Der Akron Tarot. Akron Frey
Читать онлайн книгу.verpflichtet ihn zur väterlichen Strenge gegenüber dem Chaos seiner Kinder. So gesehen ist er der Kapitän, der als letzter sein Schiff verlässt, und der Hirte, der sein Leben lässt für seine Schafe. Daher meine Frage, Sie durchtriebener Schwätzer und hämischer Gegenspieler: Welcher Teufel spricht aus Ihrem Mund, wenn Sie die Loyalität des Allmächtigen so diskreditieren und seine Schöpferkraft mit den Füßen treten? Ist er nicht der ideale Vater, der Diener seines Volkes, indem er seine Überlegenheit unter die Bedürftigkeit der anderen stellt?
Akronos als Advocatus Diaboli
Sie bewegen sich mit Ihren Argumenten auf sehr dünnem Eis, geschätzter Herr Kollege, denn die Schöpferkraft des weltlichen Herrschers ist aus den Augen der Götter sehr umstritten. Fakt ist doch: Unsere komplexe Gesellschaft ist ohne die den Menschen eingeimpften künstlichen Bedürfnisse gar nicht mehr in der Lage, das Bruttosozialprodukt zu erwirtschaften, um sich selbst über Wasser zu halten, denn wir sind mit den Wirtschaftssystemen so hoffnungslos verschmolzen, dass wir untergehen würden, wenn wir sie nicht mehr bedienen würden (selbst Oma hängt über die Rente an ihrem Tropf!). Nur wenn ein arglistiger Dämon uns überreden würde, herauszufinden, auf welchen Grundlagen wir wirklich stehen, müsste das Ganze zusammenbrechen, denn wir stehen auf einem Haufen Scheiße, einem kollektiven Wahn oder einem wuchernden Krebsgeschwür, das sich nur dadurch im Gleichgewicht halten kann, dass es ständig wächst. Die erste, notwendige Lüge besagt, dass eine feste, bedrohliche Welt da draußen existiert, die uns feindlich umgibt; die uns überwältigt und besiegt, wenn wir uns nicht dagegen wehren. Die Brille des Herrschers, durch die wir wahrnehmen, verleitet uns zur Annahme, dass alles, was wir sehen, so ist, wie es ist. Das ist die Falle. Denn die Realität erscheint uns nur als real, weil wir vergessen haben, dass wir sie selbst geschaffen haben, indem wir die Brille nämlich genau an jene Stelle rückten, wo sie sitzen muss, damit uns das Gesehene in der uns beschriebenen Form real erscheinen kann. Wir verdrängen, dass sich uns alles nur als wirklich zeigt, weil die gesellschaftliche Übereinstimmung uns vorgibt, die aufgeprägte Doktrin als real wahrzunehmen. Die Realität des Menschen erscheint an einer bestimmten Stelle im Bewusstsein, weil es die Prägungen so vorgeben, denn der genaue Sitz dieser Bewusstseinsfilter ist durch kollektive Gewohnheiten vorgegeben. Zuerst lernen wir, in welcher Position wir sie vor unserem Gesichtsfeld aufzusetzen haben, und dann setzen wir sie genau an der Stelle auf, an der unsere Sichtweise mit den Beschreibungen der Welt in Übereinstimmung ist. Die Möglichkeit, dass alles, was wir sehen, nur dort draußen ist, weil wir uns irgendwann entschieden haben, es da, wo wir es sehen, auch sehen zu wollen, und dass außerhalb der Entscheidung, die Welt in den von uns konstruierten Zusammenhängen entdecken zu wollen, alles auch ganz anders sein könnte, kommt dem Herrscher nicht in den Sinn. Doch die Wahrheit ist: Wir nehmen nicht wahr, was wir sehen, sondern wir sehen, was wir aufgrund unserer Modelle aus dem Geschauten wahrnehmen können. Unsere Sinne sehen nicht das, was da draußen ist, sondern nur das, was sie aufgrund ihrer anerzogenen Prägungen gezwungen sind, wahrzunehmen. Was wir auch nicht merken, ist, dass unsere Wahrnehmung keine unabänderliche Position darstellt, sondern sich durch die Gewohnheit fixiert hat, das Geschaute in der Form, wie wir es zu beschreiben gelernt haben, reflektieren zu wollen. Deshalb meine Antwort: Die Sicht des Herrschers ist aus der Sicht der Wirklichkeit nichts anderes als die Selbst-Betrachtung des historischen Bildmaterials oder Erlebnisinventars, das sich der Mensch im Laufe seiner Entwicklung angeeignet hat. Um bewusstseinsmäßig unabhängige Individuen zu werden, müssten wir erkennen, dass genau die Stelle unserer Perspektive letztlich unsere Identität und die Erlebnisse unserer Realität bestimmt.
Deutungen
Allgemein
So wie die Herrscherin die Natur versinnbildlicht, so entspricht der Herrscher den Naturgesetzen, die wir Menschen im Lauf der Zeit entdeckt haben, um uns in der Welt zurechtzufinden. Wir wiegen, errechnen und messen aus, um uns so in Raum und Zeit einordnen zu können. Der Herrscher ist derjenige, der die wildwuchernde Kreativität und Lebendigkeit der Herrscherin erschließt, strukturiert und verfeinert, um sie dem Bewusstsein zugänglich zu machen. Damit schafft er zugleich die Voraussetzungen, um in einer zivilisierten Gemeinschaft miteinander leben zu können, indem er den Bezugspunkt für uns Menschen darstellt: das, woran wir uns in dieser Gemeinschaft orientieren und wonach wir uns richten. So treffen wir ihn im Alltag unserer patriarchalischen Gesellschaft eigentlich überall an. Er bestimmt die Umgangsformen, die es uns ermöglichen, in friedlichem Miteinander unseren täglichen Geschäften nachzugehen. Ebenso verkörpert er den Arm des Gesetzes, den wir zu spüren bekommen, wenn wir die Regeln unserer Gesellschaft übertreten. Der Herrscher lässt uns bei einer Streitigkeit den Rechtsanwalt einschalten oder eine neue Hausratversicherung abschließen. In uns selbst entspricht er dem Über—Ich, also jenem Teil, der unsere Eltern und unser soziales Umfeld repräsentiert, das uns von Kindheit an erzogen und beigebracht hat, was wir tun und lassen müssen, um in der Gemeinschaft unseren Platz zu sichern. Mit seiner Energie werden wir im täglichen Erleben rationell und realitätsbezogen vorgehen. Wir möchten uns unseren Lebensraum abstecken und ausbauen und arbeiten deshalb beständig an der Verwirklichung unserer Ziele oder an der Verbesserung unseres gesellschaftlichen Status.
Beruf und Finanzen
Die Herrscherenergie gibt uns in unserem Beruf die Fähigkeit, Dinge einzuordnen und in den richtigen Zusammenhängen zu erkennen. Wir sind in der Lage, das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden zu können und zu planen, wie der nächste Schritt auszusehen hat, damit ein Vorhaben oder eine Arbeit in der Realität auch tatsächlich Erfolg zeigen kann. Im Berufsleben verkörpert er den Macher, den Konzernchef oder Wirtschaftsboss, der uns die Fähigkeit gibt, mit Beharrlichkeit und Weitsicht unsere Ideen zu strukturieren und zu verwirklichen. Zugleich ist er auch ein Krieger und Eroberer, denn er ist bestrebt, sein eigenes Gebiet und seine Funktion ständig zu erweitern. Innerhalb unserer Arbeit sind wir dementsprechend vorausschauend, karriereorientiert und interessiert an einem Zuwachs von Macht und Geld. Auch das Finanzielle entwickelt sich unter dem Herrscher zumeist positiv. Schließlich entspricht er dem Teil in uns, der sich Gedanken darüber macht, wie wir das Geld am besten Gewinn bringend einsetzen können, wo hinein wir investieren und wo heraus wir Kapital schlagen sollten, um unsere finanziellen Ressourcen stetig auszubauen.
Umgekehrt
Verkehrt herum tritt die Schattenseite dieser Karte in den Vordergrund. Die Fähigkeit zu ordnen und zu strukturieren kann dazu fuhren, dass man in einem starren System versteinert und die Arbeit so ihrer Lebendigkeit beraubt wird. Dies kann auch für ganze Firmen gelten. Ein typisches Beispiel hierfür sind z. B. große Konzerne mit einem Verwaltungsapparat, der so aufgebläht und machtvoll ist, dass die restlichen Abteilungen dadurch in ihrer Produktivität blockiert werden. Der dunkle Herrscher steht auch für ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse. Er kann einen perfektionistischen und strengen Vorgesetzten symbolisieren, unter dessen Befehlen und Richtlinien wir leiden. Oder wir haben selber diese Rolle inne, sind macht- und karrieregierig und achten dabei nicht auf unsere Gefühle und Bedürfnisse oder die der anderen.
Liebe und Beziehung
Im Bereich der Partnerschaft verkörpert der Herrscher eine Zeit, in der es für uns sehr wichtig ist, nicht nur die Emotionen, sondern auch die Ratio sprechen zu lassen. So können wir zum Beispiel erhitzte Gefühle mit seiner Hilfe beruhigen oder einen Streit verhindern, indem wir unsere Vernunft einschalten und durch Analyse der Situation das Problem lokalisieren. Der Energie des Machers entströmt ebenfalls eine ausgeprägte Fürsorge für andere. Es ist ihm ein starkes Bedürfnis, die Sicherheit zu schaffen, die eine Beziehung braucht, um in geordneten Bahnen zu wachsen. Konkret bedeutet dies, dass wir unter seinem Einfluss unsere Gefühle offenbaren können - innerhalb des Rahmens, den er uns steckt. Er ist somit derjenige, der uns rät, mit einer Liebeserklärung noch ein Weilchen zu warten und auch eine feste Bindung nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen, wenn die Gefühle oder Umstände einmal nicht so sind, wie wir sie gerne hätten. Mit ihm erhalten wir von unserem Partner oder Freundeskreis sehr viel Hilfe und Beistand (oder lassen der Umwelt unsere Unterstützung angedeihen). Er kann als väterlicher Ratgeber auftreten - unabhängig davon, ob wir selbst oder ein anderer gerade diese Energie verkörpern. In