Was meine Mutter früher erzählte. Karin Ackermann-Stoletzky

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Was meine Mutter früher erzählte - Karin Ackermann-Stoletzky


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Kärtchen mit Märchenbildern oder Tieren drauf. Wenn ich so ein Fleißkärtchen bekommen habe, war ich sehr stolz!

      

Biografische Fragen

      Sind Sie während Ihrer Schulzeit bestraft worden?

      Gab es bei Ihnen auch Belohnungen?

       Rechen- und Schreibunterricht

      In der Schule mochte ich den Rechenunterricht immer am liebsten. Besonders gut war ich im 1x1, das konnte ich ohne Probleme hersagen. Wenn die Lehrerin mich zum Beispiel fragte: „Wie viel ist 6 mal 8?“, konnte ich das ganz leicht beantworten: „48!“ Deshalb durfte ich auch oft mit den Kleinen das 1x1 üben. Dann stand ich vorn und sagte alle Zahlen auf, und die Kleinen sprachen sie mit mir. Und zwar so:

      1x2 = 2

      2x2 = 4

      3x2 = 6

      4x2 = 8

      …

       (evtl. gemeinsam mit den ZuhörerInnen sprechen)

      Und immer so weiter. Da war ich stolz wie Oskar und kam mir selbst schon vor wie eine Lehrerin!

      In der Zwischenzeit übte unsere Lehrerin, Fräulein Schneider hieß sie übrigens, dann irgendwas Schweres mit den ganz Großen, und die Mittleren mussten schreiben üben.

      Schreibhefte hatte damals niemand. Stattdessen besaß jeder von uns eine Schultafel und einen Griffel. Daran hing ein Putzlappen. Und jeder hatte einen Tornister, in dem er die Schulsachen transportierte. Die Tafeln waren zerbrechlich und nicht gerade billig. Nicht jede Familie hatte genug Geld für eine richtige Schiefertafel. Deshalb hatten manche von uns auch nur eine Papp- oder Holzscheibe, die mit Tafelfarbe bemalt war.

      Vorn im Klassenzimmer hing eine große Schiefertafel, und auf die schrieb Fräulein Schneider alle Aufgaben für die Klasse. Sie benutzte fast immer die weiße Kreide, weil die bunte Kreide zu wertvoll war. Aber wenn sie etwas zeichnete, zum Beispiel im Sachunterricht, dann nahm sie alle Farben, und das war dann etwas Besonderes für uns.

      

Biografische Fragen

      Haben Sie das Schreiben auch noch auf Tafeln gelernt?

      Hatten Sie mehr Freude am Schreiben oder am Rechnen?

      Was war Ihr liebstes Schulfach?

      Gab es ein Schulfach, das Sie gar nicht mochten?

      Hatten Sie eine Lieblingslehrerin oder einen Lieblingslehrer?

      

Dekorationsideen

      Meistens waren im Unterricht alle ruhig und konzentriert bei der Arbeit. Das lag auch daran, dass Fräulein Schneider ziemlich streng war: Wenn man nicht spurte, gab es sofort eine Strafe. Ich wurde nur sehr selten bestraft, aber Hans Meier bestimmt einmal in der Woche. Hans war ein richtiger Tunichtgut. Der konnte keine zehn Minuten still sitzen und hatte immer dumme Ideen. Häufig hat er mit der Gummizwille Papierkügelchen verschossen. Und einmal hat er sogar einen Frosch mit in die Klasse gebracht, der hat immer in seiner Tasche gequakt. Unsere Lehrerin hat das zuerst gar nicht bemerkt, und Hans hat immer wieder in seine Tasche hineingeflüstert: „Leise, Frosch! Sonst setzt es was!“ Aber der Frosch hat sich nicht drum gekümmert. Und plötzlich stand Fräulein Schneider hinter dem Hans und zog ihn am Ohr auf die Füße. „Hans Meier, was ist da schon wieder los?“

      „Nix“, hat Hans gestammelt. Aber Fräulein Schneider hat ihn nur streng angeschaut, und dann hat er den Frosch aus der Tasche geholt und auf die Hand gesetzt. Der Frosch war dick und dunkelgrün, und beim Quaken blähte sich sein Hals ganz weit auf. Plötzlich ist er mit einem großen Satz genau auf die Brust von Fräulein Schneider gesprungen. Da hat die aber geschimpft! „Los, fangt den ein!“, hat sie gerufen, und wir sind alle über Tische und Bänke auf Froschjagd gegangen. Ich hätte ihn sogar erwischen können, aber ich mochte ihn nicht anfassen. „Wenn du dich nicht traust, kriegst du nie einen Prinzen!“, hat Hans gerufen und gelacht. Dann hat er seinen Frosch selbst wieder eingefangen und aus dem Klassenzimmer befördert. Natürlich nicht, ohne ihn mir vorher noch mal unter die Nase zu halten und zu fragen: „Und, willst du ihn nicht mal küssen? Vielleicht wird es ja was!“ Fräulein Schneider hat fast gelacht, ich hab es genau gesehen, aber dann hat sie schnell ein strenges Gesicht gemacht und mahnend „Hans!“ gesagt. Zur Strafe musste er dann zu Hause 30 Mal auf seine Tafel schreiben: Ich darf den Unterricht nicht stören.

      „So war das in der alten Zeit“, hat meine Mutter dann oft gesagt. „Lang ist es her, und doch erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen!“

      

Biografische Fragen

      Können Sie sich auch an Streiche aus Ihrer Kindheit erinnern? Was haben Sie so angestellt?

      Haben Sie in der Schule auch schon mal eine Strafe bekommen? Wenn ja: Welche?

      Welche Charaktereigenschaften wurden Ihnen als Kind nachgesagt? Waren Sie schüchtern, wagemutig oder gar frech? Hatten Sie einen Spitznamen?

      Hatten Sie ein Kuscheltier oder eine Lieblingspuppe? Welchen Namen hatte es/​sie?

      Welche Spiele haben Sie mit anderen Kindern gespielt?

      

Dekorationsideen

      Legen Sie Schiefertafeln und Griffel, Schulhefte und Füller bereit. Beschreiben Sie diese mit kurzen Texten in Sütterlinschrift oder Normalschrift. Das Sütterlin-ABC finden Sie im Internet, z. B. hier: www.suetterlinschrift.de. Die Sütterlinstube „übersetzt“ Ihnen Texte aus der aktuellen Schriftsprache in die Sütterlinschrift: www.suetterlinstube-hamburg.de

      „Als ich ein Kind war“, hat meine Mutter oft erzählt, „da war das Jahr so unglaublich lang! Wie dehnte sich damals die Zeit von einem Geburtstag bis zum nächsten, wie krochen die Tage dahin von Weihnachten bis Ostern! Irgendwie scheint es mir immer so, als wäre die Zeit für Kinder eine andere als die, die wir Erwachsenen erleben.

      Ich fieberte jedes Jahr darauf, dass endlich der Frühling kommen möge. Der Winter in Ostpreußen war lang und hart, mit so viel Schnee, dass man darin versank. Aber wenn das Eis auf den Seen und Flüssen eine Wasserschicht bekam, wenn die Krähen sich wieder auf den Äckern sammelten und die Sonne immer mehr Löcher in die Schneedecke wärmte, dann wussten wir: Der Frühling kommt. Meist ging das ganz schnell. Nur wenige Tage dauerte es, bis die endlos lange Starre des Winters sich in eine strahlende Frühlingspracht verwandelt hatte.

      Wenn die Sonne dann immer mehr an Kraft gewann, wenn sich die ersten Schneeglöckchen durch die Schneedecke trauten, dann war das wie eine Erlösung für mich. Endlich! Ich sehnte jeden grünen Fleck herbei und sprang vor Freude über jeden Krokus mindestens zwei Meter hoch – so kam es mir jedenfalls vor. Dann kamen bald die Kiebitze und später die Stare und Störche. Im Wald roch alles nach Frühling, und wenn die Morgensonne durch das erste Grün der Bäume fiel, dann wusste man, dass die lange Zeit des Winters endlich vorüber war.

      Winter ade sangen wir dann in der Schule. Das ging so:

       Winter ade!

       Scheiden tut weh.

       Aber dein Scheiden macht,

       Dass mir das Herze lacht!

       Winter ade!

      


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