Tausend und eine Nacht. Max Geißler

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Tausend und eine Nacht - Max Geißler


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In­sel, da­mit sie sich Nah­rung such­ten. Als aber der Abend kam, wur­den sie alle von ei­ner un­sicht­ba­ren Ge­walt wie­der im Hofe des Schre­ckens zu­sam­men­ge­trie­ben, der Rie­se kam, wähl­te sich den Fet­tes­ten und ver­zehr­te ihn zum Abend­bro­te.

      Am drit­ten Tage ge­sch­ah es wie zu­vor. Da sprach Sind­bad zu sei­nen Ge­nos­sen: »Es sind vie­le sehr schö­ne hohe Bäu­me an die­sem Stran­de. Wir wol­len uns heim­lich Flö­ße da­von bau­en und mor­gen von die­sem Stran­de flie­hen; denn hier war­tet der Tod si­che­rer auf uns als drau­ßen auf der ho­hen See.«

      Sie mach­ten sich als­bald an die Ar­beit und wa­ren ge­ra­de fer­tig da­mit, als die un­sicht­ba­re Ge­walt sie wie­der in den Hof des Rie­sen trieb – alle muss­ten ihr fol­gen, wie die Nä­gel ei­nem Ma­gnet. Der Rie­se wähl­te sich aber­mals einen zum Mah­le aus und leg­te sich da­nach schla­fen. Als sie ihn drau­ßen schnar­chen hör­ten, sag­te Sind­bad: »Es ist zwar ver­bo­ten, einen Men­schen zu tö­ten – aber die­ser ist ein Mör­der. Kommt, glü­het die Brat­spie­ße und stoßt sie ihm ins Auge, da­mit wir frei wer­den!« Neun un­ter den Män­nern hat­ten Mut zu die­ser Tat, sie hiel­ten die Spit­zen der um­her­lie­gen­den Spie­ße in die Flam­me, schli­chen sich in das Schlaf­ge­mach des Rie­sen und stie­ßen ihm die glü­hen­den Ei­sen ins Auge.

      Mit ei­nem furcht­ba­ren Ge­brüll er­hob sich der Wil­de und griff mit den Hän­den um sich, aber es ge­lang ihm nicht, einen sei­ner Pei­ni­ger zu fas­sen. Die flo­hen alle zum Stran­de, wo die Flö­ße la­gen, und war­te­ten auf das ers­te Licht, um zu ent­flie­hen. Aber noch ehe sie die schwan­ken Fahr­zeu­ge auf dem Was­ser hat­ten, nah­te auch schon der Rie­se, ge­führt von zwei gleich­großen schreck­li­chen Ge­sel­len … Da tat die höchs­te Eile not, und nicht lan­ge, so stie­ßen die Flö­ße vom Lan­de und schos­sen un­ter kräf­ti­gen Ru­der­schlä­gen hin­aus ins Meer. Aber die Rie­sen bra­chen Fels­stücke los, schleu­der­ten sie den Flie­hen­den nach und war­fen so ge­schickt, dass alle Flö­ße zer­trüm­mert wur­den – bis auf ei­nes. Die Schiffs­leu­te auf den an­de­ren muss­ten er­trin­ken, und nur die drei je­nes am wei­tes­ten ent­fern­ten Fahr­zeugs blie­ben heil. Un­ter die­sen be­fand sich Sind­bad.

      Als die Ge­ret­te­ten nun aufs hohe Meer steu­er­ten, er­fass­te sie als­bald ein Sturm und warf sie an eine In­sel.

      Ver­geb­lich such­ten sie auch hier nach Men­schen; als aber der Abend nah­te, kroch eine Schlan­ge, lang und schup­pig wie ein Palm­baum, des We­ges und ver­zehr­te die Beglei­ter Sind­bads, und auch er wäre dem Un­ge­tüm zum Op­fer ge­fal­len, hät­te er sich nicht auf eine List be­son­nen. Rasch trug er zu sei­nem Ver­ste­cke – ei­ner klei­nen Fel­sen­höh­le – einen Hau­fen dür­res Rei­sig, leg­te es dicht vor den Ein­gang und schlug Feu­er. Die gan­ze Nacht hin­durch ließ er eine Flam­me aus dem Rei­sig em­por­zün­geln, und im Grau­en des Ta­ges sah er ein Schiff vor­über­se­geln. Er klet­ter­te auf einen Fel­sen, er schrie, er gab Zei­chen al­ler Art – doch sei­ne Be­mü­hun­gen wa­ren ver­ge­bens. Elen­den To­des zu ster­ben schi­en sein Los.

      Da in der höchs­ten Not be­sann er sich auf sei­ne Dia­man­ten, die er noch in dem Le­der­beu­tel am Gür­tel trug. Er hielt einen der ed­len Stei­ne in das Licht der auf­ge­hen­den Son­ne – und sieh, und sieh! Wie der strah­len­de Glanz ei­ner zwei­ten Son­ne flog es übers Meer! Da staun­ten die Schiffs­leu­te und steu­er­ten dem hei­ßen schö­nen Lich­te nach.

      So wur­de Sind­bad ge­ret­tet und kam auch dies­mal glück­lich heim in sei­ne Va­ter­stadt Bag­dad. Aber die Genüs­se und Ver­gnü­gun­gen, de­nen er sich nach den Stra­pa­zen sei­ner drit­ten Rei­se hin­gab, ver­moch­ten ihn nicht lan­ge zu fes­seln. Er be­gab sich als­bald nach Per­si­en und schiff­te sich von Neu­em ein. In ei­nem Un­wet­ter war der Ka­pi­tän ge­zwun­gen, die Se­gel zu strei­chen, die Mas­ten zu kap­pen, und nicht lan­ge da­nach lief das Schiff auf ein Riff und zer­schell­te. Am Stran­de be­fan­den sich zum Glücke Quel­len und Früch­te, und die zu Tode er­schöpf­te Mann­schaft konn­te wie­der zu neu­en Kräf­ten kom­men.

      Kaum er­schi­en die Son­ne des nächs­ten Ta­ges, so mach­te sich Sind­bad mit fünf sei­ner Ge­fähr­ten auf; denn sie hat­ten von ih­rem Fel­sen aus mensch­li­che Woh­nun­gen ge­se­hen. Als sie sich de­nen nä­her­ten, brach eine Schar schwar­zer, wil­der Men­schen dar­aus her­vor, um­ring­te die Frem­den und ge­lei­te­te sie un­ter großem Freu­den­ge­heul in eine der Hüt­ten. Dort setz­ten sie ih­ren wei­ßen Gäs­ten ein sehr wohl­schme­cken­des Kraut vor, von dem die­se in ih­rem Hun­ger aßen. Sind­bad aber, der eine List wit­ter­te, weil er merk­te, dass die Schwar­zen die Spei­se ver­schmäh­ten, kos­te­te nur ein we­nig da­von, und bald wur­de er ge­wahr, dass der Ge­nuss des Krau­tes sei­nen Ge­nos­sen den Ver­stand voll­stän­dig ver­wirr­te. Sie ge­bär­de­ten sich wie trun­ken und aßen nun große Men­gen Reis, der mit Ko­kos­öl zu­be­rei­tet war, und den die Wil­den nur reich­ten, um die Frem­den zu mä­s­ten.

      Sind­bad, der als der ein­zi­ge sei­nen kla­ren Ver­stand be­hal­ten hat­te, er­kann­te sein trau­ri­ges Schick­sal, und die Not sei­ner Tage mach­te ihn fast zum Ske­lett. Da­rum ver­schon­ten ihn auch die Wil­den und trös­te­ten sich mit der Hoff­nung, dass auch die­ser eine in spä­te­rer Zeit ih­nen noch einen gu­ten Bis­sen lie­fern soll­te, jetzt aber ga­ben sie nur we­nig auf ihn acht.

      Ei­nes Ta­ges hat­ten die Wil­den ihre Hüt­ten ver­las­sen, nur ein paar alte Frau­en wa­ren zu­rück­ge­blie­ben, da sah Sind­bad die Stun­de sei­ner Flucht ge­kom­men. Er ent­wisch­te, und als die Frau­en nach ihm rie­fen, ver­dop­pel­te er sei­ne Schrit­te und lief, bis die Nacht her­ein­brach.

      Sie­ben Tage ging er so in ei­nem fort und leb­te von Ko­kos­nüs­sen, die er am Wege fand. Am ach­ten kam er zum Stran­de des Mee­res und be­merk­te plötz­lich einen Men­schen, der Pfef­fer­früch­te sam­mel­te. Der führ­te Sind­bad zu sei­nen Ge­nos­sen, und mit ih­nen ver­ließ er we­ni­ge Tage dar­auf die ge­fähr­li­che In­sel.

      Am drit­ten Mor­gen lan­de­te das Schiff an ei­nem frucht­ba­ren Ei­lan­de, auf dem eine sehr schö­ne Stadt stand. Man führ­te Sind­bad zum Kö­ni­ge, der ihn freund­lich emp­fing und ihn auf­for­der­te, mit ihm um die In­sel zu rei­ten. Da be­merk­te der See­fah­rer, dass in die­sem klei­nen Rei­che je­der ohne Sat­tel, ohne Bü­gel und Zü­gel zu Pfer­de saß. »Ei«, sprach er, »das ist ein selt­sa­mer Brauch. Herr Kö­nig, ich will Euch da­für et­was Bes­se­res zei­gen!«

      Er stell­te also einen Sat­tel her, pols­ter­te ihn und be­zog ihn mit wei­chem Le­der; er flocht einen Zü­gel und ließ von ei­nem Schmie­de ein Paar Steig­bü­gel an­fer­ti­gen.

      Dem Kö­ni­ge, der da von all die­sen Din­gen nichts wuss­te, ge­fiel die neue Art zu rei­ten sehr wohl. Er be­lohn­te Sind­bad reich­lich und er­nann­te ihn so­fort zu sei­nem Staats­mi­nis­ter. Da­mit Sind­bad das Reich des In­sel­kö­nigs aber nicht so bald wie­der ver­las­se, schenk­te ihm die­ser das schöns­te jun­ge Mäd­chen zum Wei­be.

      Nun ge­sch­ah es bald da­nach, dass die Frau ei­nes vor­neh­men Man­nes ge­stor­ben war; Sind­bad ging zu ihm, um ihm ei­ni­ge Wor­te des Tros­tes zu sa­gen, aber der vor­neh­me Mann blieb trau­rig und sprach: »Was nützt mir dein Trost, mein lie­ber Mi­nis­ter Sind­bad, da ich mor­gen doch ster­ben muss?«

      »Ei«, ent­geg­ne­te Sind­bad, »du bist ja frisch und ge­sund. Wa­rum soll­test du denn mor­gen zu


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