Tausend und eine Nacht. Max Geißler

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Tausend und eine Nacht - Max Geißler


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sein frü­he­res großes Ver­mö­gen zu­rück­zu­er­wer­ben.

      Ei­nes Ta­ges ver­kauf­te er al­les, was er an be­weg­li­chen und un­be­weg­li­chen Gü­tern noch be­saß, be­gab sich auf ein Schiff, das ge­ra­de nach Ost­in­di­en se­geln woll­te, und be­gann den Han­del. Wäh­rend der See­rei­se lan­de­te das Schiff an meh­re­ren In­seln, auf de­nen Sind­bad sei­ne Wa­ren mit Nut­zen ver­kauf­te oder da­für wert­vol­le Ge­gen­stän­de ein­han­del­te, und ein­mal über­fiel sie eine so tie­fe Wind­stil­le, dass die Se­gel schlaff von den Mas­ten her­ab­hin­gen und an ein Vor­wärts­kom­men nicht zu den­ken war.

      Es war ge­ra­de ein klei­nes Ei­land in der Nähe, das sich nur we­nig über den Spie­gel des Mee­res er­hob und dalag wie eine schö­ne grü­ne Wie­se.

      Der Ka­pi­tän ließ die Se­gel ein­zie­hen und er­laub­te der Mann­schaft, an Land zu ge­hen. Auch Sind­bad fand dar­an Ver­gnü­gen; aber wäh­rend die Leu­te von den Be­schwer­den der lan­gen See­fahrt sich aus­ruh­ten, er­zit­ter­te die In­sel plötz­lich und be­gann pfeil­schnell durch die son­ni­ge Flut zu glei­ten. Die Ma­tro­sen spran­gen, so rasch sie konn­ten, ins Was­ser; et­li­che ret­te­ten sich in das Boot, das der Ka­pi­tän ih­nen zu­sand­te, et­li­che fan­den ih­ren Tod in den Wel­len. Und dies wäre auch Sind­bads Schick­sal ge­we­sen, wenn er nicht im letz­ten Au­gen­bli­cke ein Stück Holz er­fasst hät­te, das die Ma­tro­sen für ein Feu­er zum Ko­chen ih­res Mah­les mit auf das Ei­land ge­bracht hat­ten; denn auf ein­mal sank das grün­lich schim­mern­de Land tief und tiefer und war auch schon vie­le See­mei­len von dem Schif­fe ent­fernt, als Sind­bad er­kann­te: es war ein rie­si­ger Wal­fisch, der sich an der Ober­flä­che des Mee­res ge­sonnt hat­te. Der arme Sind­bad trieb nun mit sei­nem Holz auf dem of­fe­nen Mee­re und er­kann­te, dass er die Be­schwer­den die­ser selt­sa­men Fahrt nicht län­ger als bis zu Son­nen­un­ter­gang wür­de er­tra­gen kön­nen; und so be­fahl er sich sei­nem Got­te und sah tie­fe Fins­ter­nis über sein Auge sin­ken.

      Es war aber nicht der Tod, son­dern es war die Nacht, und ein sanf­ter Wind trieb ihn als­bald an den Strand ei­ner In­sel. Dort ver­sank er in einen tod­ähn­li­chen Schlaf, und als er am an­de­ren Mor­gen er­wach­te, war we­der von sei­nem noch von ei­nem an­de­ren Schif­fe et­was zu se­hen. Müh­sam schlepp­te er sich durch das Strauch­werk, um et­li­che ge­nieß­ba­re Kräu­ter zu su­chen; und wie er ge­ges­sen hat­te, kam er auf ein frucht­ba­res Stück Land mit köst­li­chem Gras­wuchs, dar­auf wei­de­te ein Foh­len, des­sen stol­ze Schön­heit es ei­nes Kö­nigs wert er­schei­nen ließ.

      Nicht lan­ge, so ver­nahm der See­fah­rer auch die Stim­me ei­nes Man­nes, der aus ei­ner gra­b­ähn­li­chen Ver­tie­fung trat und den Ver­irr­ten frag­te, wer er wäre. Sind­bad er­zähl­te ihm sein Aben­teu­er, und der Mann führ­te ihn in eine Höh­le, in wel­cher sich meh­re­re Knech­te be­fan­den. Die ga­ben ihm zu es­sen und er­zähl­ten, dass sie all­jähr­lich um die­se Zeit des Kö­nigs Stu­ten in der Ein­sam­keit die­ser In­sel auf die Wei­de füh­ren müss­ten.

      Am an­de­ren Tage reis­ten die Knech­te mit ih­ren Ros­sen heim, und Sind­bad fuhr mit ih­nen; ihr Kö­nig aber war Ma­ha­r­a­d­jah von In­di­en.

      Er er­sah sich also ein gu­tes Fahr­zeug und stach in See.

      Ei­nes Ta­ges lan­de­te das Schiff an ei­ner öden In­sel, die zwar ei­ni­gen Baum­wuchs zeig­te, aber we­der Häu­ser noch Be­woh­ner zu ha­ben schi­en.

      Sind­bad, der ein Stück land­ein­wärts wan­der­te, leg­te sich am Ufer ei­nes Ba­ches zum Schla­fe, nach­dem er eine gute Mahl­zeit ge­hal­ten hat­te. Aber als er er­wach­te, er­staun­te er nicht we­nig; denn das Schiff, das vor­her ru­hig vor An­ker ge­le­gen hat­te, war nicht mehr da. Er rief, aber kei­ner der Kauf­leu­te oder Ma­tro­sen, die mit ihm an Land ge­gan­gen, gab Ant­wort. Und ganz fer­ne am Ho­ri­zont ver­schwan­den die wei­ßen Se­gel des Fahr­zeugs wie eine entei­len­de Möwe.

      Sind­bad, wie er sich also be­tro­gen sah, ward von großem Schmer­ze be­fal­len, warf sich auf die Erde und klag­te sich hun­dert­mal der Hab­gier an, die ihn da­heim nicht hat­te ru­hen las­sen.

      End­lich stieg er auf eine sehr hohe Pal­me, um einen Über­blick über das Land zu ge­win­nen; da be­merk­te er in wei­ter Fer­ne et­was Wei­ßes, das er sich nicht an­ders er­klä­ren konn­te, als dass es ein Haus sei. Er raff­te zu­sam­men, was er noch an Nah­rungs­mit­teln be­saß, und wan­der­te dem ver­meint­li­chen Hau­se zu. Als er aber in die Nähe kam, be­merk­te er: es war eine wei­che wei­ße Ku­gel von rie­si­gem Um­fan­ge; denn sie hat­te einen Durch­mes­ser von fünf­zig Schrit­ten.

      Wäh­rend der un­glück­li­che See­fah­rer noch im­mer rat­los da­stand, ver­fins­ter­te sich plötz­lich der Him­mel, als gin­ge die Son­ne un­ter. Es war aber nicht die sin­ken­de Nacht, son­dern ein mäch­ti­ger Vo­gel, der sei­ne Schwin­gen vor der gol­de­nen Schei­be des Him­mels dehn­te, her­an­flog und sich auf die große wei­ße Ku­gel setz­te.

      »Aha«, dach­te Sind­bad, »das ist der Vo­gel Roch, von dem die Schiffs­leu­te so viel zu er­zäh­len wis­sen; und die große wei­ße Ku­gel ist sein Ei, das er aus­brü­ten will. Wie wär’s, wenn ich die­sen Vo­gel Roch zu mei­nem Schif­fe mach­te?«

      Der Vo­gel Roch hat­te das eine Bein ge­ra­de an der Sei­te des Eies her­ab­hän­gen, an wel­cher Sind­bad stand; und die­ses Bein war fast so dick wie ein mä­ßi­ger Baum­stamm.

      Ge­dacht, ge­tan!

      Wäh­rend es Nacht wur­de, nahm Sind­bad einen Strick aus der Ta­sche, schleif­te sich fest an das Bein des wun­der­sa­men Vo­gels und dach­te: »Ein­mal muss er das Ei doch ver­las­sen, und wenn ich auch nicht weiß, wo­hin er mich trägt – trost­lo­ser als die­se In­sel kann mein Auf­ent­halt un­mög­lich wer­den. Also, gu­ten Mut, Sind­bad!«

      Kaum grau­te der Tag, so er­hob sich der Vo­gel Roch und stieg ker­zen­ge­ra­de ge­gen den Him­mel em­por. So hoch, dass Sind­bad die Erde als­bald nicht mehr se­hen konn­te. Da­rauf stürz­te er sich mit sol­cher Schnel­le her­ab, dass dem ar­men Man­ne Hö­ren und Se­hen ver­ging. Als er aber die Erde un­ter sich fühl­te, knüpf­te Sind­bad rasch den Kno­ten auf, mit dem er sich an des Vo­gels Fuße be­fes­tigt hat­te, und sah, wie der Vo­gel Roch mit sei­nem Schna­bel nach ei­ner Schlan­ge hieb, die eine un­er­hör­te Län­ge hat­te. Da­mit flog er da­von.

      Sind­bad be­fand sich nun in ei­nem tie­fen Tale, und die Ber­ge rings­um wa­ren


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