Mahamudra Tantra. Geshe Kelsang Gyatso

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Mahamudra Tantra - Geshe Kelsang Gyatso


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welches ich für die Menschen dieser modernen Welt vorbereitet habe, ist ein praktischer Leitfaden dafür, den echten Sinn menschlichen Lebens zu entdecken. Im Allgemeinen gibt es unseren üblichen Erfahrungen nach keinen echten Sinn in diesem gewöhnlichen menschlichen Leben. Viele alte Menschen oder diejenigen, die dem Tode sehr nahe sind, verstehen, wie leer und hohl unser menschliches Leben ist. Während unseres ganzen Lebens versuchen wir sehr hart so viele Dinge wie Reichtum und Besitz zusammenzutragen. Schlussendlich aber geht alles, was uns gehörte, ohne Wahl an andere über; wir können nichts in unser nächstes Leben mitnehmen. Der echte Sinn menschlichen Lebens besteht darin, den korrekten Pfad zur Erleuchtung zu finden und ihm zu folgen; und der höchste korrekte Pfad zur Erleuchtung ist Höchstes Yoga-Tantra, insbesondere Mahamudra-Tantra.

      Wenn wir den aufrichtigen Wunsch haben, die Unterweisungen über Mahamudra-Tantra, die in diesem Buch dargelegt werden, zu praktizieren, sollten wir zuerst die Ermächtigung von Buddha Heruka empfangen und ein vollständiges Verständnis der Bedeutung dieser Anleitungen gewinnen. Danach können wir, indem wir die Anleitungen in die Praxis umsetzen, unser endgültiges Ziel erfüllen.

      Geshe Kelsang Gyatso

      Januar 2005 – Frohes Neues Jahr!

01_Buddha_Shakyamuni

      TEIL 1

      Einführung ins Tantra

      Grundlegende Sicht

      Mahamudra-Tantra ist eine schnelle Methode, um Erleuchtung zu erlangen; und die Anleitungen über diese Praxis sind sehr tiefgründig. Damit unsere Mahamudra-Praxis effektiv ist, benötigen wir eine stabile Basis von grundlegender korrekter Sicht und Absicht. Genau wie wir ein Haus ohne eine feste Grundlage nicht richtig bauen können, so können wir das Mahamudra nicht ohne die vorherige Verwirklichung dieser Basis und ohne das klare Verständnis ihrer Bedeutung effektiv praktizieren.

      Unsere normale Sicht lässt uns glauben, dass unsere täglichen Erfahrungen – ob angenehm oder unangenehm – einen äußeren Ursprung haben. Dieser Sicht folgend, widmen wir unser ganzes Leben der Verbesserung unserer äußeren Bedingungen und Situation, aber dennoch nehmen unsere menschlichen Probleme und Leiden Jahr für Jahr zu. Dies weist deutlich darauf hin, dass unsere normale Sicht unkorrekt ist und uns nur täuscht. Unkorrekte Sichtweisen und Absichten lassen uns falschen Pfaden folgen, die zu Leiden führen, während korrekte Sichtweisen und Absichten es uns ermöglichen spirituellen Pfaden zu folgen, die zu Glück führen.

      In diesem Zusammenhang bedeuten „Pfade“ nicht äußere Pfade, die von einem Ort zum andern führen. Wir müssen äußere Pfade nicht studieren, da wir sie mit unseren Augen direkt sehen können. „Pfade“ bezieht sich hier auf innere Pfade, die von ihrer Natur her unsere Handlungen sind. Handlungen des Körpers, der Rede und des Geistes, die durch Unwissenheit motiviert sind, sind falsche Pfade, da sie zu Leiden führen; und Handlungen, die durch Weisheit motiviert sind, sind korrekte Pfade – oder spirituelle Pfade –, da sie zu Glück führen.

      Da es verschiedene Ebenen von Glück gibt, etwa das Glück der Befreiung und der Erleuchtung, gibt es verschiedene Ebenen spiritueller Pfade, etwa den Pfad zur Befreiung und den Pfad zur Erleuchtung. Diese Pfade können weiter in den Pfad der Ansammlung, den Pfad der Vorbereitung, den Pfad des Sehens, den Pfad der Meditation und den Pfad des Nicht-Mehr-Lernens unterteilt werden. Außerdem gibt es, da es verschiedene Ebenen des Leidens gibt, wie die Leiden der Menschen, Tiere und Höllenwesen, verschiedene Ebenen falscher Pfade, etwa diejenigen, die zu einer Wiedergeburt als Mensch, Tier oder Höllenwesen führen. Durch das Studium der verschiedenen Arten von Pfaden, die von Buddha dargelegt werden, können wir zwischen korrekten und unkorrekten Pfaden unterscheiden und dadurch unkorrekte Pfade vermeiden. Danach können wir, indem wir korrekte spirituelle Pfaden betreten, auf ihnen fortschreiten und sie vollenden, Erleuchtung erlangen und den wirklichen Zweck unseres menschlichen Lebens erfüllen.

      Im Leitfaden zum Mittleren Weg listet der berühmte Buddhistische Gelehrte Chandrakirti sieben Arten innerer Pfade auf:

      1. Handlungen, die zum Glück der großen Erleuchtung führen

      2. Handlungen, die zur Befreiung führen

      3. Handlungen, die zu einer Wiedergeburt als Gott führen

      4. Handlungen, die zu einer Wiedergeburt als Mensch führen

      5. Handlungen, die zu einer Wiedergeburt als Tier führen

      6. Handlungen, die zu einer Wiedergeburt als hungriger Geist führen

      7. Handlungen, die zu einer Wiedergeburt als Höllenwesen führen

      Die ersten beiden Pfade sind überirdische Pfade, welches korrekte spirituelle Pfade sind, die zur großen Erleuchtung und Befreiung führen. Es gibt viele Ebenen dieser Pfade, entsprechend den vielen Ebenen der spirituellen Erlangung, die in den Unterweisungen über die Stufen des Pfades, Lamrim, erklärt werden. Zum Beispiel erklärt Das neue Meditationshandbuch einundzwanzig verschiedene Meditationen, die zur Verwirklichung einundzwanzig spiritueller Pfade – oder Stufen des Pfades zur Erleuchtung – führen. Traditionellerweise ist der erste dieser Pfade ein starkes Sich-Verlassen auf unseren Spirituellen Meister. Wie es in Je Tsongkhapas Gebet der Stufen des Pfades heißt:

      Der Pfad beginnt mit tiefem Vertrauen

      Zum gütigen Lehrer, Quelle alles Guten.

      Alle diese einundzwanzig Stufen des Pfades, beginnend mit dem Sich-Verlassen auf einen Spirituellen Meister, sind spirituelle Pfade, die zu reinem und immerwährendem Glück führen.

      Die verbleibenden fünf Pfade, die von Chandrakirti aufgelistet werden, sind unkorrekte Pfade, die zu Zuständen des Leidens führen. Sie werden auch „verunreinigte Handlungen“ genannt, weil sie durch die inneren Gifte der Selbst-Wertschätzung und der Unwissenheit des Festhaltens am Selbst motiviert sind. Sogar tugendhafte Handlungen, die durch am Selbst festhaltende Unwissenheit motiviert sind und die zu einer menschlichen Wiedergeburt führen, sind verunreinigte Handlungen. In unseren vergangenen Leben haben wir, durch die Verblendung des Festhaltens am Selbst motiviert, tugendhafte Handlungen ausgeführt, wie das Beachten moralischer Disziplin. Eine solche Handlung war die Hauptursache unserer gegenwärtigen menschlichen Wiedergeburt, aber weil sie durch Verblendungen verunreinigt war, ist unsere gegenwärtige menschliche Wiedergeburt eine verunreinigte Wiedergeburt. Da wir eine verunreinigte Wiedergeburt als Mensch angenommen haben, haben wir keine andere Wahl, als die verschiedenen Arten menschlichen Leidens zu erfahren.

      Unsere gegenwärtigen Erfahrungen von bestimmten Leiden und Problemen haben eine spezifische Verbindung zu bestimmten Handlungen, die wir in der Vergangenheit ausgeübt haben. Diese verborgene Verbindung ist subtil und nicht leicht zu verstehen. Wir können sie nicht mit unseren Augen sehen, aber wir können sie durch unsere Weisheit verstehen, insbesondere, wenn wir uns auf Buddhas Lehren verlassen.

      Warum leiden wir und erfahren wir so viele Probleme? Leiden und Probleme werden uns nicht als Bestrafung gegeben. Wann immer wir Schwierigkeiten erleben, geben wir normalerweise anderen die Schuld, aber in Wirklichkeit erfahren wir sie, weil wir eine verunreinigte menschliche Wiedergeburt angenommen haben – als Resultat verunreinigter Handlungen, die aus unserem eigenen Festhalten am Selbst und unserer eigenen Selbst-Wertschätzung entstanden sind. Unsere menschliche Wiedergeburt ist die Grundlage aller unserer menschlichen Leiden und Probleme. Tiere müssen verschiedene Arten von tierischen Leiden erfahren, weil sie eine verunreinigte Wiedergeburt als Tier angenommen haben. Das gleiche gilt auch für Höllenwesen, Hungrige Geister und selbst die Götter des Begierdebereichs; alle Lebewesen erfahren Leiden, weil sie eine verunreinigte Wiedergeburt angenommen haben. Solche Wiedergeburten sind von der Natur des Leidens und die Grundlage allen Unglücks und aller Probleme.

      Benutzen wir unsere menschliche Wiedergeburt für die spirituelle Praxis, wird sie sinnvoll, ansonsten ist ihre Natur Leiden: sie ist eine Manifestation des giftigen Geistes des Festhaltens am Selbst. Ist ein Same giftig, ist es auch die resultierende Ernte.


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