalt?

      Sind Sie als Kind oft Schlitten gefahren?

      Sind Sie schon einmal auf einem Pferdeschlitten gefahren?

      

Dekorationsideen

      Dies ist eine „Wintergeschichte“ und eignet sich deshalb auch besser für die kalte Jahreszeit: Dekorieren Sie winterlich, reichen Sie vielleicht heißen Kakao (ein Getränk, das viele mit „aufwärmen im Winter“ verbinden).

      Suchen Sie (z. B. im Internet, noch besser aber aus den Fotoalben der ZuhörerInnen) alte Fotos von Schulkindern, und legen Sie diese auf den Tisch.

      „In unserer Schule gab es nur zwei Klassen, eine Grundschulklasse und eine Hauptschulklasse“, hat meine Mutter oft erzählt. „Alle Kinder wurden in einem Raum unterrichtet. Wir waren ja auch nicht so viele. Rechts im Klassenzimmer saßen die Jungen, links saßen die Mädchen Die Jüngsten saßen immer ganz vorn, und jedes Jahr rückte man dann eine Reihe nach hinten. Nur Hans und Andrea saßen auch noch in der ersten Reihe, als sie schon zu den Älteren gehörten: Hans, weil er so viel Unsinn machte, und Andrea, weil sie so kurzsichtig war.

      

Biografische Fragen

      Gab es in Ihrer Schule auch noch mehrere Klassen in einem Klassenraum?

      Saßen Sie vorn oder hinten?

      Sind Sie gern in die Schule gegangen?

      Man könnte ja denken, dass man nicht so gut lernen kann, wenn man mit ganz unterschiedlichen Altersgruppen gemeinsam unterrichtet wird. Aber das war gar kein Problem. Während die einen unterrichtet wurden, bekamen die anderen meist eine Stillaufgabe. Ich saß immer neben Lenchen Kuhnert, das war meine beste Freundin. Wir waren richtige Schwatztanten, jedenfalls hat die Lehrerin das oft gesagt. „Lenchen und Anni, schwatzt nicht!“ hat sie dann gerufen. Und wenn wir nicht aufhörten, dann gab es Ärger. Unsere Lehrerin konnte vielleicht schimpfen! Und wenn wir es zu arg trieben, gab es auch schon mal was hinter die Ohren.

      Aber


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