666 Der Tod des Hexers. Micha Krämer

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666 Der Tod des Hexers - Micha Krämer


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und zückte sein Handy. Nina ging derweil zu den beiden uniformierten Kollegen der Schutzpolizei, die abseits bei einem Streifenwagen standen und sich mit einem Feuerwehrmann unterhielten. Dabei überschlugen sich die Gedanken in ihrem Kopf. Die dringlichste Frage war derzeit, um wen es sich bei dem Toten handelte. Seine Kleidung, soweit er welche getragen hatte, schien das Feuer bereits komplett vernichtet zu haben. So etwas ging immer sehr schnell. Ein Körper hingegen brannte nur äußerst schlecht. In Filmen wurde das immer ziemlich simpel dargestellt. Da reichte oft schon ein Kanister Benzin, um einen Leichnam zu verbrennen. In der Realität sah dies allerdings anders aus. Es brauchte eine Menge Energie und Brennstoff, um einen Leichnam zu beseitigen. Sollte der Tote Ausweispapiere dabeigehabt haben, waren diese vermutlich vollständig verbrannt oder lagen vielleicht noch irgendwo in der Umgebung. Sie würden alle Kräfte benötigen, die sie zusammenziehen konnten, um jeden Stein und jeden Grashalm im näheren Umkreis umzudrehen. Außerdem würden sie checken müssen, ob in den letzten Stunden jemand als vermisst gemeldet worden war. Alles in allem wartete eine Menge Arbeit auf sie und das Team.

      Sarika ging es mies. Wenn sie nicht so nötig aufs Klo gemusst hätte, wäre sie auch nicht aufgestanden, sondern hätte vermutlich den ganzen Tag verpennt. Sie schlurfte zur Toilette, erledigte, was zu erledigen war, und trottete dann weiter in die Küche, um ein Glas Wasser gegen ihren Mordsdurst zu trinken.

      „Guten Morgen, mein Sonnenschein“, begrüßte ihr Papa Klaus sie.

      Sie presste etwas hervor, das entfernt an ein „Moin“ erinnerte, und nahm sich ein Glas aus dem Schrank. Wie konnte einer am frühen Sonntagmittag nur so gut gelaunt sein, wie ihr Erzeuger es immer war?

      „Und wie war dein Abend noch?“, wollte er nun auch noch wissen.

      „Ganz nett“, antwortete sie jetzt einfach mal. Was sollte sie auch sonst sagen? Sie hatten bis spät in die Nacht bei ihrer Freundin Selina im Garten gefeiert. Außer der Band war auch noch so ziemlich ihre komplette Abistufe dort gewesen. Irgendwann hatte Sarika dann keinen Bock mehr gehabt und nur noch nach Hause gewollt. Leon Balke, ein Schulkamerad von ihr, der, warum auch immer, ebenfalls auf der Fete gewesen war, hatte sich angeboten, sie nach Hause zu fahren. Eine nette Geste des Jungen, mit dem sie in den letzten anderthalb Jahren, seit sie auf diese Schule ging, noch kein Wort gewechselt hatte. Eine Konversation auf dem nächtlichen Nachhauseweg war ebenfalls gescheitert, da sie, kaum bei ihm eingestiegen, auch zum ersten Mal weggenickt war und er sie erst hier in der Einfahrt wieder geweckt hatte.

      Sie füllte das Glas randvoll mit Leitungswasser, tapste zum Tisch und ließ sich auf die Eckbank sinken.

      „Es gibt auch noch Kaffee“, sagte Klaus.

      Sarika nickte. Ein Kaffee käme nach dem Wasser ganz gut. Der trockene Geschmack in ihrem Mund war widerlich.

      „Mit Milch und einer Kopfschmerztablette dabei?“, erkundigte Klaus sich. Sie sah ihn an und zwang sich zu einem Lächeln.

      „Boahhhh, Papa … Das is echt nicht komisch“, sagte sie und trank dann einen Schluck. Er kicherte und erhob sich.

      Sarika legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sie hörte, wie er eine Tasse aus dem Schrank nahm, sie füllte und die Milch einrührte.

      „Bitte schön“, sagte er schließlich und stellte die Tasse vor sie auf den Tisch. Als Sarika hinsah, lagen neben dem Kaffeepott tatsächlich eine weiße Tablette und ihr Handy.

      „Danke, Papa. Wo kommt denen jetzt mein Handy her?“, wunderte sie sich. Vorhin in ihrem Zimmer war ihr zwar kurz aufgefallen, dass es nicht da war, den noch hatte sie keinen weiteren Gedanken daran verschwendet.

      „Das steckte noch in deiner Jeansjacke. Zusammen mit deinem Portemonnaie, einigen Schmierzetteln und benutztem Kaugummipapier“, erwiderte er und setzte sich wieder zu ihr an den Tisch. Erst jetzt bemerkte sie die Gitarre, die neben Werk- und Reinigungszeugs vor ihm lag. Es handelte sich um ihre pinkfarbene Jem 777 Steve Vai Signature. Die, die sie gestern beim Auftritt gespielt hatte.

      „Ähm … Warum wühlst du in meinen Taschen? Und was machst du da mit meiner Ibanez?“, erkundigte sie sich leicht irritiert.

      „Die Jacke lag total verdreckt auf dem Boden vor der Garderobe. Ich hab’ die Taschen entleert und sie zusammen mit der anderen Wäsche in die Waschmaschine gesteckt“, antwortete er und hob dann die Gitarre ein Stück an, damit sie die Oberfläche sehen konnte. Das Instrument war, um es gelinde auszudrücken, total versifft. Schweiß, Bier und Haare klebten auf dem neonpinken Lack. Die Saiten waren bräunlich angelaufen. Der ganz normale Wahnsinn nach einem Gig bei fünfunddreißig Grad im Schatten.

      „Ich dachte, ich mach sie mal sauber und zieh dir neue Saiten auf.“

      „Ohhh“, antwortete sie nur, beugte sich dann zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange.

      „Danke, Paps. Wär’ aber nicht nötig gewesen. Ich hätte, solange die Ibanez dreckig ist, halt eine von deinen Klampfen benutzt“, unkte sie.

      „Jepp, und genau deshalb hab’ ich mir gedacht, ich erledige das eben schnell für dich“, lästerte er zurück.

      Mit dem letzten Schluck Wasser nahm sie die Tablette ein und nahm sich dann des Kaffees an. Er tat wahrlich gut. Zwar half der nicht gegen den Kater, doch zumindest der pelzige Geschmack auf ihrer Zunge ließ ein wenig nach.

      „Sag mal, Sarika, war das Blut auf deiner Jacke eigentlich von dir? Hattest du wieder Nasenbluten?“, fragte Klaus, während er den Body der Gitarre mit einem feuchten Tuch abwischte.

      „Ach das … Nee, das war nicht von mir“, antwortete sie und musste nun automatisch wieder an den kleinen Eklat am gestrigen Abend denken.

      Klaus nickte zufrieden, schien aber immer noch auf eine Erklärung zu warten. Obwohl Sarika ihren Vater erst seit etwas über anderthalb Jahren kannte, waren da ein sehr inniges Band und eine große Vertrautheit zwischen ihnen beiden. Ständig bekam sie mit, dass Freunde und Bekannte in ihrem Alter Stress mit den Eltern hatten. Bei ihr war das nicht so. Vielleicht lag es daran, dass sie Klaus erst kennengelernt hatte, als sie bereits erwachsen war. Er war mehr ein guter Freund als ihr Vater. Sie beide hatten so viel gemeinsam. Nicht nur die Musik. Wobei die schon einen besonderen Stellenwert zwischen ihnen einnahm. Musik war einfach ihr beider Ding. Auch das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter Nina würde Sarika als ausgesprochen gut bezeichnen. Nina hatte sie, die Tochter aus einer früheren Beziehung ihres Mannes, mit offenen Armen aufgenommen und respektierte sie so, wie sie war. Klar waren sie nicht immer einer Meinung. Gelegentlich krachte es auch schon mal. Doch nach Regen kam bekanntermaßen auch immer wieder Sonnenschein. Kurzum, Sarika war gerne hier bei ihrem Vater und dessen Familie im Westerwald.

      „Das Blut stammt von Fabrice“, gab sie deshalb zu.

      „Eurem Gesangstalent?“, höhnte Klaus.

      „Ja … nee … Das hat sich gestern Abend ausgesungen mit dem Arsch“, erklärte sie.

      „Ihr habt ihn also endlich gefeuert?“ Die schadenfrohe Erleichterung in seiner Stimme war überdeutlich zu vernehmen. Sarika wusste, dass ihr Vater Fabrice vom ersten Moment an nicht hatte leiden können. Sie hatte das zuerst anders gesehen … anders sehen wollen. Der Typ sah gut aus, seine Gesangsstimme war nicht schlecht, taugte aber für die Art von Musik, die sie machen wollten, nicht wirklich. Fabrice wäre vermutlich in einer Schlagercombo besser aufgehoben. Wenn er lauter oder höher sang, wie es im Metal häufig vorkam, kippte seine Stimme und war nur noch Geschrei abseits der Tonlage. Sarika hatte sich von ihm blenden lassen. Ja, sie hatte sogar einen Moment geglaubt, etwas für ihn zu empfinden. Doch da war sie nicht die Einzige gewesen. Fabrice hatte alles angegraben, was nicht bei drei auf den Bäumen war.

      „Ja, haben wir“, bestätigte sie, obwohl es nicht ganz dem entsprach, was geschehen war. Doch was zählte, war schließlich das Endergebnis.

      „Und? Habt ihr schon jemand Neuen?“, wollte Klaus wissen. Sarika verdrehte die Augen. Irgendwie war ihr das heute Morgen viel zu viel Konversation.

      „Nee,


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