Alexanders letzter Traum. Heinz-Joachim Simon

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Alexanders letzter Traum - Heinz-Joachim Simon


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haben sich Mühe gegeben.“

      Alexander nickte grimmig. „Erzähle! Der Reihe nach.“

      Ich begann mit dem Moment, als ich mich auf dem Wehrgang zurückziehen wollte und endete mit der Botschaft des Dareios und übergab ihm den Papyrus. Während ich erzählte, was mir Memnon gesagt hatte, las Alexander die Drohungen und Versprechungen des Großkönigs. Diese schienen ihm nicht zu gefallen. Er zog ein Gesicht, als hätte er am Garnikos verloren.

      „Eine Unverschämtheit! Er bietet mir ein Linsengericht an. Er will mich kaufen und, wenn ich dies ablehne, wie ein wildes Tier behandeln. Nein, mein Großkönig, du kennst Alexander nicht.“

      „Das habe ich Memnon auch gesagt“, bestätigte ich.

      Alexander lächelte. „Du kennst mich, nicht wahr, mein Hinkefuß?“

      Er wanderte wie ein Löwe unruhig im Zelt hin und her.

      „Was für ein Mensch ist dieser Memnon?“

      „Er ist deiner würdig.“

      „Ein Hektor?“

      „Das würde ihm gerecht werden.“

      „Nun, dann werden wir ihm morgen zeigen, was wir von dem Angebot seines Großkönigs halten. Zur Abwechslung werden wir mal auf der linken Seite der Stadt angreifen. Die Mauern sehen dort ziemlich ramponiert aus.“

      „Als sie mich durch die Stadt führten, habe ich gesehen, dass sie dahinter bereits eine neue Mauer hochziehen.“

      „Er gibt sich Mühe, der Memnon.“

      „Ich sagte dir ja: Er ist deiner würdig.“

      „Aber er ist nicht Alexander.“

      „Das nicht.“

      „Du hast ihm erzählt, wer Alexander ist.“

      „Ich habe es ihm gesagt.“

      „Und?“

      Ich zuckte mit den Achseln. „Er will es nicht glauben.“

      „Dann werden wir es ihm morgen noch einmal erzählen.“

      „Das erwartet er.“

      „Er erwartet es?“ fragte Alexander unzufrieden.

      „Er ist Hektor“, erinnerte ich meinen König.

      Alexander hatte jetzt genug von diesem Vergleich und winkte ab und bat zu Tisch.

      Es gab rustikale Kost, Wildschweinbraten und Wildgänse. Nach meinem Aufenthalt im Verlies mundete es mir, als würde ich an der Tafel der Götter speisen. Als ich mein Zelt aufsuchte, war es bereits spät. Natürlich hatte Phokis bereits erfahren, dass ich am Leben war und pries ein um das andere Mal Apollon.

      „Irgendwie konnte ich es nicht glauben, dass du tot bist!“ rief er mit Tränen in den Augen. „Mein Herz wollte es nicht wahr haben. Doch mein Verstand sagte anderes.“

      Es wurde noch eine lange Nacht, denn ich musste das, was ich den Gefährten erzählt hatte, noch einmal erzählen.

      Mit einem etwas schweren Kopf stellte ich mich am nächsten Morgen bei Alexander ein und er blinzelte mir verständnisvoll zu.

      „Eigentlich hatte ich mit dir heute nicht gerechnet.“

      „Ich bin doch dein Leibgardist.“

      „Das bist du wirklich.“

      Er schien sich zu freuen, dass ich ihm wieder den Rücken decken wollte.

      Als der Morgenstern langsam zu verblassen begann, gab Alexander den Befehl zum Angriff. Pioniere stürzten zu den Gräben um die Stadt und schoben vorgefertigte Brücken gegen die Mauer. Wie ich es schon einmal erlebt hatte, legten wir wieder Leitern an und hasteten die Sprossen hoch. Diesmal klappte der Angriff besser als beim letzten Mal. Ich war mit Alexander wieder auf dem Wehrgang von Halikarnassos. Neben mir waren Attalos, Ptolemaios und Lysimachos. Ich merkte, dass sie den Auftrag hatten, auch mich aufzupassen. Wir hatten die Mauer wieder einmal überwunden, aber diesmal genug Männer in die Stadt gebracht. Nun mussten wir uns mit der zweiten Mauer auseinandersetzen und die bereitete uns doch einige Schwierigkeiten. Wie bei jeder Schlacht, insbesondere wenn sie in den Straßen einer Stadt abläuft, war es ein entsetzliches Durcheinander. Ich habe mir erst mit der Zeit die Ruhe und Umsicht aneignen können, die man in solchen Situationen braucht.

      Wir droschen also auf unsere griechischen Brüder ein und kämpften uns an die zweite Mauer heran. Nun wurden durch die geöffneten Tore der ersten Mauer die Belagerungsmaschinen heran geschoben und diese fingen an, gegen die neue Mauer zu klopfen. Gegen Abend gelang es, auch diese zum Einsturz zu bringen. Wir stürmten in die Stadt.

      Plötzlich umringten uns persische Elitesoldaten, die uns ordentlich zusetzten. Unter ihnen sah ich den Offizier, der mich anständig behandelt hatte. Als auch er mich erkannte, lachte er mir zu. Es fing an zu regnen und der Boden unter uns wurde glatt. Wie in der Ilias standen sich auf einmal Achilleus und Hektor gegenüber. Mein König stürzte sich mit einem Aresruf auf Memnon und dieser wich zurück. Alexander kam ins Straucheln und rutschte aus und stürzte auf die Erde. Das Schwer entfiel ihm. Ptolemaios und Lysimachos waren zu weit entfernt, um ihm zu Hilfe eilen zu können. Ich hatte gerade genug damit zu tun, mir meinen persischen Freund vom Leibe zu halten. Memnon holte aus und nun hätte dies Alexanders Ende sein können. Gestorben als jugendlicher Held in den Straßen von Halikarnassos. Ist auch schon anderen Helden passiert, dass sie in einer Straßenschlacht ums Leben kamen.

      Aber Memnon schlug nicht zu. Seine erhobene Schwerthand verharrte, als würde ein Gott sie festhalten. Ich erledigte mit verzweifelter Wut meinen persischen Freund, indem ich ihm mein Schwert in die Kehle schleuderte. Er war ein anständiger Mensch und ein würdiger Gegner gewesen. Ich hatte keine Zeit seinen Tod zu bedauern. Ich stürzte zu Alexander und zog ihn am Schweif seines Helmes aus der Gefahrenzone. Memnons Schlag ging ins Leere. Alexander sprang auf und wollte sich wieder auf Memnon stürzen, als vor uns eine Mauer zusammenbrach und auf die Straße fiel und uns erst einmal von den Persern trennte. An diesem Abend trafen wir nicht mehr auf Memnon. Obwohl es dunkel wurde, ging der Kampf weiter. Es war eine fürchterliche Nacht, in der wir uns von Haus zu Haus kämpften. Es regnete die ganze Zeit.

      Als wir uns einen Moment an einem Feuer ausruhten, kam Alexander zu mir.

      „Warum hat er nicht zugeschlagen?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Ein Gott hat ihn wohl zögern lassen.“

      Wenn er das glaubte, war ich nicht der Mann, der ihm dies ausreden wollte. Darüber, dass ich ihm das Leben gerettet hatte, verlor er kein Wort. Nun, seine Rolle war in dem Augenblick auch nicht die des siegreichen Achilleus gewesen.

      „Vielleicht hat er überlegt, ob es nicht besser wäre, dich gefangen zu nehmen“, rätselte ich weiter.

      „Dann hätten sie mich in einem Käfig durchs Land geführt“, sagte er grimmig.

      „Ich glaube nicht, dass er dies gern getan hätte. Er scheint mir ein ganz anständiger Kerl zu sein.“

      Alexander sah mich an, als hätte ich etwas Unanständiges gesagt.

      „Dareios hätte ihn mit Gold behängt. Hätte er Alexander getötet, wäre ihm unsterblicher Ruhm gewiss!“

      Er sprach jetzt immer öfter von sich, als wäre er eine andere Person.

      „Den hat er bereits.“

      „Warum? Ich lebe und die Stadt wird morgen uns gehören!“

      „Indem er gegen dich kämpfte.“

      „Warum nennst du ihn anständig? Ehrenhaft haben dich die Perser nicht behandelt.“

      „Da wusste er nicht, dass ein Verwandter Alexanders gefangen genommen worden war. Ich nenne ihn anständig, weil er auf mich den Eindruck eines ehrenhaften Mannes macht. Bedenke, du warst ihm einen Augenblick wehrlos ausgeliefert. Vielleicht war es ihm nicht Ehre


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