Tödlicher Fetisch. Frederique La Rouge

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Tödlicher Fetisch - Frederique La Rouge


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modern ausgestatteten Einbauküche ihr Abendbrot zu, um es während der Tagesschau vor dem Fernseher zu verzehren und anschließend noch ein wenig in dem Kriminalroman zu lesen, den sie vor zwei Tagen begonnen hatte.

      Götz hatte sie per SMS wissen lassen, dass er noch ein Geschäftsessen mit einem Mandanten habe, und sie erwartete ihn nicht so bald. Gegen ihren Willen ging ihr die attraktive Erscheinung des Mannes aus dem Café am Nachmittag, nicht aus dem Kopf. Sie musste sich eingestehen, dass Bettina nicht umsonst ihre beste Freundin war, und dass sie irgendwie schon ein wenig recht gehabt hatte. Was wäre so schlimm daran gewesen mit dem netten Typen ein wenig zu plaudern. Das musste man ihr doch zugestehen, ein bisschen reden, sich nett unterhalten; mehr nicht.

      Aber was sollte es? Alles Jammern half nicht. Die Chance war verpasst. Würde sie halt auf den nächsten heißen Typen warten, der sie anspräche. Es konnte sich ja schließlich nur um Jahrzehnte handeln. Sie schmollte mit sich selber, lief unschlüssig durch die Wohnung, um dann im Schlafzimmer vor dem Spiegel ihre Erscheinung zu betrachten. Okay, es gab das eine oder andere Lachfältchen, aber ihr Po war nach wie vor straff. Von Zellulitis kaum eine Spur, wie sie wohlwollend bemerkte. Gut, ihr Haar war ein wenig schwer zu bändigen, ihre Lippen hätte sie gerne ein wenig voller, und ihre Brüste könnten eine Körbchengröße mehr vertragen, befand sie. Dennoch registrierte sie sehr wohl, dass Männer ihr noch immer manchmal nachschauten. Es war nur leider eben nicht die Sorte Mann, wie die heute Nachmittag im Café.

      Ganz gegen ihre Natur, beschloss sie, am nächsten Tag den Kellner aus dem Café zu befragen. Womöglich kannte er das Paar, und es bestand eine kleine Aussicht ihn wieder zu sehen.

      Als Götz um viertel vor elf heimkam, traf er die gemeinsame Wohnung im Dunkeln an. Er betätigte den Lichtschalter im Flur, legte sein Jackett ab und schaute im Schlafzimmer nach. Sylvia war bereits eingeschlafen. Er betrachtete sie einen Moment wohlwollend im fahlen Licht der Straßenlaterne, die in einiger Entfernung vor dem Haus stand und deren Kraft durch die zugezogenen, dunklen Vorhänge im Schlafzimmer nochmals stark abgemildert wurde. Behutsam zog er ihr die verrutschte Bettdecke zurecht.

      Dennoch verkrampfte sich sein Magen, wie unschuldig sie dort lag. Er liebte sie, ja das tat er, noch immer und mit voller Leidenschaft. Und doch betrog er sie. Er wusste das es falsch war, dass er damit möglicherweise alles aufs Spiel setzte, mit dieser Affäre. Und doch. Es war so einfach mit dieser Frau, so unglaublich unkompliziert. Dabei war er gar nicht die treibende Kraft gewesen. Er hatte sie in der Kanzlei getroffen. Nach einem langweiligen Meeting hatte er sich in das Wartezimmer der Mandanten begeben, um sich mit einem Kaffee zu versorgen, und da war sie gestanden. Lässig ans Fenster gelehnt, elegant und unglaublich sexy, hatte sie ihn mit hochgezogener Augenbraue beobachtet, als er sich an der Kaffeemaschine bediente. Ohne Umschweife war sie auf ihn zugegangen, hatte ihre Hand auf seine Schulter gelegt und mit einem neckischen, äußerst verführerischen Gesichtsausdruck gemeint, dass sie einen Geschäftsabschluss zu feiern hätte, und wenn er nicht auf der Stelle mit ihr einen Prosecco tränke, sähe sie sich leider gezwungen, sich hier und jetzt aus dem Fenster zu stürzen. Keine zwei Stunden später hatte er sich in ihrem Bett wiedergefunden. Seit diesem verhängnisvollen Tag, dauerte diese Affäre, oder wie man es auch immer bezeichnen wollte an. Denn es ging ausschließlich um Sex dabei, und Jennifer gab eisern den Takt vor; sie schrieb ihm eine SMS, wenn sie heiß war, und Götz kam; in zweifacher Hinsicht.

      Götz schloss die Tür zum Schlafzimmer und besorgte sich in der Küche ein Bier, um auf der Terrasse den Tag mit einer Zigarette ausklingen zu lassen. Es war anstrengend gewesen heute, und er genoss die lauwarme, sommerliche Abendluft. Langsam wich die Anspannung des Tages aus seinen Gliedern. Er würde diese Affäre einfach beenden, und dann wäre alles wieder gut. Zufrieden, mit seinem frisch gefassten Entschluss spazierte er ins Bad, wusch sich, schlüpfte vorsichtig zu Sylvia ins Bett, nahm seine Schlafposition ein und schnarchte sich nur einige Minuten später entspannt ins Reich der Träume.

      Kapitel 2

      Sie erwachte neben Götz, der erst gegen 10:00 Uhr im Büro sein musste und den Luxus genoss noch weiterschlafen zu können.

      Ein wenig mürrisch machte sich Sylvia also im Bad frisch, während der Kaffeeautomat bereits in der Küche rumorte.

      Der Gedanke, den Kellner des Cafés zu befragen, hatte seit dem Vorabend erheblich an Überzeugungskraft eingebüßt. Vielleicht sollte sie das Ganze einfach vergessen. Das führte doch zu nichts! Sie würde sich bestenfalls furchtbar blamieren, dachte sie. Selbst wenn der Kellner ihr etwas über den Mann erzählen konnte, was würde sie schon mit diesen Informationen anfangen wollen? Zu ihm nach Hause spazieren, klingeln und wenn er öffnete, fröhlich so etwas sagen wie: „Hallo, ich bin die Frau die sie gestern im Café so verführerisch angelächelt haben. Hier bin ich. Bitte vögeln sie mich mal rasch in den siebten Himmel!“?

      Sie lachte gleichzeitig irritiert und belustigt auf. Zum einen, weil ihr derartige Gedanken normalerweise nicht durch den Kopf stoben, zum anderen, weil die Vorstellung, mal eben in den siebten Himmel gevögelt zu werden, schließlich auch etwas für sich hatte, wie ihr Unterleib ihr eindeutig verriet, während sie darüber nachdachte und sich das Bild dieses sexy Mannes partout nicht verflüchtigen wollte.

      Woher kam auf einmal diese Sehnsucht, dieser unbändige Wunsch nach prickelndem Sex? Ja genau das war es; sie wollte heiße, sündige Erotik erleben!

      Sylvia verstand sich selbst kaum mehr. Es war zum aus der Haut fahren.

      Sie musste feststellen, dass über diese seltsam verruchten Gedanken selbst ihr Kaffee lauwarm geworden war. Sie schüttete ihn in der Spüle aus, öffnete kurz den Wasserhahn, damit die hässlichen Kaffeereste weggespült wurden und sah zu, dass sie aus dem Haus kam um ihre U-Bahn noch rechtzeitig zu erreichen. Diesen Triumph wollte sie Frau Solcher unter keinen Umständen gönnen.

      Zum Mittagessen ging sie, wie gewöhnlich, mit Kolleginnen aus der Abteilung in die Kantine. Heute fiel es ihr jedoch nicht leicht, sich an dem üblichen Klatsch und Tratsch Geschichten zu beteiligen, mit denen sie normalerweise gemeinsam, die eher schale Kantinenkost würzten. Dennoch erledigte sie ihre Arbeit so routiniert und effektiv, wie man es von ihr gewohnt war.

      Gegen 15:00 Uhr tobte ihr Smartphone kurz auf dem Schreibtisch herum, um ihr vibrierend die Ankunft einer Textnachricht von Götz mitzuteilen: Hallo Schatz, bei mir wird es heute später. Tut mir leid. Warte besser nicht auf mich mit dem Abendbrot. Ich liebe dich!

      Nicht nur, dass er mal wieder später heimkommen würde; nein, er hatte es schlichtweg vergessen! Dabei hatten sie heute Abend gemeinsam essen gehen wollen. Enttäuscht rief sie beim Italiener an, den sie gelegentlich besuchten und stornierte mit kargen Worten die Tischreservierung.

      Die Antwort an Götz bestand nicht in einer SMS, sondern in der Manifestation des Entschlusses, nach Feierabend in das Café zu gehen und sich ratsuchend an den Kellner zu wenden.

      Gegen viertel vor fünf, schlenderte Sylvia über den Schlossplatz, am Café vorbei. Aus den Augenwinkeln scannte sie die Sitzplätze des Außenbereichs möglichst unauffällig ab, konnte jedoch niemand Bekanntes entdecken. Schließlich beschloss sie vorzugeben auf die Toilette zu müssen, um sich auch im Inneren des Cafés zu vergewissern. Da sie hier mehr oder weniger regelmäßig zu Gast war, würde ihr schon niemand verwehren die Toilette zu besuchen. Der junge Kellner verrichtete auch heute seinen Dienst. Er hatte sie gleich erkannt und ihr freundlich zugenickt, während er geschickt einige Kuchenteller und Tassen auf einem Tablett durch den Gastraum balancierte. Sie suchte die Toilette auf, wusch sich die Hände und nahm, ein klein wenig enttäuscht, an einem der wenigen noch freien Tische im Außenbereich Platz.

      Der Kellner erschien recht zügig, und Sylvia bestellte ihren üblichen Latte Macchiato, ohne es jedoch zu wagen, ihn nach dem Paar von gestern zu fragen. Sie nahm ihren Krimi aus der Handtasche, setzte ihre Sonnenbrille auf und versuchte sich auf die Geschehnisse ihres Romans zu konzentrieren. Mit mäßigem Erfolg. Heute war sie kaum in der Lage, dem innerstädtischen Lärmpegel der Fußgängerzone der Landeshauptstadt zu trotzen. Während sie ihn an anderen Tagen schon als eine seicht dahinfließende Hintergrundmusik wahrgenommen hatte, empfand sie ihn heute lediglich als störende Belastung.


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