Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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Ergebnis würde gegenwärtig keinem von uns beiden eine Freude machen.«

      »Aber wenn ich mir jetzt nicht ein Bild von Ihnen mache, werde ich vielleicht nie wieder eine Gelegenheit dazu bekommen.«

      »Nun, ich will natürlich kein Spielverderber sein«, erwiderte er kühl.

      Danach sprachen sie nicht mehr, und der Tanz ging im Schweigen zu Ende. Als sie sich getrennt hatten, blieb bei beiden ein Gefühl des Unbefriedigtseins zurück, wenn es auch verschiedenen Ursprungs war; denn Darcy verspürte eine Zuneigung zu ihr, die stark genug war, um bald ihre Verzeihung zu gewinnen, während sein Zorn sich gegen jemand anders richtete.

      Elisabeth stand nicht lange für sich allein; Miss Bingley eilte auf sie zu und redete sie mit einer Miene höflich verdeckten Unwillens an: »Was höre ich, Miss Elisabeth, Sie sind ganz begeistert von George Wickham? Ihre Schwester hat mit mir über ihn gesprochen und mich tausenderlei gefragt. Dabei fiel mir auf, dass der junge Mann trotz aller Mitteilsamkeit vergessen hat, Ihnen zu berichten, dass sein Vater Verwalter bei dem alten Mr. Darcy war. Aber lassen Sie sich von mir als Ihrer guten Freundin den Rat geben, nicht zu blind allen seinen Behauptungen zu vertrauen. Dass Mr. Darcy ihn schlecht behandelt haben soll, ist zum Beispiel vollständig unwahr; Mr. Darcy ist im Gegenteil immer von einer ungewöhnlichen Langmut und Freundlichkeit gewesen, obwohl Wickham es ihm nie anders als mit der übelsten Undankbarkeit gelohnt hat. Ich kenne die näheren Einzelheiten nicht, aber ich weiß genau, dass Mr. Darcy in keiner Weise Schuld an der Entfremdung trägt, dass er den Namen Wickham in seiner Gegenwart nicht ausgesprochen haben möchte und dass mein Bruder, der ihn von der Einladung an die Offiziere anstandshalber nicht glaubte ausschließen zu können, heilfroh war, als er hörte, dass Mr. Wickham es vorzog, fern zu bleiben. Dass er es überhaupt wagte, hierher aufs Land zu kommen, ist der Gipfel der Unverschämtheit, und ich staune, dass sogar seine Unverfrorenheit sich nicht davor gescheut hat. Es schmerzt mich tief, meine liebe Elisabeth, Ihnen die Illusionen von Ihrem neuen Verehrer so grausam rauben zu müssen. Aber wenn man seine Herkunft bedenkt, dann wundert einen nichts mehr.«

      »Seine Herkunft scheint in Ihren Augen sein größtes Verbrechen zu sein«, entgegnete Elisabeth aufgebracht, »denn die schlimmste Anschuldigung, die Sie vorbringen konnten, war die, dass er der Sohn von Mr. Darcys Verwalter ist — und diesen großen Fehler hat er mir sogleich selbst eingestanden!«

      »Ach, ich muss Sie um Verzeihung bitten«, sagte Caroline und wandte sich mit einem spöttischen Lächeln zum Gehen. »Entschuldigen Sie meine Naseweisheit; sie war gut gemeint.«

      »Eingebildete Pute!« dachte Elisabeth bei sich. »Du irrst dich aber gewaltig, wenn du meinst, mich mit solchen Lächerlichkeiten beeinflussen zu können. Das einzige, was mir daraus immer klarer wird, ist, wie dumm du bist und wie boshaft dein Darcy.«

      Danach ging sie auf die Suche nach ihrer älteren Schwester, die Bingley über dasselbe Thema ausgefragt hatte. Sie traf Jane in einer Heiterkeit und Zufriedenheit, die keinen Zweifel über den guten Verlauf ihres Abends lassen konnten.

      Elisabeth konnte sich unschwer in die Stimmung ihrer Schwester versetzen, und augenblicklich verschwanden ihre Unruhe um Wickham, ihr Ärger über seine Feinde vor der Freude, Jane so glücklich zu sehen.

      »Jetzt musst du mir berichten«, sagte sie mit einem Gesicht, das nicht weniger heiter und zufrieden aussah als das ihrer Schwester, »was du über Wickham in Erfahrung bringen konntest. Aber vielleicht hast du dich zu gut unterhalten, um noch an einen dritten zu denken.«

      »Nein«, antwortete Jane, »ich habe wohl an ihn gedacht. Aber viel kann ich dir nicht erzählen. Mr. Bingley kannte weder die ganze Vergangenheit von Wickham, noch wusste er, weswegen die Freunde sich verfeindeten. Aber er ist bereit, seine Hand für die Rechtlichkeit, den Anstand und die Wahrheitsliebe seines Freundes ins Feuer zu legen, und er zweifelt nicht einen Augenblick daran, dass Mr. Wickham nicht die Hälfte von all dem verdient hat, was er von Mr. Darcy an Freundlichkeit erfahren hat. Es tut mir sehr leid, aber sowohl nach Mr. Bingleys Darstellung wie nach der seiner Schwester scheint Mr. Wickham keineswegs eine sehr wünschenswerte Bekanntschaft zu sein. Ich fürchte, er hat sich sehr unklug betragen und Mr. Darcys Freundschaft mit Recht verloren.«

      »Mr. Bingley kennt Mr. Wickham nicht selbst?«

      »Nein, vor dem Morgen in Meryton hatte er ihn nie gesehen.«

      »Dann ist sein Bericht also nur eine Wiedergabe dessen, was Mr. Darcy ihm erzählt hat. Das genügt mir. Sagte er noch etwas über diese Geschichte mit der Pfarre?«

      »Er konnte sich nicht genau an die näheren Umstände erinnern, obgleich Mr. Darcy sie ihm mehr als einmal erklärt hat; aber er glaubte, dass das Testament sie nur unter einer gewissen Bedingung Wickham zusicherte.«

      »Mr. Bingleys Aufrichtigkeit steht natürlich ganz außer Zweifel«, sagte Elisabeth, »aber du musst schon entschuldigen, dass ich mich nicht überzeugen lasse von dem, was er glaubt und meint. Dass Mr. Bingley so tatkräftig für seinen Freund eintritt, ist gewiss sehr schön; aber da er bloß Bruchstücke der Geschichte kennt und diese nur durch Mr. Darcy, ziehe ich es vor, meine Meinung über die beiden Herren nicht zu ändern.«

      Sie ging dann auf ein anderes Thema über, das beiden mehr Freude machte und über das sie auch nur einer Meinung waren. Elisabeth vernahm mit herzlicher Anteilnahme, wie glücklich und hoffnungsfroh der Verlauf des Abends Jane gestimmt hatte, und sie tat alles, was sie konnte, um die Zuversicht der Schwester zu stärken. Als Bingley auf sie zutrat, wollte Elisabeth wieder ihre Freundin Charlotte aufsuchen. Da tauchte plötzlich Mr. Collins auf und teilte ihr freudig erregt mit, er habe eben durch einen ungewöhnlich glücklichen Zufall eine wichtige Entdeckung gemacht.

      »Nämlich, ein naher Verwandter meiner verehrten Brotherrin befindet sich in diesem Augenblick mit mir unter einem Dach. Ich fing zufällig ein paar Worte im Vorbeigehen auf, die eben dieser Herr an die junge Dame richtete, die das Amt der Hausfrau versieht, und hörte dabei zu meinem Erstaunen, wie er von Miss de Bourgh als von seiner Cousine sprach. Wie seltsam ist doch dieses Zusammentreffen! Wer hätte je gedacht, dass ich auf diesem Fest einen Neffen von Lady Catherine treffen würde. Es erfüllt mich mit tiefster Befriedigung, dass mir diese Entdeckung noch rechtzeitig gelungen ist, so dass ich in der Lage bin, dem Herrn meine Reverenz zu machen, was ich unverzüglich tun werde; ich glaube und hoffe, er wird es mir verzeihen, dass ich es nicht schon eher getan habe. Die Tatsache meiner völligen Unkenntnis dieser verwandtschaftlichen Beziehung muss meine Lässigkeit entschuldigen.«

      »Sie werden Mr. Darcy nicht anreden!«

      »Aber selbstverständlich. Ich werde ihn bitten, Nachsicht mit meiner Versäumnis zu haben. Er ist höchstwahrscheinlich wirklich ein Neffe von Lady Catherine. Ich bin in der glücklichen Lage, ihm auf das Bestimmteste versichern zu können, dass Lady Catherine sich vor vierzehn Tagen äußerst wohl befunden hat.«

      Elisabeth ließ nichts unversucht, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen: sie versuchte, ihm klar zu machen, dass Mr. Darcy seine unerwünschte Vorstellung viel eher als eine unverschämte Aufdringlichkeit ansehen würde denn als eine Artigkeit gegenüber seiner Tante; dass es höchst überflüssig sei, dass sie sich beide kennenlernten, und dass es überdies Mr. Darcy zustehe, den ersten Schritt zu tun, wenn es ihm so beliebe.

      Mr. Collins hörte mit höflicher, aber fest entschlossener Miene zu, und als sie nichts mehr zu sagen wusste, erwiderte er:

      »Meine liebe Elisabeth, Sie wissen, dass ich mich auf keines Menschen Worte lieber verließe als auf die Ihren, solange sie sich auf die Beurteilung von Dingen beziehen, die in Ihrem Erfahrungskreis liegen; aber erlauben Sie mir, Sie darauf hinzuweisen, dass notwendigerweise für die Geistlichkeit andere Formen des gesellschaftlichen Umganges richtunggebend sind als die, die Sie wohl eben meinten. Denn, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten wollen, das schwarze Gewand des Seelenhirten steht in keiner Weise dem Purpurmantel des Königs an Würde nach — vorausgesetzt, dass es stets mit einer gebührenden Bescheidenheit des Herzens getragen wird. Sie werden es mir daher nicht verübeln, wenn ich in diesem Fall der Stimme meiner inneren Überzeugung folge, die mich meine Pflicht zu tun heisst, wie ich es Ihnen soeben auseinandersetzte. Verzeihen Sie, dass ich davon absehe, Ihrem Rat Folge zu leisten, wie ich es sonst und in Zukunft zu tun


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