Handbuch der vergleichenden Zivilisatorik. D.Dere

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Handbuch der vergleichenden Zivilisatorik - D.Dere


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und Terror sind ja zumeist krasse Besitzunterschiede, Beschaffungskriminalität für Rauschgifte, religiöser Fanatismus u. ä. und das alles gibt nun nicht mehr.

      Die Alten, die nicht mehr arbeiten können, haben unabhängig von ihrer Vergangenheit alle prinzipiell den gleichen sozial-ökonomischen Status und werden in keiner Weise diskriminiert. Die hohe Effizienz der jarganischen Gesellschaft resultiert auch daraus, dass es keine Berufe und Tätigkeiten mehr gibt, die im Grunde überflüssig sind. Dazu gehören Militär und Rüstungsindustrie ebenso wie das Bankwesen, die Versicherungen, Anwälte, Steuern und Parteien. Auch das planetare Verkehrswesen benötigt nur geringes Personal und bei all den Computern der Leitzentralen sind Störfälle/Unfälle höchst selten. Nicht mal Verkäufer sind mehr notwendig, da alles über Selbstbedienungs-Terminals bzw. Automaten bestellt und geliefert wird. In den Produktionsfabriken aller Art lässt man, soweit dies möglich und angemessen ist, - also außer Bereiche wie Planung, Reparaturen u.ä. - ebenfalls alles von Automaten erledigen.

      Obwohl gewisse kleinen Dinge des täglichen Bedarfs aus pragmatischen Gründen per Registrierung "gekauft" werden, erwirbt man für alle wichtigen bzw. größeren Dinge, wie z.B. Wohnung, Fahrzeuge, Geräte aller Art u.ä., lediglich über eine gewisse Zeit das Gebrauchsrecht. Wenn später also etwas aus bestimmten, kaum kalkulierbaren Gründen nicht mehr benötigt wird oder kaputt geht, fließt es zurück zum Eigentümer, d.h. an den Trust, der es hergestellt hat. Der kümmert sich effizient und motiviert um eine fachgerechte Entsorgung bzw. Wiederverwertung. Zwar sind so bestimmte Berufe überflüssig geworden, aber es gibt dafür ein großes Potential bei den verschiedensten Dienstleistungen (wenn man mal von "Finanzdienstleitungen" absieht). Auch im Medizinbereich wird dort, wo es angebracht ist - selbst bei Operationen - vieles von Automaten übernommen. Obwohl es möglich und üblich ist, ggf. kranke Organe zu transplantieren, gibt es dennoch eine gewisse Grenze, wo in den natürlichen Ablauf des Lebens aus Verantwortungsbewusstsein nicht mehr eingegriffen wird. Neben der hochentwickelten und in keiner Weise profitorientierten Apparatemedizin wirkt ja das System der ausgeprägten individuellen Betreuung und Pflege und dieses umfassende System hat einen sehr hohen Stellenwert und personellen Aufwand. Das Niveau der Kranken- und Altenbetreuung ist für alle gleich hoch; da es hier keinen unterschiedlichen sozialen Status gibt, gibt es auch keine Rangunterschiede in der Behandlung und Betreuung.

      Die jarganische Textilindustrie hat aber im Vergleich zur irdischen nur eine geringe Bedeutung, auch weil Textilien dort keinerlei Statusfunktion besitzen. Niemand hat den Wunsch, durch besonders luxuriöse, aufwändige Kleidung aufzufallen; dennoch gibt es besonders für Frauen eine Palette entsprechender Möglichkeiten, um mit einfachsten Mitteln (incl. "Kriegsbemalung") Wirkung zu erzielen. Kleidung hat also eher eine gewisse Schmuck-Funktion, denn aus klimatischen Gründen, bzw. wegen starker Temperaturschwankungen, sind dicke, wärmeisolierende Textilien i.A. nicht erforderlich. Obwohl die Stürme drei mal so stark wie auf der Erde sein können, bieten ja die überdachten Wohntürme und die Magnetbahn ausreichend Schutz gegen Naturgewalten.

      Der "angesehendste" (und wohl auch schwierigste ?) Beruf ist auf Jarga übrigens der des Lehrers; er beaufsichtigt die Schüler, wie sie mittels präziser Lehrprogramme vor großen Computerbildschirmen lernen und diskutiert anschließend mit ihnen über den Inhalt und auftretende Fragen. Beim Lerncomputer wird auch eine Art Strahlung zur Informationsübertragung genutzt. Dieses einfache, direkte, nicht sprachgebundene Prinzip fand auch beim speziellen "Lehrfilm" für Denaerde seine praktische Anwendung.

       Die Kinder wohnen mindestens bis zur Pubertät in der Wohngemeinschaft ihrer Eltern. Das Eheversprechen beinhaltet auch, dass beide Eltern des Kindes solange in der gleichen Wohngemeinschaft leben, bis dieses auf jede Weise selbständig ist. Wenn diese Selbständigkeit durch spezielle Test festgestellt wurde, bekommt der Jugendliche nach einer entsprechenden Feier die volle Souveränität und kann dann auch seinen Wohnsitz und selbstverständlich auch seine Partnerschaften selbst wählen. Ab einer gewissen Reife besucht das Kind die Allgemeinschule und je nach Eignung schließt sich dann eine Spezialisierung bzw. Berufsausbildung an und für Studenten existieren zusätzlich spezielle Studentenunterkünfte.

      Der Jugendliche gibt i.d.R. mit Beginn der Berufsausbildung bzw. Studienzeit die feierliche Verpflichtung ab, stets einer geregelten Arbeit bzw. Ausbildung nachzugehen. Diese erklärte Freiwilligkeit ist ein wichtiges Prinzip, das besonders die Jugend in die Ordnungsstruktur der vorhandenen Gesellschaft integriert und ihr im Gegenzug eine gute lebenswerte Perspektive entsprechend den jeweiligen Fähigkeiten und ohne jegliche Arbeitslosigkeit garantiert. Die allgemeine ethische Erziehung erfolgt also bereits in den Schuljahren so, dass jeder das Recht und die Pflicht zur Arbeit gleichermaßen wahrnimmt und niemand etwa das Bedürfnis entwickelt, "blau" zu machen und über den üblichen Urlaub hinausgehende Auszeiten zu nehmen.

      Sexualität spielt in der jarganischen Kultur offenbar nicht so eine große Rolle wie in der menschlichen Kultur, es gibt aber eine große Toleranz bezüglich ihrer Formen. Allerdings würde eine jarganische Frau wohl eher sterben wollen, als in diesem Bereich Zwänge oder Gewalt aller Art zu akzeptieren. Auch der individuelle Kinderwunsch wird von der Gesellschaft reglementiert und hat dafür eine gewisse persönliche, ethische Reife als Bedingung. Es wird darauf hingewiesen, dass es innerhalb jeder Zivilisationsentwicklung zu einem starken Rückgang der biologischen Fortpflanzungsfähigkeit kommt. Diesem Prozess versucht man aber durch ein spezielles computergesteuertes System der Komponentenauswahl und Optimierung entggenzuwirken.

      Dem gesellschaftlichen Bedürfnis, Kinder mit optimaler Gesundheit und optimalen Fähigkeiten zu erzeugen, wird also mitunter der individuelle Wunsch, Kinder nur mit einem ganz bestimmten Partner bekommen zu wollen, freiwillig untergeordnet. Der klassische, auf der Erde sehr verbreitete monogame Familienverband entwickelte sich hier praktisch immer mehr zu einem aus vielen Komponenten bestehen Beziehungsnetzwerk, welches sich schnell und unbürokratisch den aktuellen Realitäten von persönlicher Zuneigung und Liebe anpasst. Dieses allgemeine Toleranzverhalten wird durch das tatsächliche Fehlen von jeglichen, auch versteckten ökonomischen oder sonstigen Manipulationen und Zwängen aller Art gefördert, aber es schließt auch innerhalb der Wohngruppen die Stabilität guter Zweierbeziehungen auf wahrhaft freiwilliger und gleichseitiger Grundlage bzw. Liebe und andauernder Zuneigung mit ein.

      Die besondere Ausprägung der Effizienz innerhalb der jarganischen Kultur zeigt sich beispielweise auch bei den Zähnen bzw. Zahnreihen, die durch einen sehr haltbaren Klettverschluss am Knochengerüst des Gesichtes befestigt sind und zum Reinigen herausgenommen werden. Es wird aber in den Gesprächen stets darauf hingewiesen, dass jede planetare Kultur die Besonderheiten ihrer Entwicklung hat und es für uns sicher falsch wäre, bestimmte Dinge, sei es bezüglich der Eheführung oder der Zahnmedizin, einfach übernehmen zu wollen. Zum Beispiel hängt auch die dominierende Struktur des Familienlebens stark von der jeweiligen Entwicklungsstufe der Gesellschaft ab. Es geht also in diesem Vergleich primär darum, hier mögliche Alternativen bzw. allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten erkennen zu können.

       3. Religion und Kosmologie

      Neben dem bereits erwähnten spirituellen Bezug zur Nahrung und der Verteilungsgerechtigkeit ist der intensiv gelebte Dienst am Nächsten Kernbestandteil ihrer Religiosität, die aber ohne jegliche Dogmen, Tempel oder Kirchenapparate auskommt. Denaerde stellt fest, dass die Jarganer auch die Realität des historischen Jesus als einer sehr selbstlosen, omnikreativen Persönlichkeit, der die menschliche Bewusstseinsbildung positiv beeinflusst hat, wohlwollend betrachten. In der Entwicklungsgeschichte eines jeden Planeten gäbe es Personen wie z.B. Buddha, Jesus und Mohammed, die sich durch ein besonders hohes Maß an Reife, Wissen, Ethik, Mitgefühl und eben Omnikreativität auszeichnen und somit eine gewisse positive Umwälzung des Denk- und Wertesystems bewirkten. Aber als Stef bezüglich Jesus konkretere Informationen möchte, wird darauf hingewiesen, dass das Thema noch zu brisant und zu kompliziert sei, um hier Näheres mitteilen zu dürfen.

      Auf Jarga hat sich über Jahrmillionen eine bestimmte "Religiosität" innerhalb einer umfassenden philosophisch-kosmologischen Weltsicht entwickelt, welche keinesfalls im Widerspruch zur Fülle der bereits erkannten Naturgesetze steht. Dadurch wurde die "Schöpfung" gewisser Strukturen aus dem "Nichts" bzw. aus anderen Seinszuständen heraus, auch erkenntnisstheoretisch erforscht und umrahmt.

      Durch diese universale,


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