Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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sich die ganze übrige Gesellschaft schon verabschiedet hatte; die feinfühligeren Mitglieder der Familie fanden so reichlich Musse, feststellen zu können, wie herzlich einige von den Netherfields sie aus dem Hause wünschten. Mrs. Hurst und ihre Schwester Caroline öffneten den Mund lediglich, um zu gähnen und sich für todmüde zu erklären. Sie erwiesen sich gegenüber jedem Versuch Mrs. Bennets, irgendwelches Gespräch anzuknüpfen, als unzugänglich, und das gelangweilte Schweigen, das sich infolgedessen über die Anwesenden breitete, fand eine eintönige Unterbrechung nur durch eine längere Rede Mr. Collins’, in der er Mr. Bingley und seinen Schwestern seine Bewunderung zollte für das gelungene Fest und die Aufmerksamkeit, die sie in so liebenswürdiger Weise ihren Gästen erwiesen hätten. Darcy sagte gar nichts. Mr. Bennet schwieg ebenfalls, genoss aber die Szene innerlich mit großem Behagen. Mr. Bingley und Jane standen ein wenig abseits und unterhielten sich leise miteinander. Elisabeth wetteiferte mit Darcy und ihrem Vater im Schweigen. Und sogar die sonst unermüdliche Lydia war zu abgespannt, um mehr als ein vernehmliches Gähnen zur Unterhaltung beizusteuern.

      Als es dann endlich so weit war, dass man aufbrechen konnte, gab Mrs. Bennet ihrer Hoffnung beredten Ausdruck, alle Netherfielder auch einmal bei sich in Longbourn als Gäste begrüßen zu dürfen. Sie wandte sich dabei besonders an Bingley und versicherte ihm, sie würden sich alle schrecklich freuen, wenn er einmal an einem ganz zwanglosen Essen im Kreise der Familie teilnehmen wolle; er sei zu jeder Zeit willkommen, einer besonderen Einladung bedürfe es dazu nicht. Bingley dankte ihr erfreut und versprach, bei erster Gelegenheit sie beim Wort zu nehmen, sobald er von London wieder zurückgekehrt sei, wohin er am folgenden Tage auf kurze Zeit fahren müsse.

      Mrs. Bennet war hochbefriedigt und verließ das Haus mit der festen Überzeugung, dass es jetzt nur eine Frage der Vorbereitungsdauer für die Ausstattung, für eine neue Kalesche und die Brautkleider sei, ob ihre älteste Tochter schon in drei oder erst in vier Monaten auf Netherfield ihren Einzug halten würde. Dass sie eine weitere Tochter an Mr. Collins verheiraten werde, stand für sie gleichfalls fest, was ihr eine zwar nicht ebenso große, aber doch immerhin eine erhebliche Befriedigung verschaffte. Elisabeth war ihr von allen ihren Kindern am wenigsten lieb; und obwohl Mr. Collins sich natürlich nicht im entferntesten mit Mr. Bingley messen konnte, erschien er ihr für diese Tochter als Partie und Ehegatte gut genug.

      Neunzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Der nächste Tag brachte eine weitere Entwicklung mit sich: Mr. Collins erklärte sich in aller Form. Nachdem er den Entschluss gefasst hatte, keine Zeit mehr zu verlieren, da sein Urlaub schon am kommenden Sonnabend zu Ende war und seine Siegesgewissheit von keinem Zweifel angefochten wurde, ging er sehr korrekt vor unter Beobachtung aller Regeln, die seiner Ansicht nach zu diesem Schritt gehörten. Bald nach dem Frühstück fand er Mrs. Bennet, Elisabeth und eine der jüngeren Schwestern beisammen und redete die Mutter unverzüglich wie folgt an: »Madame, darf ich hoffen, auf ein gutes Wort für mich bei Ihrer Tochter Elisabeth rechnen zu können, wenn ich bei dieser im Laufe des Morgens um die Ehre einer persönlichen Unterredung einkomme?«

      Elisabeth hatte kaum Zeit, überrascht zu erröten, als ihre Mutter schon antwortete: »Oh ja, gewiss. Ich bin überzeugt, dass Lizzy glücklich sein wird. Ich bin sicher, sie wird sich sehr freuen. Komm, Kitty, du musst mir oben etwas helfen!«

      Und damit raffte sie ihre Handarbeit zusammen und wollte hinausgehen, als Elisabeth ihr nachrief: »Bitte, Mutter, geh nicht. Ich bitte dich, bleib! Mr. Collins muss mich entschuldigen. Er kann mir nichts zu sagen haben, was ihr nicht auch hören dürft. Ich gehe lieber selbst nach oben!«

      »Nein, nein, Unsinn, Lizzy! Ich möchte, dass du bleibst, wo du bist!«

      Und als sie sah, dass Elisabeth trotzdem Anstalten machte, mit ärgerlichem und verlegenem Gesicht zu flüchten, fügte sie hinzu: »Ich wünsche, dass du bleibst und Mr. Collins anhörst!«

      Einem solchen Befehl wollte sich Elisabeth nicht widersetzen, und da sie sich außerdem nach kurzer Überlegung sagte, es sei vielleicht am klügsten, dem Unausweichlichen zu begegnen und es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, setzte sie sich wieder hin und bemühte sich, ihre Gefühle zu verbergen: sie war sich nicht recht klar, ob ihr die Situation peinlich oder nur komisch vorkam. Mrs. Bennet und Kitty verließen das Zimmer, und Mr. Collins begann.

      »Glauben Sie mir, meine liebe Miss Elisabeth, dass Ihre Bescheidenheit, weit davon entfernt, Ihnen zum Nachteil zu gereichen, Ihre große Tugendhaftigkeit nur noch stärker unterstreicht. In meinen Augen wären Sie eher weniger liebenswert gewesen, hätten Sie nicht dieses Widerstreben gezeigt. Aber bevor ich fortfahre, erlauben Sie mir, Sie darauf hinzuweisen, dass ich die Einwilligung Ihrer verehrten Mutter dazu habe. Sie dürften schwerlich über das Ziel meiner jetzigen Anrede im Zweifel sein, so sehr Ihre natürliche Scheu es Ihnen auch gebietet, sich überrascht und unvorbereitet zu stellen: die Aufmerksamkeiten, die ich Ihnen erwiesen habe, sind, so meine ich wenigstens, sprechend genug gewesen. Beinahe vom ersten Augenblick meines Hierseins an sah ich in Ihnen meine Lebensgefährtin. Aber ehe ich meinen Gefühlen freien Lauf lasse, ist es vielleicht schicklich, dass ich zunächst meine Gründe darlege, warum ich heiraten will und warum ich mit diesem festen Vorsatz nach Hertfordshire kam!«

      Der Gedanke, dass Mr. Collins mit all seiner langatmigen Feierlichkeit seinen Gefühlen freien Lauf lassen wollte, erschien Elisabeth so komisch, dass sie die kurze Pause, die er einlegte, nicht ausnutzen konnte, um ihn am Fortfahren zu hindern.

      »Meine Gründe, heiraten zu wollen, sind also erstens, dass ich es für richtig halte, wenn ein Mann der Kirche, der wie ich in guten Verhältnissen lebt, seiner Gemeinde mit gutem Beispiel vorangeht; zweitens, dass ich überzeugt bin, dadurch mein irdisches Glück nicht unbeträchtlich zu mehren; und drittens und diesen Punkt hätte ich vielleicht eher zur Sprache bringen sollen —, dass so der Wunsch und der Rat der hohen Dame lautete, die meine Gönnerin zu nennen ich die große Ehre habe. Zweimal hat sie mich ihrer Ratschläge in dieser Angelegenheit gewürdigt — und ungefragt noch dazu! Erst am letzten Sonnabend noch, bevor ich von Hunsford aufbrach, sagte sie zu mir — ich war zur Quadrille nach Rosings gebeten worden, und Mrs. Jenkinson rückte gerade die Fußbank von Miss de Bourgh zurecht: ›Mr. Collins‹, sagte sie, ›Sie müssen heiraten. Ein Pfarrer in Ihrer Stellung braucht eine Frau. Treffen Sie Ihre Wahl sorgfältig; wählen Sie aus Rücksicht auf mich eine vollendete Dame, und um Ihretwillen trachten Sie danach, eine tüchtige, arbeitsame Person zu bekommen, die nicht allzu verwöhnt ist, sondern mit wenig Geld einen ordentlichen Haushalt zu führen versteht. Diesen Rat gebe ich Ihnen. Finden Sie eine derartige Frau und holen Sie sie nach Hunsford, und ich will sie gern besuchen!‹ — Lassen Sie mich übrigens noch hinzufügen, meine schöne Cousine, dass ich die Freundlichkeit und Güte Lady Catherines nicht zu den geringsten Vorteilen rechne, die ich zu bieten vermag. Sie werden sie kennen lernen und verstehen, dass Worte allein ihr nicht gerecht werden können; und ein Geist wie der Ihre, so klug und lebhaft, dürfte auch Lady Catherine sehr gefallen, vor allem, wenn er sich in den Schranken respektvollen Schweigens hält, die meiner Gönnerin gegenüber am Platze sind. So weit also meine allgemeinen Gründe, eine Heirat überhaupt für wünschenswert zu halten. Bleibt noch zu berichten, warum ich meine Blicke gerade nach Longbourn wandte, obgleich doch in meiner Nachbarschaft mehr als ein junges Mädchen meiner Werbung würdig ist. Aber damit verhält es sich nun so, dass ich ja nach dem Hinscheiden Ihres verehrten Vaters — der, wie ich hoffe, noch viele Jahre zu leben haben wird — seinen Besitz erben soll und dass ich daher zur Beruhigung meines Gewissens eine seiner Töchter zur Frau zu nehmen gedachte, um sie den Verlust so wenig wie möglich fühlen zu lassen, wenn das traurige Ereignis einmal eintrifft, was, wie ich eben erwähnte, hoffentlich noch lange nicht der Fall sein wird. Dieses waren meine Überlegungen, liebe Cousine, und ich schmeichle mir, dass sie Ihrer Achtung vor mir keinerlei Abbruch zu tun vermögen. Ich habe dem nun nichts mehr hinzuzufügen, außer Ihnen auf das feierlichste die Stärke meiner Zuneigung für Sie zu versichern. Geld ist mir vollständig Nebensache, und ich gedenke in keiner Weise ein Verlangen dieser Art an Ihren Vater zu stellen, schon weil ich überzeugt bin, dass einem solchen doch nicht nachgekommen werden könnte. Weiterhin weiß ich auch, dass alles, was Ihnen


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