Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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Besuch kommen.«

      »Aber ob er sie finden wird!«

      Diese Worte waren in einem so eigenthümlichen Tone gesprochen, daß der Schloßvogt ihn anblickte, doch zeigte seine Miene keineswegs eine Ueberraschung.

      »Ah, der gnädige Herr haben das Mädchen bereits gesehen?«

      »Ja, vorhin.«

      »Ich kenne den Geschmack Ew. Hoheit und hatte mir vorgenommen, Sie auf diese schöne Müllerstochter aufmerksam zu machen.«

      »Ist noch Platz?«

      »Hm, Zwei ist gefährlich und könnte die Sache verrathen!«

      »Sie unbemerkt heraufzubekommen kann doch unmöglich schwierig sein!«

      »Das nicht; aber sie würde mit der Komtesse zusammen kommen, was gar nicht zu vermeiden ist, und das mindert die Sicherheit. Hoheit müßten sich entschließen, sie in einem der alten Verließe unterzubringen, im Falle sie sich obstinat zeigt.«

      »Das wird sie allerdings thun, wie ich es aus Erfahrung weiß.«

      »Sollten der gnädige Herr bereits mit ihr gesprochen haben?«

      »Mit ihr und ihrem Vater. Ich forderte einen Kuß von ihr, wurde aber zu einem sehr schmählichen Rückzuge getrieben. Wäre ich länger geblieben, so glaube ich, man hätte mich fortgeprügelt.«

      »Auf diese Weise ist man Ihnen begegnet? Hoheit, ich stehe zu Diensten!«

      »Das versteht sich ganz von selbst. Ehe ich mich aber zu irgend einem Schritte entschließe, werde ich mit der Komtesse sprechen. Vor allen Dingen merken Sie sich, daß von meiner Anwesenheit hier so wenig wie möglich verlautet. Ich will ungestört sein.«

      Da, wo der Basaltfelsen von dem Schloßplateau jäh und senkrecht zur Tiefe fiel, lag hinter der hohen Umfassungsmauer der Burg ein kleines Gärtchen, in welchem die Edelfrauen früherer Jahrhunderte wohl einige der ihnen nothwendigsten Küchengewächse gebaut hatten. Der Prinz hatte diesen Platz in einen allerliebsten Blumengarten umwandeln lassen. Zwar war er rings von hohen starken Mauern umgeben, aber in das äußere Gemäuer, welches sich auf die scharfe Kante des Felsens stützte, hatte man einige Schießscharten ähnliche Oeffnungen angebracht, durch welche ein Ausguck weit in das Land hinein ermöglicht wurde.

      Vor einer dieser Oeffnungen stand eine mit weichem Moose bedeckte Bank, welche von einem dichten, Schatten spendenden Epheu laubenartig überwölbt wurde. Auf dieser Bank saß eine junge Dame, welche vielleicht zweiundzwanzig Jahre zählen mochte. Sie trug ein einfaches weißes Negligékleid, welches sich schlafrockähnlich um die üppig vollen Formen legte und nur mit einem schmalen blauseidenen Gürtel um die Taille befestigt war. Ein reiches lichtblondes Haar fiel in reizender Unordnung von dem schönen Köpfchen auf die weichen Schultern nieder, deren reines Weiß verführerisch durch den transparenten Stoff schimmerte; Nacken und Hals waren unbedeckt und auch die Aermel waren bis weit hinauf aufgeschlitzt, so daß die herrlich geformten Arme bis beinahe herauf an die Schultern frei zu liegen kamen. Der dünne Stoff legte sich verrätherisch eng an die Hüften und Beine, und die kleinen niedlichen Füßchen waren nur mit türkischen Pantoffeln bekleidet, so daß es ganz den Anschein hatte, als sei diese Dame eine jener Phrynen, welche es verstehen, durch eine raffinirte Toilette ihre Reize zu verdoppeln und ihr Opfer unwiderstehlich zu fesseln, wie die Schlange, welche mit ihrem Blicke den unschuldigen Vogel bezaubert, daß er ihr nicht zu entfliehen vermag.

      Blickte man aber in dieses schöne reine Angesicht, in diese kindlich treuen vertrauensvollen Augen, so war es geradezu unmöglich zu glauben, daß dieses süße Wesen einer solchen Berechnung fähig sei. Man hätte vielmehr annehmen mögen, daß die Dame ein solches Gewand ä la Kleopatra nicht aus eigenem und freiem Antriebe gewählt habe, sondern durch irgend welche Umstände gezwungen worden sei es anzulegen. Auf ihrer reinen klaren Stirn schien eine Falte des Trübsinns sich gewaltig Bahn brechen zu wollen; die Winkel des kleinen Mundes waren mit einer gewissen Strenge nach unten gezogen, und der Blick suchte in dieser Schwermuth durch die Mauerspalte die Ferne, in welcher sich der Aether zu einem immer dunkleren Blau verdichtet. Dieses Blau, dieses tiefe, feuchte, thränenschwangere Blau hatten auch die Augen, aus denen eine Sehnsucht sprach, welche vielleicht ohne Hoffnung war.

      Da wurden Schritte hörbar. Sie wandte sich um und erblickte den Prinzen. Im Nu verbreitete sich heller Sonnenschein über ihr Angesicht; sie sprang empor, öffnete die Arme und eilte ihm einige Schritte mit sichtlichem Entzücken entgegen.

      »Hugo, mein Hugo, endlich, endlich!«

      Er umfing sie und drückte sie heiß an sich. Sie lag an seinem Herzen und litt die glühenden Küsse, unter welchen seine Lippen ihren Mund und ihre Wangen berührten.

      »Toska, meine süße herrliche Toska; endlich ist es mir vergönnt, wieder bei Dir zu sein!«

      Er zog sie auf die Bank zu sich nieder und schlang die Arme noch inniger um sie als vorher. Auch sie legte ihren Arm um seinen Nacken. Da aber fiel ihr Auge auf diesen unverhüllten Körpertheil, und mit einem Male kam sie wieder zum Bewußtsein dessen, was ihr Gefühl bereits seit Monaten empört hatte. liefe Gluth legte sich über ihr Gesicht von der Stirn bis zum Nacken herab; sie riß sich ungestüm los, trat zurück und hüllte sich so tief wie möglich in das Gewand, welches ihr doch keine genügende Hülle bot.

      »Was ists? Was hast Du so plötzlich?« frug er »Hugo, wo sind meine Kleider, welche ich mit hierher brachte? Man verweigert sie mir und zwingt mich, Gewänder anzulegen, die mich noch tödten werden.«

      »Ich kenne nur ein Gewand, welches getödtet hat, nämlich dasjenige des Herkules, und dieses war vergiftet.«

      »O, auch diese Kleider enthalten ein Gift, ein fürchterliches Gift. Gieb Befehl, daß ich die meinigen wieder erhalte, sonst fürchte ich mich vor mir selbst!«

      »Du wirst sie erhalten, vorausgesetzt, daß Du mir folgsam bist.«

      »Wie wünschest Du daß ich sein soll?«

      »Liebevoll.«

      »Bin ich dies nicht stets gewesen, bin ich dies nicht auch heute wieder?«

      »Ich meine diejenige Liebe, welche die Frau zum Manne hat.«

      »Die sollst Du nicht vergebens suchen, doch zuvor muß ich erst Dein Weib sein. Ich habe meine Ehre auf das Spiel gesetzt; ich habe Dir meine Freiheit und alle meine Vergnügungen geopfert, weil Du es so wolltest. Ich sollte scheinbar verreisen, sollte mich auf einige Zeit zurückziehen, um die Augen irre zu leiten, welche unsere Liebe zu erforschen suchten. Die Zeit, welche Du bestimmtest, ist längst vorüber, und noch immer bin ich gefangen, darf mit keinem Menschen verkehren und habe, wenn Du je kommst um mich zu besuchen, mit Dir und mit einer Liebe zu ringen, welche Deiner und meiner nicht würdig ist. Du liebst mich nicht mehr!«

      »Mehr als jemals, ich schwöre es Dir; aber warum ringst Du mit meiner Liebe?«

      »Ich verstehe sie nicht.«

      »Dann liebst Du nicht! Du denkst an die Krone, welche ich vielleicht einst tragen werde, aber nicht an das Glück, welches ich bei Dir suche und doch nicht finde.«

      »Warum muß ich mich noch immer verbergen? Warum nimmt man mir meine Garderobe und legt mir Kleider hin, deren sich nur eine Tänzerin nicht schämt?«

      »Weil die Liebe nur im Verborgenen ihre schönsten und süßesten Triumphe feiert, und weil ich wünsche, Dich so reizend und entzückend wie möglich zu sehen, wenn mein Verlangen mich zu Dir treibt. Komm, setze Dich auf meinen Schooß und laß uns kosen!«

      Ihr Blick verfinsterte sich, und sie hüllte sich womöglich noch tiefer ein.

      »Also immer noch wie zuvor! Ich habe gehofft und geharrt, ich habe gebetet und geweint – vergebens. Ich warte nicht länger. Mache mich zu Deinem Weibe, offen oder heimlich einstweilen, oder lasse mich wieder zurückkehren!«

      »Du kannst Schloß Himmelstein noch nicht verlassen, Toska; die Umstände verbieten es. Man weiß bereits, daß Du nicht verreist bist; man ahnt sogar, daß ich Dich verberge. Deine Rückkehr ist unmöglich, so lange Du noch nicht mein Weib geworden bist.«

      »So mache mich zu diesem!«

      »Das


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