Ich atme ein – Ich raste aus!. Angela Dumrath
Читать онлайн книгу.und ist richtig gut drauf, so dass die Katze etwas verstört hinter ihr herschaut und sich verdutzt fragt, „was ist denn mit der heute los?“ Der Grund für die Ausgelassenheit ist eine Salbe, die sie sich einfach auf das rot angeschwollene Knie reibt. Fit, wie selbige Katze kann sie sich jetzt für den nächsten Stadtlauf anmelden. Wer aber weiß, wie quälend dieser Körperteil schmerzen kann und eigentlich nichts hilft, außer liegend zu ruhen, der lässt zumindest den Staubsauger in der Ecke stehen.
Ein grauhaariger Dauerlächler grinst mich schon wieder an. Frohgemut verkündet er, „dass es ihm schwerfällt über das Thema zu sprechen, aber es gibt eine Lösung“ verspricht er! „Wenn Mann nicht kann“ kann man Abhilfe mit ….. schaffen. Das ist doch der Eintänzer vom Treppenlift???, denke ich. Diesmal hat er sich übermütig ein buntes Käppi auf sein schütteres Haupt gesetzt. Die Füße stecken in jugendlichen neonfarbigen Turnschuhen. Obwohl er zu seiner Geh- nun noch eine Stehschwäche zu beklagen hat, der Biss stark eingeschränkt ist und auf dem Kopf 3 Haare sich auf 27 Reihen tummeln, lacht dieser Teufelskerl einfach alles weg. In Wirklichkeit denkt er „Sch ……., das auch noch.“
Die Best-Ager müssen für alles herhalten, um das Älterwerden schön zu reden. Bei euch ist das Gold vergraben säuseln die Werbefritzen. Wir sind gern behilflich, diesen Schatz zu heben.
Ich habe einen dicken Kloß im Halse stecken, stelle fest, dass ich mir selbst auf die Nerven gehe, weil ich auch ein Dauerlächeln angeknipst habe. Positiv denken, handeln und so grinse ich ständig in fremde Gesichter. „Musst du dauernd so nett sein und die Leute mit deinem ‚Habt-mich-bitte-alle-lieb-Lächeln‘ angrinsen?“, frage ich mich. Obwohl der Platz im Bus nicht besetzt ist, erkundige ich mich „ist hier noch frei?“ „Nö, meine Tasche sitzt hier“ kommt eine patzige Antwort. Wenn ich jemanden anrufe, flöte ich lieblich „ich hoffe, ich störe nicht.“ „Passt gerade nicht so“, kommt es vom anderen Ende, „stecke mitten im Stau.“ Das ist wahrscheinlich eine dicke Lüge. Ich beschließe, dass jetzt mal Schluss ist mit diesem Getue. Nein, ich werde nicht mehr dauernd dieses „Postiv-Denken-Lachen“ mit mir herumtragen. I’m not amused.“
Gerade hatte ich mir das Lachen aus dem Gesicht gewischt, ruft meine Freundin an. Weinend erzählte sie mir, dass sie eine furchtbare Auseinandersetzung mit Karl-Heinrich gehabt hätte. Es wäre fast zur Trennung gekommen. Nachdem Karli-Schatz sich beruhigt habe, redete sie aufgeregt weiter, hätte er sie auf Knien angefleht „Herta, wenn ich dich jemals schlagen sollte, dann pack deine Koffer und geh. Das war so süß, ich hatte Tränen in den Augen“, schluchzte Herta. Da musste ich lachen.
5.AUF DER SUCHE NACH IRGENDWAS
Der Jahreswechsel hat schon immer was Besonderes mit uns Menschen gemacht. Geht es Ihnen auch so? Alles, was man in den letzten 12 Monaten nicht geschafft hat, schiebt man auf die Tage zwischen den Jahren. Z. B. Schreibtisch aufräumen, alte Zeitungen aussortieren, Schlafzimmer streichen, Schränke ausmiste. Bei der Verrichtung dieser Arbeiten fällt einem so by the way ein, dass man mal wieder zu wenig Sport gemacht hat, Tante Else und Onkel Heinrich im Altenheim noch auf einen Besuch warten und auf dem Speiseplan immer noch zu viel Fleisch steht. Die Aufnahme frischer Luft bei Wind und Wetter ist auch eher dürftig ausgefallen. Das soll nun aber in den neuen 12 Monaten, die vor uns liegen, endlich gelingen.
Nach all den schrecklichen Nachrichten, die wir uns in den letzten Tagen des Jahres anhören mussten, begab ich mich auf die Suche nach mehr Sinnhaftigkeit für das neue Jahr, nach irgendwas, was richtig ist, sich gut anfühlt und schön wäre, es mit jemandem zu teilen. Ich hatte mir vorgenommen, auf gar keinen Fall Frauenzeitschriften lesen, die jedes Alter schönreden, die auf vier Seiten ein Programm zum Abnehmen vegetarisch und vegan vorstellen, um dann auf 20 Seiten Rezepte von den leckersten Kuchen mit doppeltem und dreifachem Boden, Schokolade, 6 Eiern, ½ Pfund Butter und ½ l Schlagsahne das liebe Frauchen backen lässt. Außerdem Anweisungen für stylische Frisuren abbildet und dabei das neue Granny-Grau als „must have“ für blutjunge Frauen anpreisen. Eine Investition, die sich nun wirklich nicht lohnt. Im Laufe der Jahre bekommt man graue Haare ganz umsonst.
Und dann ist es mir doch wieder passiert. Ich kaufte mir „Viktoria“ mit der verheißungsvollen Schlagzeile „Heute probiere ich mein Glück.“ Dabei weiß ich doch ganz genau, dass die Frage, was „Glück“ ist, niemand zuverlässig beantworten kann, nicht mal der oberste Chef im Himmel. Der ist eher genervt von dieser Art von Fragen. Ich habe vernommen, dass er mal geantwortet haben soll „sucht euer Glück ohne mich und wenn ihr es nicht sehen könnt, seid ihr selbst schuld.“ Mir leuchtete das seinerzeit ein. Aber diesen warnenden Satz hatte ich beim Erwerb der Zeitung total vergessen. Die Strafe folgte auf den Fuß. Ich erhielt Ratschläge, wie mein Körper sprechen sollte, wenn ich eine Gehaltserhöhung für mein Glücklichsein anstrebe. Power-Posing nennt sich die Übung: „Festen Stand suchen, dabei die Beine leicht auseinander, die Hände in der Hüfte aufstützen, aufrichten und Kopf hoch.“ Mit dieser Haltung vergrößere sich die Fläche und mache mutig. Es sei ein ganz simpler Trick aus der Tierwelt. Ja da schau her, das hat meine Mutter auch schon so gemacht, wenn sie mir vorhielt, dass ich ungezogen gewesen sei.
Mit der Haltung also soll ich mich glücklich fühlen und mehr Geld bekommen? Weitere Wege zum Finden des vermeintlichen Glücks sei das Loslassen und neue Wege gehen. Hierzu wurde folgende hilfreiche Übung angeboten. Man solle ein unbekanntes Restaurant aufsuchen, sich die Speisekarte ansehen und sich für das Gericht entscheiden, welches das Herz (also nicht den Magen) erreicht. Erst wenig später übernehme der Verstand und sortiert nach Fettgehalt, Kalorien, Inhaltsstoffen, Preis und würde somit eine Vernunft-Entscheidung erzwingen. Damit sei der Weg versperrt, sich glücklich zu essen. Es sei krankhaft, immer nur dem Kopf zu gehorchen und man verpasse die Chance auf ein wenig Glück.
Laut WHO gilt ab sofort als krankhaft:
Wenn man über den Verlust eines lieben Menschen länger als 14 Tage trauert.
Wenn einen ab und zu Heißhungerattacken überfallen.
Wenn Kinder zu heftigen Wutausbrüchen neigen.
Wenn öfters mal die Haut juckt. In der Fachsprache nennt man das „Skin-Picking-Störung.
Danach kann es überhaupt keine glücklichen Menschen mehr geben. Schließlich ist ja immer irgendwas. Selbstverständlich gibt es zu all diesen kranken Erscheinungen ein Medikament, die in der Zeitschrift beworben werden. Die Pharma-Industrie hat schon das Medikament, ehe es die Krankheit gibt. Welch‘ ein Glück aber auch.
„Der größte Luxus im Leben ist es, Chancen zu verpassen“, heißt es. Und die verpasst man, in dem man Gelegenheiten aus rationalen Gründen nicht wahrnimmt. Dabei kann man den Jokern, die einem das Universum vor die Füße wirft, restlos vertrauen: Das Schicksal hat ein wesentlich besseres Navi für unser Leben.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine zweifellos schöne glückliche Zeit.
6.SCHUSTER BLEIB BEI DEINEN LEISTEN
Auf der Suche nach dem Glück verlassen Menschen ihre Lebenswege, um es in anderen Ländern zu finden. Ich bewundere das und ich gebe zu, ein wenig neidisch bin ich auch. Hätte man ja auch mal ausprobieren können. Aber mein Sinn für Realismus hinderte mich an solchen Abenteuern.
Da hat es den Versicherungsvertreter Manuel mit gutem Einkommen und seine Freundin Celina mit nicht abgeschlossenem BWL-Studium nach Thailand verschlagen. Sie waren in die Idee verliebt, Urlaubern in einer Strandbar die untergehende Sonne des Pazifiks auf einer Liegeterrasse als Freizeit-Event anzubieten. „Hier steppt der Papst und wir sind dabei.“ Sie packten ihre Koffer, machten alles zu Geld, was sie nicht mitnehmen wollten und starteten voller Tatendrang in ein freies und selbstbestimmtes Leben. Dumm war nur, dass beide sich mit ihrem Schul-Englisch bei Behörden und Vermietern durchwursteln mussten. Mit den gesparten Euros konnten sie knapp 3 Monate den Lebensunterhalt bestreiten. Sie standen unter Zwang, schnell Geld zu verdienen. Es musste alles zügig vorangehen. Ging es aber nicht. Die Wohlfühloase lag abseits der Touristenmeile, dafür aber in unmittelbarer Nähe zum Strand. Ein Vorzug gegenüber allen Bierkneipen dachten sich die Auswanderer. Nein, war es nicht.
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