Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis. Alfred Bekker

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Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis - Alfred Bekker


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Erben haben letztlich nur einen Anspruch auf dieses Pflichtteil. Das könnte nur entfallen, wenn sie offiziell enterbt werden. Doch dazu muss es sehr gute Gründe geben.“

      „Verstehe ich Sie richtig, dass der letzte übrig gebliebene dieser sechs dann alles erhält?“

      Der Notar schüttelte den Kopf. „Nein, das war der Gemeinschaft dann wohl doch zu viel des Guten. Nach dem dritten Tod ist Schluss. Der Rest wird auf die drei Überlebenden verteilt und dann ganz normal weiter vererbt. Insofern denke ich, dass es keine weiteren Morde geben wird, falls jemand wirklich aus diesem Grund für die Todesfälle verantwortlich ist.“

      Winkels dachte kurz nach.

      „Nach dem jetzigen Stand der Dinge würden die noch lebenden Teilnehmer der Tipp-Gemeinschaft also jeweils den doppelten Anteil erhalten.“

      „Das ist korrekt.“

      „Dann wäre es logisch, den Täter unter den Erben dieser Personen zu suchen.“

      „Ich bin kein Ermittler“, sagte Haferkamp steif.

      „Gibt es überhaupt Erben?“

      „Ja, ich glaube, schon. Wenn ich mich recht erinnere, ist nur Frau Weber kinderlos. Sie ist jedoch verheiratet und lebt mit ihrem Mann zusammen.“

      Winkels erhob sich.

      „Herr Doktor Haferkamp, Sie haben mir bei den Ermittlungen sehr geholfen. Jetzt können wir unsere Untersuchungen gezielt fortsetzen. Und vielleicht haben Sie dazu beigetragen, weiteres Unheil zu vermeiden, wenn es uns jetzt gelingt, dem Mörder rechtzeitig das Handwerk zu legen.“

      Tjade Winkels fühlte sich sehr beschwingt, als er das Notariat verließ.

      *

      Der pensionierte Kriminalhauptkommissar fühlte sich in der Seniorenresidenz Waldfrieden schon fast wie zu Hause. Doch wenn er es recht bedachte, war es noch ein wenig früh für den Umzug in ein Altenheim.

      Tjade Winkels hatte die Absicht, Helmut Stolte noch einmal aufzusuchen. Dieser Heimbewohner war sehr mitteilsam gewesen, und er hatte auch eine Menge gewusst. Vielleicht konnte er ihm ebenfalls Informationen zu den Erben der bisher überlebenden Seniorentruppe liefern. Tjade wollte erst mit Dröver reden, wenn er mehr wusste.

      Tjade brauchte nur einmal zu klopfen, dann stand der Rentner schon vor ihm. „Ah, der Herr Kommissar! Moin übrigens! Kommen Sie herein.“

      Winkels folgte ihm in den Raum, der noch genauso aussah wie bei seinem ersten Besuch.

      „Wir gehen auf den Balkon“, empfahl Stolte. „Dort gibt es jetzt Schatten, und man ist an der Luft.“

      Winkels nahm auf dem angebotenen Korbstuhl Platz. Stolte ließ sich gegenüber nieder und sah ihn gespannt an. „Sie haben sicher noch weitere Fragen. Ich habe in der Zwischenzeit viel nachgedacht, und ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass die arme Erna gesprungen sein soll. Sie war doch noch so lebenslustig! So jemand nimmt sich doch nicht das Leben, oder was meinen Sie?“

      „Es wird noch ermittelt“, gab Tjade vage zur Antwort.

      Stolte nickte verständnisvoll.

      „Ich habe jede Zeile in den Zeitungen gelesen, und es ist kein angenehmer Gedanke, dass ein Mörder frei herumläuft, der es auf alte Menschen abgesehen hat.“

      „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Der Mörder hat es nur auf ganz bestimmte Menschen abgesehen.“

      Jetzt war Stoltes Neugier in höchstem Maße geweckt. Er leckte sich über die Lippen. „So?“

      Winkels ging nicht weiter auf diesen Aspekt ein.

      „Uns interessieren einige andere Insassen dieses Heimes. Sie haben mir ja von dieser Gruppe erzählt…“

      „Ja, und die Hälfte von ihnen ist tot“, unterbrach Stolte.

      Winkels ließ sich nicht beirren. „Sie haben mir die Namen der Mitglieder dieser Gruppe genannt, zum Beispiel Karl Ahlsen und Heinz Bartels. Über sie würde ich gern mehr erfahren.“

      „Die Martha gehört auch noch dazu.“

      „Martha Weber, ich weiß. Darauf komme ich später zurück. Bleiben wir doch bei den beiden Herren. Wissen Sie, ob es Kinder oder Enkelkinder gibt?“

      Stolte nickte heftig. „Karl Ahlsen hat zwei Söhne.“

      „Wie alt sind sie?“

      „Sie waren beide schon hier, aber nie zusammen und nicht sehr oft. Sie dürften so Mitte Vierzig sein, nicht weit auseinander. Ihre Namen kenne ich nicht. Karl hat immer nur von dem verdammten Pack gesprochen. Sie stammen von seiner ersten Frau, die schon lange tot ist. Seine zweite Frau hat sich scheiden lassen, und Karl hat immer geklagt, dass daran nur die beiden Nichtsnutze schuld seien.“

      „Leben die beiden in Aurich?“

      „Ich glaube, schon. Karl hat immer erklärt, dass sie zu faul zum Arbeiten seien. Er würde schon verhindern, dass sie nach seinem Tod ihr Lotterleben auf seine Kosten fortsetzen könnten. Ich weiß nicht, wie er das gemeint hat, aber so hat er es ausgedrückt.“

      Winkels musste sich Mühe geben, aus dem Gehörten keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen. Es galt immer noch die Unschuldsvermutung.

      „Gab es außer den beiden noch andere Erben? Enkel oder Geschwister?“

      „Er hat nie etwas von Geschwistern erzählt. Enkel gibt es meines Wissens nicht.“

      Winkels überdachte die Informationen, ehe er fortfuhr.

      „Wissen Sie auch, wie es bei Herrn Bartels mit der Verwandtschaft steht?“

      Stolte lehnte sich zurück und starrte in den Park, der das Seniorenheim umgab.

      „Heinz hat zwei Kinder. Eine Tochter, die verheiratet ist und ebenfalls zwei Kinder hat, wenn ich mich recht erinnere. Sie lebt mit ihrer Familie in Oldenburg und ist selten hier. Dann hat er noch einen Sohn. Der muss um die dreißig sein und lebt bei seiner Stiefmutter.“

      „Also bei der Frau von Heinz Bartels?“ vergewisserte sich Winkels.

      „Genau! Also bei seiner zweiten Frau. Die erste ist schon vor längerer Zeit gestorben.“

      Stoltes Augen glänzten. Die saftigen Geschichten schienen seine Lebensgeister zu wecken.

      „Sie hat seit Jahren mit Heinz kein Wort mehr gesprochen. Den Grund kenne ich allerdings nicht. Der Sohn, Holger, kommt gelegentlich vorbei. Viel zu sagen hat er sich auch nicht mit seinem alten Herrn.“

      „Etwas ungewöhnlich, wenn ein dreißigjähriger Mann noch bei seiner Mutter beziehungsweise bei seiner Stiefmutter lebt“, stellte Winkels fest. „Hat er keine Partnerin?“

      Stolte zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Jedenfalls kommt er immer allein. Heinz hat mir mal erzählt, dass sein lieber Sohnemann nur hinter dem Geld her ist. Er hätte nichts Vernünftiges gelernt und gibt das bisschen Geld, das er verdient, für Alkohol und Zigaretten aus. Bei seiner Stiefmutter wohnt er umsonst. Ihr gehört das Haus, in dem sie leben. Die beiden scheinen ein Herz und eine Seele zu sein.“

      Er unterbrach sich. „Es gibt da so Gerüchte…“

      „Was für Gerüchte?“

      „Na, dass der Holger und seine Stiefmutter… Sie wissen schon..“

      Winkels gab nicht viel auf Gerüchte und ähnlichen Klatsch.

      „Hat Herr Bartels denn auch darüber gesprochen, ob er ein Testament hat?“

      „Jetzt, wo Sie fragen – das ist schon merkwürdig. Er hat ganz ähnlich darüber gesprochen wie Karl Ahlsen.“

      „Das heißt?“

      „Er wollte dem Erbschleicher, wie er sich ausdrückte, am liebsten gar nichts


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