Der Akron Tarot. Akron Frey

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Der Akron Tarot - Akron Frey


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nur eine Repräsentantin für die körperlichen Vorgänge der Geburt und Mutterschaft - sie versinnbildlicht in erster Linie das dahinter liegende Eingebundensein in alles Irdische und zugleich das Verwobensein mit dem Kosmos, der sich in allem Leben der grobstofflichen Ebene widerspiegelt. So entspricht sie einem der wichtigsten Aspekte der Großen oder dreieinigen Göttin, doch im Laufe des Patriarchats wurden die natürlich zusammengehörenden Eigenschaften der Frau - Sexualität und Mutterschaft - getrennt. Die eine Seite wurde zum Bild der selbstlosen Mutter hoch gezüchtet, die andere Seite als liederliches Weib verdammt. Deshalb gehört die Lust nicht nur zur Hohepriesterin, sondern beinhaltet auch Aspekte der Roten Göttin. Beide Zusammen symbolisieren die Gebarende und Mutter, Künstlerin und Königin, Liebende und Libido-Lebende, die mittlere der dreifaltigen Göttin, die das ganze Spektrum des Daseins in seiner Pracht und seinem Wachstum auf der grobstofflichen Ebene entwirft und belebt.

      Die Herrscherin lebt also Macht und Verantwortung aus und beansprucht ihren Raum. Aus Sicht der Frau repräsentiert sie die Meister(innen)schaft über das materielle Leben so, wie ihre mysteriöse Schwester eine Meisterin der unsichtbaren Welt ist. Die ihr zugeordnete Farbe ist rot - rot für Sexualkraft, rot für Blut, unseren Lebenssaft. Sie ist die das Leben Feiernde, die es den Menschen ermöglicht, den Tanz des Lebens immer wieder neu tanzen zu dürfen. Auch ihre Töchter in Gestalt starker Frauen sind mächtig und wissen ihre Ziele und Prinzipien mit durchaus irdischen Mitteln zu vertreten: Sie besitzen jene starke weibliche Kraft, die sich nicht nur nach körperlicher Erfüllung sehnt, sondern die im Austausch mit der Umwelt gleichermaßen Würde bewahrt wie auch Macht anstrebt. Was andere für übermäßiges Wachstum halten, entspringt ihrer produktiven Fülle und zugleich der von ihr in Gemeinschaft mit ihrer anderen, dunkleren Schwester erwirkten natürlichen Ordnung, in der sich zu viel Fülle automatisch von selbst reguliert: Nimmt zum Beispiel eine Tierart überhand, dann wird sie bald nicht mehr genug Nahrung für sich finden und dezimiert sich von selbst. Die Herrscherin gebiert jedes Jahr aufs Neue den Sonnenkönig, der sich mit der Weißen Göttin vereinigt und später als Gehängter (XII ergibt in der Quersumme die Zahl der Herrscherin) wieder dem ewigen Kreislauf und der Schwarzen Göttin zugeführt wird. Für jedes geistige und körperliche Ungleichgewicht, in das wir uns begeben, weiß sie die Lösung und die passende Heilpflanze. Sie ist die Herrin der Liebe, die sie ihren Nachkommen und unserem inneren Kind schenkt. Und zugleich beherrscht sie als Mutter die Fähigkeit, das Kind nicht nur zu nähren, sondern auch die Kunst, es zum rechten Zeitpunkt aus der Bindung zu entlassen und freizugeben, womit wir einen weiteren Aspekt der Roten Göttin im Solve et coagula der Alchimie wieder finden. Auch ist sie daran gewöhnt, dass man ihr Respekt entgegenbringt. Tut man es nicht, wird sie nicht viel Energie auf diesen Menschen verschwenden, sondern ihn postwendend bei ihrer sadistischen Schwester vorbeischicken. So rächt sich dann das Leben selbst an ihm, indem es ihm seine Schönheit, Freude, Liebe und Lebendigkeit entzieht. Im schlimmsten Falle landet er gerade dann bei der Stiefelherrin, wenn sie einen besonders rachelustigen Tag hat. Die größte Meisterschaft der Herrscherin als Aspekt der Großen Mutter besteht vor allem in ihrer Fähigkeit, ihre mannigfaltigen inneren Gesichter und Persönlichkeiten so gut zu kennen und zu dirigieren, dass sie konstruktiv miteinander arbeiten. Ihr innerer Krieger gehorcht den Befehlen der inneren Königin und ihr inneres Kind wird genährt und zum Spielen geschickt, statt mit Aufgaben betraut zu werden, die es überfordern - wie das in unserer Welt des Ungleichgewichts so häufig der Fall ist. Doch auch auf der weiblichen Seite führt die pure Lust am Erschaffen immer neuer Formen oft auch zu einer Maßlosigkeit, die die Gleichgültigkeit der Schöpferin gegenüber dem einzelnen Individuum zeigt. Vorhandenes Leben wird, zumindest aus männlicher Sicht, von der Flut immer neuen Lebens erdrückt, wenn ein regulierender Gegenpol fehlt oder in seiner Wirkungsweise einfach verdrängt wird. Dieser nur allzu bekannte Thriller aus der Serie Stirb und Werde stellt sich für uns als das große Schauspiel der Natur dar, solange wir es gemütlich aus dem heimischen Fernsehsessel mitverfolgen können. Sobald wir uns jedoch in der freien Wildhahn befinden, werden wir uns sehr schnell über die Gefahren klar (wovor uns der Herrscher zu schützen sucht). Ein Löwe in Afrika, der einen Menschen anfällt, oder Medea, die ihre Kinder nicht loslassen kann und deshalb verschlingt, mögen das verdeutlichen. Die vernichtende dunkle Mutter, wie sie in vielen Mythologien in Erscheinung tritt, mag hier ihren Ursprung haben. Aus der Sicht der Verdrängung des Lebens in unserer zivilisierten Kultur müssen wir den dunklen Teil der Herrscherin als unheimliches und lebensgefährliches Chaos empfinden.

      Aus der Perspektive des Mannes ist der Schutz vor der Bedrohung durch die Mutter Natur ein zentrales Anliegen (was in der nächsten Karte zur Ausbildung eines sozialen Gefüges führt). Er glaubt zu wissen, dass das, was ihn ängstigt oder sich seiner Kontrolle entzieht, strukturiert und gebändigt werden muss, um ein funktionales System auf der gesellschaftlichen Ebene zu gewährleisten. Deshalb versucht er, die matriarchalische Überlieferung der Mutter als allmächtige, allwissende Person zu zähmen. Doch das kann im Fokus dieser Karte nicht gelingen (das zeigen die vier Evangelisten, die über ihrer Fingerspitze tanzen). Hier muss er lernen, sich in seinen Vorstellungen selbst zu spüren und aus ihnen heraus zu empfinden - nicht von außen in das Bild der von den Priestern geschaffenen keuschen Jungfrau hineinzusehen. Denn im Grunde hat das Bild der reinen Himmelsmutter auch sehr viel mit patriarchalischer Projektion zu tun: eine auf sich selbst bezogene Sichtweise, die an eine bestimmte Stelle im kollektiven Kontext positioniert worden ist, um das Bild des Menschen im Bild der Mutter zu feiern. Das Bild der Mutter in der Himmelskönigin zum Heiligtum zu erküren, ist für eine starke Frau nichts anderes als ein Akt falscher, übertriebener und von außen aufoktroyierter Würde zum Zweck der sozialen und moralischen Kontrolle. Nur ein nüchternes Empfinden ist kühl genug, die Mutterform als das zu sehen, was sie wirklich ist: keine Schöpferin, die nach ihrem Bild gebiert, sondern nur das Prägewerkzeug, durch das sich der Schöpfungswille in die Sichtbarkeit wälzt. Ein seelisch-körperliches Gebilde, dazu geschaffen, fruchtbar zu werden, damit sich das Leben in die Realität ergießen kann. Man könnte auch sagen: Die Herrscherin ist der Form gebende Stempel, der die Impulse der Hohepriesterin der Realität aufdrückt, ein gespiegeltes Bild der Seele in einer Realität, die selbst Spiegel ist. Diese Sichtweise ist aus der Position des Advocatus Diaboli zwar nichts anderes als die Selbstbespiegelung des Spiegels oder der Zirkelschluss der Selbstbetrachtung eigener Wertvorstellungen - aus der Perspektive der Göttin jedoch das, was uns diese Karte im Tarot gibt: die Rückerinnerung an die Kraft der Urmutter und damit die Möglichkeit, sie in unser tägliches Leben zu integrieren!

      Kontroverse

      Die weibliche Kraft der Roten Göttin

      Lieber Advokat und männlicher Gegenspieler, den Archetyp dieser Karte auf einen instinktiven, ständig ablaufenden Reproduktionsvorgang zu begrenzen und als Prägewerkzeug des Schöpferwillens zu deklarieren, stößt in dasselbe alte patriarchalische Horn wie die schon seit Jahrhunderten andauernde Strategie, Frauen - besonders in ihren mächtigsten Funktionen als Mütter und Königinnen - auf körperliche Gebärmaschinen zu reduzieren! Der dem Bild der Herrscherin unterstellte Eigendünkel findet sich da schnell in der für den männlich definierten Geist typischen Hybris wieder, mit der er sich die Erschaffung der Welt nur als einen Akt eines Schöpfergeistes und nicht der Göttin selbst vorstellen kann. So erhebt er sich über den Körper und betrachtet das irdische, mater—ielle Leben jenem Geiste untergeordnet, ohne dabei jedoch die zyklischen Bewegungen der lebendigen Energie wirklich durchdrungen zu haben. Dieser inneren Haltung, die dazu führt, dass der Mensch seinen Geist als unabhängig vom Körper sieht und ihn beherrschen will, liegt oft die Sichtweise zugrunde, dass das Leben an sich mühsam und quälend ist und dass es eigentlich Ziel eines jeden Menschen sein sollte, sich darüber in andere Sphären zum Göttlichen zu erheben - in das gelobte Jenseits, das in vielen Religionen durch einen geistigmännlich dominierten Himmel dargestellt wird. Aber ist diese innere Abspaltung, die der Geist dadurch von der Fülle und Lebendigkeit des Körperlichen vollzieht, nicht gerade das, was das Erdenleben so mühsam, quälend und krankheitsbeladen macht?

      Akronos als Advocatus Diaboli

      Es ändert sich nichts daran, ehrwürdige Repräsentantin weiblicher Kraft, ob der Geist das Körperliche abgespalten hat oder nicht, der Mensch quält sich so oder so, da er nicht in der Lage ist, seine Gefühle und


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