Herausforderungen der Wirtschaftspolitik. Dirk Linowski

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Herausforderungen der Wirtschaftspolitik - Dirk Linowski


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chinesischen politischen Denkens – die die chinesische Führung übrigens offen kommuniziert – gut genug zu verstehen, um diese einem interessierten Laienpublikum hinreichend präzise und verständlich erläutern zu können.

      Der Ihnen vorliegende Text ist kein klassisches Fachbuch. Sie werden eine Vielzahl von Begriffsabgrenzungen, Verweisen und Referenzen vorfinden; es wird häufig aber auf die eine exakte Definition eines Terminus und eine entsprechende Zitation verzichtet, weil Begriffe bzw. Definitionen in den Sozialwissenschaften oft nicht nur subjektiv, sondern ebenso zeit- wie ortsveränderlich sind. Wir werden also mit robusten Definitionen bzw. Begriffsabgrenzungen von vielfach „unscharfer Materie“ auf Ingenieursart arbeiten: Nicht so genau wie möglich, sondern so genau wie nötig.

      Um die Lesbarkeit des Textes nicht übermäßig zu behindern, wird deshalb nachrangigen bzw. einordnenden Behauptungen nicht immer eine präzise Quelle zugeordnet sein. Im Grunde haben Sie den Versuch einer intelligenten Kompilation bekannten Wissens zur Beschreibung unseres Status quo und möglicher Ausblicke für Deutschland und Europa in der Hand. Es handelt sich dabei nicht um den Versuch, die Zukunft vorherzusagen, sondern um den hoffentlich Erfolg versprechenderen Versuch, mögliche Zukunftspfade (bzw. deren Unmöglichkeit mangels erfüllter Voraussetzungen, die in der Gegenwart bzw. nahen Zukunft bestimmt werden) zu antizipieren.

      Dies ist ebenso kein Text zur Erkenntnistheorie, die grundsätzlich auf das Verstehen der Gegenwart referiert: Machen Sie sich an dieser Stelle, falls Sie es noch nicht kennen, mit Platons Höhlengleichnis vertraut.

      Die Gegenwart lässt sich nicht aus der Gegenwart erklären. Wenn Sie auf dem Weg sind, die Welt etwas besser verstehen zu wollen, müssen Sie sich notwendigerweise mit Geschichte beschäftigen und ebenso mit Philosophie: Das heißt Dinge zu hinterfragen, die wir normalerweise als gegeben annehmen.

      Das Buch beinhaltet zahlreiche Übungen, die Sie zum Nachdenken und Nachfragen anregen sollen und für deren Beantwortung Sie zumeist auf weitere Quellen zurückgreifen müssen, sowie Fragen zur Selbstreflexion. Zu den Übungen finden Sie einige Anmerkungen, die aber keine Musterlösungen im klassischen Sinn darstellen, im Anhang.

      Bis auf eine Ausnahme werden Sie in diesem Buch nicht die aus der Mikro- und Makroökonomieliteratur gewohnten Angebots- und Nachfragegrafiken finden. Dies ist aus meiner Überzeugung begründet, dass mit Hilfe solcher Grafiken bei komplexen Fragestellungen oft unzulässig vereinfacht wird und dass damit beim Leser vielfach eine Illusion befördert wird, dass Zusammenhänge verstanden wurden, obwohl dies nicht der Fall ist.

      Am Ende des Buches finden Sie neben einem Sachwortverzeichnis ein Namensverzeichnis. Wenn es Ihnen gelingt, in diesem Buch aufgeführte Fragen, Probleme und Methoden mit einigen der dort aufgeführten Personen zu assoziieren, sollte Ihnen das die Lektüre dieses Buches nicht nur erleichtern, sondern auch Neugier auf mehr machen.

      Ich danke Marcus Bysikiewicz und Irene Rath von der Euro-FH für die Begleitung der ersten Schritte zu diesem Buch. Der Text in der vorliegenden Form hat sehr von Korrekturhinweisen, Ratschlägen und Fragen von Iris Bockholt, David Kantel, Jacob Kleinow, Verena Lindow, Jörn Manz und Silvana Stahl profitiert. Ihnen bin ich mit mit tiefem Dank verbunden. Die nicht von mir selbst erstellten Grafiken wurden mir freundlicherweise von den in der jeweiligen Legende genannten Unternehmen, Forschungsinstituten bzw. öffentlichen Einrichtungen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Ihnen bin ich ebenso zu Dank verpflichtet. Herrn Jürgen Schechler und Frau Tina Kaiser vom Verlag danke ich für die geduldige wie sachkundige Begleitung des Manuskriptes hin zum Buch.

      Ich widme dieses Buch dem gebildetsten Menschen, den ich in meinem Leben kennengelernt habe, meinem Vater, und mit ihm den vielen klugen Menschen, die viel gedacht und geschrieben haben und von denen wir nichts wissen.

      Rostock, im Januar 2021

      Dirk Linowski

      Einleitung

      Mit dem Schlachtruf „It’s the economy, stupid!“ gewann Bill Clinton 1992 den Kampf um die US-amerikanischen Präsidentschaft. Diese Zuspitzung stellte natürlich eine bewusste Verkürzung dar: Konsens sollte allerdings darüber herrschen, dass eine funktionierende Volkswirtschaft notwendige Voraussetzung eines funktionierenden Gemeinwesens ist. Wiederum zugespitzt: Eine funktionierende Volkswirtschaft ist zwar nicht alles, aber ohne eine solche ist alles nichts.

      Das Ereignis des Jahres 2020 war nicht, wie noch zu Beginn des Jahres antizipiert, der Brexit, es waren nicht Folgen der von Greta Thunberg initiierten „Klimabewegung“, nicht die Entwicklung der Handelstreitigkeiten bzw. die geopolitische Rivalität zwischen den USA und ChinaChina, und es wird ebenso nicht die im November 2020 von Joe Biden gewonnene Präsidentschaftswahl in den USA gewesen sein: Das Ereignis des Jahres 2020 war der Ausbruch und die anschließende weltweite Verbreitung des Corona- bzw. Covid-19-Virus’1 und die unterschiedlichen Auswirkungen und „Antworten“ auf und von Individuen, Unternehmen und Staaten bzw. Regierungen.

      Auch wenn bei Drucklegung dieses Textes bereits zweifelsfrei feststeht, dass die westlichen Gesellschaften in kurzer Zeit fundamentale Veränderungen hinsichtlich ihres Gesellschaftsverständnisses und damit auch hinsichtlich ihres Wertschöpfungsmodells durchlaufen, so werden die tatsächlichen Veränderungen unserer Gesellschaft naturgemäß erst nach größerer zeitlicher Entfernung klarer sichtbar sein. Wir sind noch mittendrin.

      Dieses Buch ist den Herausforderungen der WirtschaftspolitikWirtschaftspolitik und damit dem Umfeld, in dem Wirtschaftpolitik stattfindet, gewidmet. Unabdingbare Voraussetzung für dessen adäquate Behandlung stellen ein Grundverständnis der Prinzipien der Volkswirtschaftslehre und insbesondere klare bzw. geklärte Begriffe dar, um sicherzustellen, dass weitgehende Einigkeit besteht, worüber überhaupt geredet wird. Mit Definitionen ist es nicht nur in der Wirtschaft so eine Sache: Ist die Definition zu eng formuliert, grenzt sie zu sehr aus und ist damit für die Praxis untauglich, ist sie zu weit gefasst, erklärt sie nicht mehr hinreichend präzise.2

      Unter Wirtschaftspolitik werden in diesem Text zielgerichtete Eingriffe in den Bereich der Wirtschaft durch dazu legitimierte Instanzen verstanden: Wer das ist und wer nicht, wird in diesem Buch erörtert. Wir wollen also verstehen, was die Wirtschaftspolitik, die in Deutschland auf den unterschiedlichen Ebenen von den Kommunen und Landkreisen über die Bundesländer und den Nationalstaat Bundesrepublik Deutschland bis hin zur Europäischen Union stattfindet, im Zusammenspiel mit der Geldpolitik und der Rechtsprechung leisten kann und was nicht. Dabei werden wir uns weniger mit den technischen Instrumenten der Fiskal- und der Geldpolitik beschäftigen – dafür gibt es einschlägige Fachliteratur – als vielmehr versuchen, ein Verständnis des Rahmens, in dem die Wirtschaft bzw. unser Leben stattfindet, zu entwickeln.

      Wie beim Erlernen einer (Fremd-)Sprache bedarf es in jeder Wissenschaft eines Vokabulars, um anschließend Sätze bilden zu können. Um den Ihnen vorliegenden Text gewinnbringend zu lesen, sind keine Spezialkenntnisse, wohl aber eine Vertrautheit mit den grundlegenden Begriffen und Konzepten der Mikro- und der Makroökonomie erforderlich.

      Die Verwendung wissenschaftlicher Methoden ist in unserer Zeit der präferierte Zugang zum Verständnis der Welt. Ein alternativer Zugang kann über die Kunst erfolgen.3 Das nun ca. 400 Jahre alte Gedicht von John Donne in deutscher Übersetzung von Paul Baudisch, das Ernest Hemingway über seinen berühmt gewordenen Roman „Wem die Stunde schlägt“ stellte, zeigt uns, dass bestimmte Gedanken nicht neu sind, oder positiver ausgedrückt, dass sie nicht aus der Mode kommen.

      Kein Mensch ist eine Insel,

      ganz für sich allein;

      jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents,

      ein Teil des Ganzen.

      Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird,

      wird Europa weniger,

      genauso als wenn’s eine Landzunge wäre,

      oder das Haus deines Freundes oder dein eigenes.

      Jedermanns Tod macht mich geringer,

      denn ich bin verstrickt in das Schicksal aller;

      und


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