Alles ist Zufall. Theodor Fontane

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Alles ist Zufall - Theodor Fontane


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überall der Freiheit Banner rauschen,

      Und kein bedrücktes Volk um Rettung schreit,

      Dann will auch ich die Zweifel froh vertauschen,

      Und gläubig baun auf Deutschlands Einigkeit.

      SW XX, S. 438 f.

      Hinaus!

      Ich bin es satt, auf Polstern mich zu dehnen,

      Es ekelt mich dies weibergleiche Tun,

      Ich möcht’ im Kampf anspannen alle Sehnen,

      Mich müd und matt an die Lafette lehnen

      Und käm’ der Schlaf, auf bloßer Erde ruhn.

      Ich möcht’ hinaus! Umbrüllt von Sturm und Wettern

      Möcht’ ich zu Schiff auf hohem Meere sein;

      Vom Blitz umflammt möcht’ ich den Mast erklettern,

      Und wenn die Wellen unser Schiff zerschmettern,

      Ein kühner Schwimmer um das Leben frei’n.

      Ich möcht’ hinaus! Mag schleudern mich die Reise,

      Wohin sie will, mir gilt es gleich fürwahr;

      Heraus nur endlich aus dem alten Gleise,

      Das Leben steigt mit der Gefahr im Preise –

      Ach denn, hinaus! Zu Taten und Gefahr.

      1844, SW XX, S. 383

      Die Strandbuche

      Hoch auf meerumbrauster Düne ragt in voller Maienpracht

      Eine Buche. »Mutter« – ruft sie »wieder kam das Meer bei Nacht

      Wieder hat’s aus grünem Seetang viel der Kränze mir geschlungen,

      Hat mir Bernsteinschmuck gespendet und von Liebe viel gesungen.

      Mutter, schilt es nicht Verführer, sag’ nicht, daß es treulos wär’,

      Treulos ist allein die Schwäche, und gewaltig ist das Meer,

      Hieltest du mich nicht umklammert, Mutter Erde, liebestrunken,

      Wär’ ich nachts, als es mich lockte, hin an seine Brust gesunken.«

      »Sturm herbei!« rief ich wild aufjauchzend jetzt das liebesichre Meer,

      Und auf hundert Wolkenrossen jagte schnaubend er einher.

      »Auf! entwurzle mir die Buche, ’s gilt der Sehnsucht Schmerz zu kürzen,

      Wär’ sie frei, sie würde selber sich in meine Arme stürzen.

      »Arme Törin, die des Meeres eitlen Liebesschwüren traut!

      Jeder Tanne spend’ ich Bernstein, jede Buche nenn’ ich Braut;

      Nicht um unerfüllte Hoffnung, um betrogene sollst du trauern,

      Und der Liebe Wonne wird dich bald wie Todesfrost durchschauern.«

      Tiefes Schweigen; – aber plötzlich kracht die Buche, sturmgepackt,

      Blätterstiebend stürzt sie nieder wie ein grüner Katarakt;

      Laut erbrausend heißt sein neues Opfer jetzt das Meer willkommen,

      Hochaufschäumend hat’s der Riese an die Wellenbrust genommen.

      »Weh, halt ein in deinem Rasen, das mich zu vernichten droht,

      So entblättert nicht die Liebe, so entblättert nur der Tod!«

      Doch die Leidenschaft des Riesen kennet nicht der Lieb’ Erbarmen,

      Und er spielt mit seinem Opfer, bis es tot in seinen Armen.

      Aber dann, als ob er Abscheu gegen eine Leiche fühlt,

      Hat er seiner Lüste Spielzeug wieder an den Strand gespült;

      An dem Fuß der Düne, deren Gipfel einst der Baum beschattet,

      Hat die alte Mutter Erde ihr entführtes Kind bestattet.

      1844, SW XX, S. 456 f.

      »Liebchen, komm!«

      Liebchen, komm, vor dieser Zeit, der schweren,

      Schutz zu suchen in den Kordilleren;

      Aus der Anden ew’gem Felsentor

      Tritt vielleicht noch kein Konstabler hervor.

      Statt der Savignys und statt der Uhden,

      Üben dort Justiz die Botokuden,

      Und durchs Nasenbein der goldne Ring

      Trägt sich leichter als von Bodelschwingh.

      Ohne Wühler dort und Agitator

      Frißt uns höchstens mal ein Alligator,

      Schlöffel-Vater und selbst Schlöffel-Sohn

      Respektieren noch den Maranon.

      Dort kein Pieper, dort kein Kiol-Bassa,

      Statt der Darlehnsscheine Gold in Kassa,

      Und in Quito oder Santa Fé

      Nichts von volksbeglückender Idee.

      Laß die Klänge Don Juans und Zampas,

      Hufgestampfe lockt uns in die Pampas,

      Und die Rosse dort, des Reiters wert,

      Sichern dich vor Rellstabs Musenpferd.

      Komm, o komm! Den heimatlichen Bettel

      Werfen wir vom Popokatepettel

      Und dem Kreischen nur des Kakadu

      Hören wir am Titicaca zu.

      1848, SW XX, S. 447 f.

      Preußens Zukunft

      Die deutschen Stämme werden mehr und mehr erkennen, daß ihre Interessen dieselben sind, die Scheidewände werden fallen mit den Dynastien, und Deutschland wird groß, frei und einig sein.

      Diese Auferstehung Deutschlands wird schwere Opfer kosten. Das schwerste unter allen bringt Preußen. Es stirbt. Jeder andere Staat kann und mag in Deutschland aufgehen; gerade Preußen muß darin untergehen. Was unsere Zeit so schön charakterisiert, ist Gerechtigkeit gegen jede Nationalität. Die eigene schützen, die fremde achten, das ist Losung und Feldgeschrei. Innerhalb der Nationalitäten aber werden Stammesverschiedenheiten wieder in ihr Recht treten, und diese Rückkehr zum Natürlichen bringt Preußen um seine Existenz. Bayern, Sachsen, Schwaben, sie werden in Deutschland aufgehen, der großen deutschen Republik werden diese Namen nicht fehlen. Aber eine preußische Republik ist eine Unmöglichkeit; Preußen muß zerfallen. Seine Provinzen gleichen ebensovielen Eisenstäben, die ohne Anziehungskraft untereinander nur durch das Tau eines absoluten Willens zusammengehalten wurden. Das Tau ist mürbe geworden, es wird zerrissen, und die Eisenstäbe werden folgen, wohin der Magnet der Stammesgleichheit sie zieht. Preußen war eine Lüge, das Licht der Wahrheit bricht an und gibt der Lüge den Tod. Mögen Tausende sich erheben und Preußen eine Wahrheit, mich aber einen Lügner nennen, mögen sie in Ermangelung eines andren Beweises das Paradepferd unserer glorreichen Geschichte reiten – ich antworte ihnen: das jetzige Preußen hat keine Geschichte. – Was gilt dem Schlesier die Schlacht bei Fehrbellin, was gilt ihm selbst der Siebenjährige Krieg mit seinem zweifelhaften Recht? Was gelten dem Sachsen, dem Rheinländer unsere Siege bei Dennewitz und Großbeeren? Sie fochten auf feindlicher Seite, als wir den Tempel unseres Ruhms mit Trophäen schmückten. – Vergebens suchen unsere Staatsmänner einen


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