Der Oelprinz. Karl May

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Der Oelprinz - Karl May


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da bald mit unsrer lustigen Vorstellung im reinen sein und dabei erfahren, wer den Bajazzo macht. Wißt Ihr vielleicht auch, daß Sam Hawkens im letzten Kriege Scout (* Führer, Pfadfinder.) gewesen ist?«

      »Ja, unter General Grant. Er hat es infolge seiner großen dabei geleisteten Dienste, durch seine List und Kühnheit bis zum Kapitän gebracht. Aber was hat das mit Euch zu thun?«

      »Viel, sehr viel, Sir; jedenfalls mehr als mit Euch, denn ich schätze, daß Ihr damals noch gar nicht in der Uniform gesteckt habt. Das Kleeblatt befindet sich nämlich gegenwärtig hier.«

      »Hier? In Tucson?«

      »Yes, Sir. Und Sam Hawkens, der verdiente Vereinigtenstaatenkapitän, befindet sich Euch sogar noch näher; er sitzt in diesem Augenblicke hier in Eurer Stube.«

      »Hier? In meinem Zimmer?« rief der Stellvertreter betroffen und indem seine Augen sich erweiterten. »Es ist ja außer mir kein andrer Mensch da als Ihr?«

      »Well, stimmt genau, Sir!«

      »Dann – dann – wäret Ihr – Ihr, Ihr dieser Hawkens!«

      »Yes, bin ich auch, wenn ich mich nicht irre.«

      »Thunder-storm! Ihr wäret Sam Hawkens? Ihr?«

      »Denke es. Warum sollte ich es nicht sein?«

      »Weil – weil – weil,« stotterte der Kapitän verlegen, »weil Ihr keineswegs darnach ausseht. Ein Offizier kann sich doch unmöglich in solche Kleider stecken!«

      »Wüßte nicht, warum er es nicht thun sollte! Warum sollte sich gerade ein Offizier nicht nach seinem Geschmacke kleiden, Sir? Und dies ist nun einmal mein Geschmack, der Geschmack von Sam Hawkens, und wer denselben für geschmacklos halten sollte, der mag dies thun; ich habe nichts dagegen, so lange er schweigt. Wenn er es aber wagt, es mir zu sagen, so befindet sich die richtige Antwort auf eine solche Beleidigung hier in meiner Hand!«

      Sam Hawkens zeigte bei diesen Worten auf sein Gewehr und fügte hinzu. »Uebrigens, daß ich damals Offizier wurde, darauf gebe ich keinen leeren Kürbiskern. Zu einem tüchtigen Westmanne gehört weit mehr als zu einem Subalternoffizier, und ein Westmann bin ich, Sir; ja, der bin ich ganz gewiß, und wenn Ihr es nicht glaubt, so bin ich bereit, es Euch zu beweisen. Wollen wir uns einander gegenüberstellen, um zu erfahren, wessen Kugel ganz genau das Herz des andern trifft? Bin sofort bereit dazu, Sir, sofort, wenn Sie es wünschen!«

      Das wurde in einem Tone gesprochen, welcher trotz der allerdings lächerlichen Gestalt Sams dem Offizier sichtlich imponierte. Der letztere machte eine abwehrende Handbewegung und antwortete, diesesmal nun in höflichem Tone:

      Ast gar nicht nötig, Sir, ist nicht nötig! Warum sollen sich Gentlemen, welche Kameraden sind, ohne alle Veranlassung niederschießen?«

      »Hm! Veranlassung wäre wohl vorhanden dazu. Aber da Ihr erkannt habt, daß der vermeintliche Hanswurst ein Gentleman und Euer Kamerad ist, so habt hier meine Hand. Wollen nun in Frieden über die lustige Aufführung sprechen, an welcher Ihr Euch beteiligen sollt.«

      Sie schüttelten sich die Hände, und dann erzählte Sam von seinem gestrigen Zusammentreffen mit den zwölf Reitern, welche er für die Finders hielt. Der Kapitän hörte sehr aufmerksam zu; sein Gesicht nahm je länger desto mehr den Ausdruck großer Spannung an, und als der Kleine geendet hatte, sprang er erregt auf und rief:

      »Wenn Ihr Euch nicht irrtet, Sam! Wenn es wirklich die Finders wären! Welch ein Fang!«

      Sam blinzelte ihn mit seinen kleinen Aeuglein an und fragte:

      »Meint Ihr, daß Sam Hawkens so dumm ist, nicht zu wissen, was er behauptet? Sie sind es, sage ich Euch, sie sind es!«

      »Aber warum seid Ihr da von San Xavier del Bac fortgeritten, ohne sie mitzunehmen? Sie waren doch gefesselt und befanden sich in Eurer Gewalt!«

      »Kann ich beweisen, daß sie Diebe, Räuber, Mörder, daß sie wirklich die Finders sind? Dieser Beweis muß erst erbracht werden, indem ich ihnen die Gelegenheit gebe, uns zu überfallen. Wenn wir sie dabei ergreifen, sind sie ohne weiteres überführt.«

      »Ergreifen! Ihr wollt euch also überfallen lassen?«

      »Yes.«

      »In Wirklichkeit überfallen lassen?«

      »Natürlich! Oder meint Ihr, daß ich nur davon träumen soll?«

      »Das ist Scherz; mir aber ist es Ernst. Ich könnte mich meinen Vorgesetzten nicht besser empfehlen, als wenn wir gerade jetzt, da ich der Kommandierende bin, diese berüchtigte Bande in die Hand bekämen. Aber wenn ihr warten wollt, bis sie über euch herfallen, begeht ihr euch in die größte Gefahr!«

      »Fällt keinem Menschen ein!«

      »Und doch! Der Ueberfall wird doch in der Weise stattfinden, daß sie euch niederschießen?«

      »Wenn wir uns hinstellen, ja; aber der kleine Sam Hawkens wird mit seinen Leuten verschwunden sein.«

      »Dann ist aber von einem Ueberfalle keine Rede!«

      »Warum nicht? Die Wagen werden überfallen, und wenn wir nicht bei denselben sind, so bleibt die That doch ein Verbrechen, und wir können getrost behaupten, daß sie uns ermordet hätten, wenn sie uns angetroffen hätten. Wir werden zwar nicht beweisen können, daß sie Mörder sind; aber sie überfallen nächtlicher Weile einen Wagenzug; das ist Raub, und darauf steht hier zu Lande die Todesstrafe.«

      »Well! Aber wie wollt ihr sie dabei ergreifen, ohne daß es zum Kampfe kommt und ihr euch also in die Gefahr begebt, euer Leben zu verlieren?«

      »Das wird sich finden, wird sich ganz gewiß finden, Sir, wenn Ihr uns dabei unterstützen wollt.«

      »Das soll mehr als gern geschehen; nur möchtet Ihr mir sagen, wie Ihr Euch diese Unterstützung denkt.«

      »Setzt Euch aufs Pferd und begleitet uns mit einem Trupp Eurer Kavallerie!«

      »Ich wäre ganz glücklich, wenn ich das thun dürfte; aber es ist mir nicht gestattet, meinen Posten hier zu verlassen. Und da ich so wenig Leute hier habe, könnte ich höchstens nur zwanzig Mann detachieren.«

      »Das genügt vollständig, Sir.«

      »Wenn Ihr dies meint, so soll’s geschehen, doch muß ich unbedingt vorher wissen, wie Ihr Euch die Sache denkt. Hat Eure Ansicht meinen Beifall, so sollt Ihr zwanzig Mann bekommen. Seid Ihr denn wirklich so sicher, daß die Finders Euch folgen werden?«

      »Daß sie kommen werden, das ist so sicher, wie mein alter Filzhut hier, hihihihi! Sie werden freilich nicht wagen, sich in Tucson sehen zu lassen, sondern die Stadt umreiten; dennoch aber ist es möglich, daß sie einen einzelnen von ihnen als Kundschafter in die Stadt senden. Darum darf jetzt niemand als nur wir beide, höchstens noch der Lieutenant, erfahren, was wir vorhaben. Also sie werden einen Bogen um die Stadt schlagen, bis sie wieder auf unsre Wagenspur treffen, und derselben folgen, bis sie bemerken, daß und wo wir für die nächste Nacht Lager machen. Sie bleiben natürlich zurück und ruhen aus, bis es dunkel geworden ist; dann kann und wird der Ueberfall stattfinden, wenn ich mich nicht irre.«

      »Nun, und Ihr? Ihr wolltet doch nicht bei den Wagen bleiben, wie Ihr vorhin sagtet.«

      »Ja, wir werden uns freilich hüten, uns erschießen zu lassen. Wir gehen fort.«

      »Wohin?«

      »Das kommt darauf an, wo wir lagern werden. Kennt Ihr die Stelle, an welcher die Guadeloupestraße mit dem Wege von Babasaqui zusammenstößt? Und wird diese Stelle auch dem Lieutenant, den Ihr uns mitgeben wollt, bekannt sein?«

      »Wir sind beide mehrere Male dort gewesen, er sowohl wie ich.«

      »Well, ist mir lieb. Dort werden wir lagern, denn dort gibt es Wasser, was für unsre Zugtiere die Hauptsache ist. Ihr schickt den Lieutenant mit seinen Leuten voraus dorthin; aber er muß sich seitwärts unsres Weges halten, damit die Finders nicht etwa seine Spur treffen und mißtrauisch werden. Wir folgen später und treffen mit ihm dort zusammen. Sobald es zu dunkeln beginnt, zünden wir ein großes, helles Feuer an, damit die Finders uns leicht bemerken können. Dann lassen wir die Wagen stehen und machen uns zur Seite, um die Kerls,


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