Reise um den Mond. Jules Verne

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Reise um den Mond - Jules Verne


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entgegnete Barbicane, »wundert mich. Diese Gefahr hatten wir nämlich nicht eingeplant.«

      »Ich habe die Befürchtung gehabt«, sagte Nicholl.

      »Und du hast uns nichts davon gesagt, edelmütiger Kapitän!«, rief Michel Ardan und drückte seinem Gefährten die Hand.

      Indessen fuhr Barbicane bei seiner Einrichtung im Projektil fort, als sollte er es nie mehr verlassen.

      Wir erinnern uns, dass dieses Luftgefährt einen Fußboden von 54 Quadratfüßen aufwies und bis zur Spitze der gewölbten Decke 12 Fuß hoch war. Bei geschickter Ausnutzung des Raumes, ohne Überladung mit Instrumenten und Reisegeräten, welche sämtlich ihre besondere Stelle hatten, blieb den drei Bewohnern noch eine gewisse Bewegungsfreiheit. Das dicke Glasfenster, welches in einen Teil des Bodens eingelassen war, konnte ein beträchtliches Gewicht tragen, sodass Barbicane und seine Gefährten auf demselben wie auf festem Zimmerboden herumspazierten. Aber die Sonne, welche ihre Strahlen direkt darauf warf und das Innere des Projektils von unten beleuchtete, schuf eigentümliche Lichteffekte.

      Man begann damit, den Zustand der Behälter für Wasser und Lebensmittel in Augenschein zu nehmen. Dieselben hatten infolge der gegen den Rückstoß getroffenen Vorkehrungen durchaus nicht gelitten. Lebensmittel waren reichlich für ein volles Jahr vorhanden. Barbicane wollte sich für den Fall vorsehen, dass das Projektil an einem durchaus unfruchtbaren Teil des Mondes anlangen würde. Wasser und Branntwein hatte man nur für zwei Monate mitgenommen. Aber nach den neuesten astronomischen Beobachtungen hat der Mond eine niedrige, dichte Atmosphäre, wenigstens in den Talgründen, sodass es da an Bächen und Quellen nicht mangeln konnte. Daher sollten die abenteuerlichen Forscher während der Fahrt und des ersten Jahres ihrer Einrichtung auf dem Mondland weder Hunger noch Durst zu leiden haben.

      Wie stand es nun mit der Luft im Innern des Projektils. Auch in dieser Hinsicht konnte man völlig beruhigt sein. Der Apparat ›Reiset et Regnaut‹, mit dessen Hilfe Sauerstoff erzeugt werden sollte, war für zwei Monate mit chlorsaurem Kali versehen. Es verzehrte notwendig eine gewisse Menge an Gas, aber man hatte auch in dieser Hinsicht vorgesorgt. Übrigens bedurfte der Apparat nur wenig Überwachung: er arbeitete vollautomatisch. Bei dieser hohen Temperatur gab das chlorsaure Kali bei seiner Verwandlung in salzsaures Kali allen Sauerstoff, welchen es enthielt, frei. Und was ergaben 18 Pfund chlorsaures Kali? Die 7 Pfund Sauerstoff, welche zum täglichen Verbrauch der Bewohner des Projektils benötigt wurden. Aber es genügte nicht, den verbrauchten Sauerstoff zu ersetzen, man musste auch das durch das Ausatmen erzeugte Kohlendioxid vernichten. Nun war die Luft in der Kugel bereits seit zwölf Stunden mit diesem durchaus schädlichen Gas, welches beim Atmen durch die Umwandlung aus Sauerstoff entsteht, aufgefüllt. Nicholl nahm die schlechte Luft an der Reaktion, wie Diana mühselig keuchte, wahr. In der Tat verdichtete sich der Kohlendioxidgehalt – ein Zustand wie der in der berühmten Hundsgrotte – am Boden des Projektils. Die arme Diana musste mit ihrem herabgesenkten Kopf also früher als ihre Herren das bedrohliche Gas spüren. Kapitän Nicholl beeilte sich jedoch, diesem Zustand Abhilfe zu leisten. Dazu stellte er einige Gefäße mit kaustischem Kali auf den Boden des Projektils, schüttelte ein wenig und diese, das Kohlendioxid gierig aufsaugende Substanz reinigte vollständig die Luft im Inneren.

      Daraufhin wurden die Instrumente begutachtet. Die Thermometer und die Barometer hatten alles gut überstanden, nur bei einem kleinen Thermometer war das Glas gesprungen. Ein erstklassiges Instrument wurde aus seinem Futteral gezogen und an der Wand aufgehängt. Natürlich zeigte es nur den Luftdruck im Innern des Projektils an, dazu aber auch die Menge an Luftfeuchtigkeit, die im Projektil vorhanden war. Im Augenblick schwankte seine Nadel zwischen 765 und 760 Millimetern. Das hieß: ›schönes Wetter‹.

      Daneben waren auch einige Kompasse, die Barbicane mitgenommen hatte, unversehrt geblieben. Unter den gegebenen Bedingungen war es allerdings verständlich, dass ihre Nadeln kreisten, d.h. nicht in eine bestimmte Richtung wiesen. Dies lag daran, dass durch die Entfernung des Projektils von der Erde der magnetische Pol keine erkennbare Wirkung auf das Gerät ausüben konnte. Doch konnten mit diesen Magnetkompassen, sobald man auf dem Mond angekommen war, dort vielleicht eigentümliche Erscheinungen beobachtet werden. Jedenfalls war es interessant zu untersuchen, ob der Erdtrabant gleich der Erde dem magnetischen Einfluss unterworfen sei.

      Ein Höhenmesser zur Messung der Höhe der Mondberge, ein Sextant, mit dem man die Entfernung der Sterne bestimmen konnte, ein Winkelmessgerät, das als Flächenmesser und zur Winkelbestimmung am Horizont eingesetzt wird, Fernrohre, die bei der Annäherung an den Mond sehr gut zu gebrauchen waren: Alle diese Instrumente wurden unter sorgfältiger Inaugenscheinnahme als funktionsfähig befunden, und dies, obwohl sie einem derartig heftigen Rückstoß standgehalten haben mussten.

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      Die Geräte, Hacken und Schaufeln, die verschiedenen Werkzeuge, die Nicholl sorgfältig ausgewählt hatte, die Säcke voll verschiedenen Saatgutes, die jungen Bäume, die Michel Ardan auf den Landgütern der Seleniten anzupflanzen gedachte: Alles befand sich in den oberen Räumen an den dafür vorgesehenen Plätzen. Dort gab es eine Art Speicher, angefüllt mit Geräten, die der Franzose eigenhändig aufgestapelt hatte. Um was für Geräte es sich dabei im Einzelnen handelte, wusste keiner so richtig, und darüber ließ sich der heitere Geselle auch nicht weiter aus. Von Zeit zu Zeit stieg er über Eisenhaken, die an den Wänden fest genietet waren, zu dieser Vorratskammer, deren Begutachtung er sich vorbehalten hatte, hinauf. Dort räumte er auf und ordnete alles, griff begierig in einige geheimnisvolle Kisten und sang dabei mit seiner Falsettstimme eine alte französische Weise, die zur allgemeinen Erheiterung beitrug.

      Mit Vergnügen stellte Barbicane fest, dass seine Raketen und die künstlichen Feuerwerke nicht beschädigt worden waren. Diese voll geladenen Artikel besaßen den vorgesehenen Zweck, den Aufprall des Projektils zu mindern, wenn es nach der Durchdringung des schwerelosen Raumes der Anziehungskraft des Mondes ausgesetzt war und auf die Mondoberfläche fallen würde. Wenn man das Verhältnis der verschiedenen Massen von Erde und Mond als Maßstab nahm, musste der Fall auf den Mond indessen sechsmal weniger stark erfolgen als der Aufprall auf die Erde.

      Insgesamt fiel die Musterung der mitgeführten Gerätschaften also zu allgemeiner Befriedigung aus. Danach begab sich jeder der drei Reisenden wieder an die Fensterluken an den Seiten und am Boden, um in den Weltraum hinauszublicken.

      Überall herrschte derselbe Anblick. Der unüberschaubare Weltraum, angefüllt mit wunderschön glänzenden Sternen und Sternbildern, konnte einen Astronomen schon entzücken. Auf der einen Seite hob sich die Sonne, die wie die Öffnung eines Glutofens eine blendende Scheibe ohne eigenen Lichtring darstellte, von dem dunklen Hintergrund des Weltraums ab. Auf der anderen Seite der Mond, die Sonnenstrahlen zurückwerfend und inmitten der Sternenwelt wie unbeweglich. Und als drittes ein ziemlich großer Planet, der im Weltraum ein Loch zu bilden schien und dessen eine Hälfte am Rande mit einem silbernen Saum umgeben war: Das war die Erde. Hier und da waren zusammengeballte Nebelfelder, die wie dicke Flocken aus Sternenschnee aussahen, zu erkennen und vom Zenit bis zum Nadir erstreckte sich ein unermesslich großer Ring aus Sternenstaub, jene Milchstraße eben, in deren Mitte die Sonne nur als Stern vierter Ordnung angesehen wird!

      Die Beobachter konnten von diesem so noch nie gesehenen Schauspiel, wovon keine Beschreibung je einen Begriff geben konnte, ihren Blick nicht abwenden. Zu welchen Gedanken verführte dieser Anblick? Welche unbekannten Gefühle stiegen dabei in der Seele auf? Von diesen Eindrücken bewegt, entschloss sich Barbicane dazu, seinen Reisebericht zu beginnen und er beschrieb Stunde für Stunde alle die Ereignisse, die den Anfang der Unternehmung betrafen. Ruhig schrieb er mit seiner starken, fetten Handschrift und in einem etwas handelsmäßigen Stil.

      Unterdessen überprüfte der Rechner Nicholl seine auf die Bahnen bezogenen Formeln, und er verfuhr dabei mit den Zahlen so gewandt, dass es keinen Vergleich dazu gab. Michel Ardan plauderte bald mit Barbicane, der ihm nicht antwortete, bald mit Nicholl, der ihm nicht zuhörte, bald mit Diana, die von seinen Theorien nichts verstehen konnte, am Ende mit sich selbst. Er warf Fragen auf und beantwortete sie, ging hin und her und beschäftigte sich mit tausend Kleinigkeiten, manchmal zum Bodenfenster hinabgebeugt, manchmal im Speicher hockend, aber stets mit halblautem Gesang. In dieser kleinen Welt repräsentierte


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