Der 15. Schläger. Bob Rotella

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Der 15. Schläger - Bob Rotella


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Runde der Clubmeisterschaft, für andere vielleicht nur eine Runde mit dem Chef, oder der Moment, in dem ein Spieler auf das 18. Grün geht und ein anderer ihm sagt, dass er zum ersten Mal unter 80 liegen wird, wenn er jetzt noch das Par spielt.

      Spieler mit ausreichend Selbstbewusstsein halten diesem Druck stand. Sie wissen, dass sie nicht unbedingt perfekt spielen müssen, um erfolgreich zu sein. Wenn Tiger dächte, er könne nur erfolgreich sein, wenn der Abschlag jedes Mal auf dem Fairway landet, wie viele Turniere hätte er dann wohl gewonnen? Selbstbewusste Spieler wissen, dass sie auch dann einen Weg finden werden, der sie zum Sieg führt, wenn sie nicht perfekt spielen. Deshalb sind sie sehr geduldig. Natürlich spüren sie auch die Schmetterlinge im Bauch, wie alle anderen Spieler, aber sie lassen sich davon nicht beeinflussen. Für sie ist jeder Schlag gleich wichtig oder unwichtig. Sie spielen mit derselben ruhigen Konzentration, wie im Training. Sie halten sich immer an dieselbe Routine vor einem Schlag, auch wenn sie dadurch vermeintlich erst unter Druck geraten sind. Und sie gewinnen natürlich auch nicht immer, aber sehr oft.

      Spieler mit zu wenig Selbstvertrauen reagieren unter Druck ganz anders. Sie denken nicht mehr daran, dass Erfolg nichts mit Perfektion zu tun hat. Brächte nur eine perfekte Runde den Erfolg, wie hätte dann Angel Cabrera die U.S. Open 2007 gewinnen können, nachdem er zwei der letzten drei Löcher mit einem Bogey spielte? Durch das Streben nach Perfektion verkrampfen viele Spieler nur. Sie strengen sich noch mehr an. Jeder einzelne Schlag ist für sie wichtiger, als er es sein sollte. Und dann geraten sie schon beim ersten Nervenflattern in Panik. Anstatt daran zu denken, wie oft sie eine Herausforderung schon erfolgreich bestanden haben, fällt ihnen nur ein, wie oft sie schon versagt haben. Plötzlich halten sie sich nicht mehr an die Routine vor dem Schlag. Sie machen so viele Probeschwünge, dass ihre Gedanken abschweifen oder überhaupt keinen Probeschwung mehr und schlagen noch hektischer als sonst. Sie spielen nicht mehr so gut, wie vor der Drucksituation. Und sie gehen mit dem Gefühl des Versagens vom Platz.

      Vielleicht erkennen sie sogar, dass sie nur aus Mangel an Selbstbewusstsein gescheitert sind. Aber wenn ich versuche, auf diesen Punkt näher einzugehen, stellt sich meist schnell heraus, dass sie gar nicht wissen, was Selbstvertrauen eigentlich ist, wie man es entwickelt und wie man es behält.

      Von Spielern höre ich oft: „Wenn ich alle Teile meines Spiels so beherrsche, wie ich es möchte, dann wird auch mein Selbstvertrauen stimmen.“ In anderen Worten, an dem Tag, an dem alle Abschläge weit und gerade fliegen, alle Eisenschläge direkt an der Fahne liegen bleiben und jeder Putt fällt, werden sie endlich glauben, dass sie tatsächlich gewinnen können.

      Diese Einstellung nenne ich „Schwungvertrauen“. Leider handelt es sich dabei um eine Chimäre. Egal, wie talentiert ein Spieler ist und wie oft er trainiert, er wird ungefähr so oft technisch perfekt spielen, wie man es schafft, quer durch Los Angeles zu fahren, ohne in einen größeren Stau zu geraten. Das ist die Natur des Golfspiels. Die technischen Abläufe sind sehr komplex. Vieles kann schief gehen. Und irgendetwas geht immer schief. Wenn Ihr Selbstvertrauen darauf basiert, dass alle technischen Abläufe perfekt funktionieren, verlieren Sie es, sobald ein einziger Schlag danebengeht. Ben Hogan sagte immer, für ihn sei eine Runde gut verlaufen, auf der er zwei oder drei perfekte Schläge hatte. Wenn schon Hogan nicht mehr erwartete, wie lange glauben Sie wird Ihr Schwungvertrauen die nächste Drucksituation überdauern?

      Schwungvertrauen hilft Ihnen unter Druck fast nie weiter. Eine andere Art von Vertrauen schon. Dieses Vertrauen kommt aus dem Innersten des Spielers und hängt nicht davon ab, wie er an einem bestimmten Tag den Ball trifft. Nennen wir es doch echtes Selbstvertrauen. Ein Spieler mit echtem Selbstvertrauen glaubt, dass er auch an einem nur durchschnittlichen Tag besser spielen kann, als seine Konkurrenten. Er muss den Ball gar nicht perfekt treffen. Trotzdem macht er seine Punkte, trotzdem kann er gewinnen.

      Wenn ich das erkläre, höre ich von Spielern oft Aussagen wie: „Klar, wenn ich das Talent von Tiger Woods hätte, und wenn auch ich schon als Kind viele Turniere gewonnen hätte, und wenn auch ich Eltern gehabt hätte, die mir immer sagten, dass ich ein exzellenter Golfer werden würde, dann hätte auch ich echtes Selbstvertrauen, so wie Tiger Woods. Aber bei mir war das nicht so.“

      Wenn Sie wirklich ein Golfer mit echtem Selbstvertrauen werden wollen, dann lassen Sie diese Art Logik schnellstens hinter sich.

      Wenn Sie unter Druck gut spielen wollen, müssen Sie von Ihrem Talent mehr überzeugt sein, als vom Talent der anderen Spieler. Wenn Sie meinen, andere hätten mehr Talent als Sie, dann melden Sie sich am besten gar nicht erst zu einem Turnier an.

      Jetzt werden Sie einwenden: „Aber es ist doch ganz offensichtlich, dass XY mehr Talent hat als ich. Sehen Sie doch nur, um wie viel weiter er den Ball schlägt.“

      Dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass es zwar gut ist, wenn der Ball weit fliegt, dass dieses Talent aber bei einem Turnier ganz sicher nicht ausschlaggebend ist. Was ist denn mit der Genauigkeit? Was ist mit dem kurzen Spiel? Was ist mit dem Putten? Und was ist mit der Willensstärke, die man als Spieler braucht? Die Willensstärke zeigt sich nicht unbedingt auf der Driving Range, ist aber wohl das wichtigste Talent, das ein Spieler besitzen kann. Haben Tiger Woods oder Phil Mickelson ehrfürchtig Bubba Watson bewundert, der die Bälle viel weiter schlägt als sie, und dann gesagt: „Das war’s dann wohl für mich, denn er ist viel talentierter als ich“?

      Tatsache ist, dass Sie gar nicht wissen, wie viel Talent Sie haben, solange Sie nicht mit echtem Selbstvertrauen spielen. Nehmen wir also deshalb an, Sie haben ausreichend Talent, um die Ziele zu erreichen, die Sie gerne erreichen möchten.

      Manche Spieler können dieser Idee vielleicht zustimmen, argumentieren aber trotzdem, dass sie selbst keine Wunderkinder waren und deshalb auch nicht das Selbstvertrauen eines Wunderkindes haben könnten. Wenn man einen Entwicklungsplan für einen Weltklassegolfer erstellen und festlegen könnte, wie sein Leben von frühen Kindesbeinen an verlaufen soll, dann würde man natürlich wollen, dass er möglichst früh und viel gewinnt. Er soll zuerst viele Jugendturniere gewinnen und dann Konkurrenten schlagen, die älter sind als er. Später soll er zum richtigen Zeitpunkt Kontakt mit erfolgreichen Profispielern bekommen, damit er mit ihnen das eine oder andere Freundschaftsmatch austragen und dabei feststellen kann, dass deren physische Voraussetzungen auch nicht besser sind, als eine eigenen. Er soll also möglichst so aufwachsen wie Jack Nicklaus, Bobby Jones oder Tiger Woods.

      Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit, ein selbstbewusster Turnierspieler zu werden. Jones, Nicklaus und Woods sind nicht die einzigen hervorragenden Spieler. Viele der besten Golfer waren Spätzünder. Sie sollten eigentlich unsere Vorbilder sein.

      Denken Sie an einen Spieler wie Fred Funk. Seine Familie war nicht Mitglied in einem Country Club. Er war während seines Studiums in Maryland nicht amerikanischer Universitätsmeister. Er ging Pleite bei seinem ersten Versuch auf einer Mini-Tour. Als er Mitte 20 war, verdiente er sein Geld als Golflehrer und Zeitungsausträger. Auf die PGA-Tour schaffte er es erst mit über 30. Seine Abschläge waren nie besonders lang, aber er hat nie aufgehört, an sich zu glauben. Und dieser Glaube war die Grundlage für seine unglaubliche Trainingsmoral. Er hat so manches Wedge kaputtgespielt, als er sein kurzes Spiel trainierte. Als er über 40 war, wurde er zu einem der erfolgreichsten Spieler auf der Tour. Er schaffte es in die Teams für den Ryder Cup und den Presidents Cup. Er gewann die Players Championship. Und er gewinnt heute noch immer Turniere, während einige der Wunderkinder seiner Generation längst in Vergessenheit geraten sind.

      Aus unerfindlichen Gründen fällt es manchen Spielern leichter, Beispiele wie Fred Funk zu ignorieren und sich darauf zu versteifen, dass sie selbst nicht wie Tiger Woods sind. Sie haben alle gelesen, wie Earl Woods seinen Sohn von Anfang an zu einem richtigen Champion erzogen hat. Sie haben gelesen, dass er Tiger immer sagte, er werde einmal berühmt sein. Sie haben gelesen, wie Tigers Mutter Kultida ihren Sohn Disziplin und Härte lehrte. Und alle sagen sie, dass sie einfach nicht so aufgewachsen sind. Sie hatten ganz normale Eltern, die nicht wollten, dass ihr Kind zu selbstbewusst wird.

      Als Erstes ist festzustellen, dass wir gar nicht wissen, wie Tigers Kindheit wirklich war. Wir wissen nur, woran Earl und Tiger Woods sich erinnern und worüber sie in der Öffentlichkeit gesprochen haben. Weder in ihrem Haus, noch im Auto, wenn Kultida Woods ihren Sohn zu den Juniorturnieren fuhr, waren Kameras oder Videorecorder dabei.


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