Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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womit!«

      »Mit Oel.«

      »Aber dies ist ja die ewige Lampe hier aus der Kapelle!«

      »Ja; aber das Oel ist ganz gut für die Stiefel.«

      »Wie kommst Du von Fallum hierher, Bürschchen?«

      »Von Fallum! Wo ist das?«

      Jetzt stutzte der Prinz. Er fand hier eine höchst seltene und auffällige Aehnlichkeit, die er bewundern mußte. Nach einer schärferen Musterung des Knaben frug er:

      »Heißt Du nicht Schubert?«

      »Nein.«

      »Und bist nicht der Stiefsohn eines Fischers im Seebad Fallum?«

      »»Sie hören ja, daß ich gar nicht weiß wo Fallum liegt!«

      »Wie ist Dein Name?«

      »Franz Geißler.«

      »Geißler? So heißt der Schloßvogt.«

      »Das ist mein Oheim, bei dem ich jetzt bin.«

      »Auf Besuch?«

      »Für immer. Mein Vater, der sein Bruder war, ist gestorben, und da hat er mich zu sich genommen.«

      Diese Worte wurden in einem Tone gesprochen, welchem anzuhören war, daß dem Knaben der Tod seines Vaters eine höchst gleichgiltige Sache sei.

      »Was treibst Du denn bei ihm?«

      »Ich? Nichts!«

      »Du mußt doch etwas thun und etwas lernen!«

      »Ist nicht nothwendig. Ich werde Diener oder Reitknecht beim tollen Prinzen.«

      »Ah! Wer sagt das?«

      »Mein Oheim. Wenn der Prinz kommt wird es abgemacht.«

      »Dann bekommt er einen Diener, über den er sich freuen kann, einen, der seine Stiefel aus der ewigen Lampe schmiert. Das dürften die frommen Väter sehen!«

      »Fromm? Sie sollten nur wagen mich auszuzanken! Komm, Tiras, ich bin fertig!«

      Er erhob sich, trug die Lampe in das Kapellchen und verschwand dann mit seinem Hunde hinter den Bäumen, welche die Straße zu beiden Seiten einfaßten.

      »Hm,« machte der Prinz, »ein kostbarer unverfrorener Bengel. Solche Subjekte sind sehr oft die brauchbarsten, welche man finden kann. Aber eine solche Aehnlichkeit ist mir noch nicht vorgekommen. Ich hielt ihn wahrhaftig für diesen Fallumer Schifferjungen, der an mich gedenken soll. Wer weiß, wie diese Aehnlichkeit noch einmal benützt werden kann.«

      Er verfolgte seinen Weg weiter und gelangte zur Burg, deren Thor weit geöffnet war, da man seine Ankunft bemerkt hatte. Geißler, der Vogt, stand zum Empfange bereit, und hinter ihm diejenigen Bewohner des Schlosses, welche er in der Eile hatte zusammenraffen können.

      »Königliche Hoheit, welch eine Ueberraschung! Hätte ich ahnen können, daß uns das Glück Ihrer Gegenwart bevorstehe, so wären sicher – »

      »Schon gut! Sie wissen, daß ich Privatmann sein will, wenn ich Burg Himmelstein aufsuche. Meine Zimmer sind in Ordnung?«

      »Stets, gnädiger Herr!«

      »Dann vorwärts!«

      Er stieg ab, warf die Zügel seines Pferdes einem Knechte und schritt über den Burghof hinweg gegen eine Treppe, welche ihn in diejenigen Räume führte, die er hier zu bewohnen pflegte. Das waren noch dieselben Gemächer, in denen die alten Himmelsteiner gehaust hatten, aber die alten Eichenmöbel waren verschwunden, um einer Einrichtung nach dem neuesten Stile Platz zu machen, und an Stelle der klein- und rundscheibigen Fenster waren große geschliffene Tafeln getreten, welche beim Untergange der Sonne wie glühendes Gold über das weite Land zu schimmern pflegten. Von hier aus hatten die alten Ritter dem edlen Handwerke des Wegelagerns obgelegen, und von hier aus setzte der Prinz dieses edle, ächt aristokratische Vergnügen fort, nur auch in einer Weise, welche den gegenwärtigen Zuständen angemessener war.

      In seinem gewöhnlichen Wohnzimmer eingetreten, nahm er auf einem Sopha Platz.

      »Etwas vorgefallen?«

      »Nichts von Bedeutung, Hoheit.«

      »Ihre Familie hat sich vergrößert?«

      »Durch einen Neffen, dessen ich mich annehmen mußte, als sein Vater starb.«

      »Bin ihm begegnet. Scheint ein sehr wohlerzogener Bursche zu sein.«

      Das Gesicht des Vogtes verfinsterte sich.

      »Der Bube ist mit dem Hunde fort. Ich hoffe nicht, daß er sich durch irgend eine Ungehörigkeit das Mißfallen des gnädigen Herrn zugezogen hat!«

      »Nicht im Geringsten. Im Gegentheile, ich habe mich sehr über ihn amusirt. Er saß mit dem Hunde hinter der Kapelle, hatte sich die ewige Lampe aus derselben geholt und schmierte mit dem Oele seine Stiefel ein. Ich wäre neugierig das Gesicht zu sehen, welches ihm beim Atrappiren von den frommen Patres gemacht worden wäre.«

      »Verzeihen Hoheit ihm diesen Knabenstreich! Der Junge hat wirklich keinen Begriff von der schweren Sünde, welche er begangen hat.«

      »Pah; das hat er mit der heiligen Mutter Gottes abzumachen! Man soll der Jugend die Scheriagen nicht allzu sehr verkürzen, sonst zieht man sich Schwächlinge oder Duckmäuser heran. Uebrigens frappirte mich seine außerordentliche Aehnlichkeit mit einem Burschen, für den ich ihn wirklich ganz und gar gehalten habe. Sie lesen die Zeitungen?«

      »Ein wenig.«

      »Haben Sie mein Fallumer Abenteuer mit dem General von Helbig gefunden?«

      »Allerdings. Ich begreife die geradezu riesenhafte Rücksichtslosigkeit nicht, mit welcher die dortigen Behörden diesen schauderhaften Fall behandelten. Ein Prinz von Süderland gegen einen schmutzigen Fischerjungen, öffentlich verhandelt und endlich gar in Strafe genommen. Solche Richter verdienen durchgepeitscht zu werden!«

      »Eigenthümlich genug war es. Ich zeigte den Jungen an, und mich zeigte der General an; ich wurde zu einer mehrmonatlichen Gefängnißstrafe verurtheilt, von welcher ich mich nur auf dem Gnadenwege zu befreien vermochte, und den jungen sprach man frei, so daß ich noch die Untersuchungskosten zu tragen hatte. Das sind norländische Zustände, hahaha! Seit dort ein Schmiedesohn Kronprinz und ein Zigeunerbankert Herzog von Raumburg geworden ist, gilt königliches Geblüt noch weniger als Vagabundensaft. Und solchem obskuriösen Volke gibt man meine Schwester Asta zum Weibe!«

      »Ist es wahr, daß General Helbig diesen Fischerbuben adoptirt hat?«

      »Adoptirt nicht, doch beinahe so. Er hat ihn und seine Mutter zu sich genommen, um für seine Erziehung zu sorgen. Es wird eines schönen Tages die Zeit kommen, in welcher ich mit diesem Volke Abrechnung halte! Doch wie steht es mit der Komtesse?«

      »Gesund ist sie, ob aber gefüger geworden kann ich nicht sagen.«

      »Wo ist sie?«

      »Im Gärtchen jetzt.«

      »Wer verkehrt mit ihr?«

      »Nur ich und meine Frau, wie Ew. Hoheit streng befohlen haben.«

      »Ich werde sie aufsuchen. Doch, apropos, da fällt mir ein: in der Höllenmühle ist ein neuer Besitzer?«

      »Ja, ein Norländer Namens Uhlig.«

      »Was sind es für Leute?«

      »Sie sind, was man so stille und arbeitssame Menschen zu nennen pflegt. Er versteht sein Handwerk aus dem Fundamente und ist ein ausgezeichneter Landwirth, wie es den Anschein hat. Besseres Brod und Mehl als bei ihm hat es noch nicht gegeben.«

      »So kaufen Sie auch jetzt noch in der Hölle?«

      »Ja.«

      »Auch die Patres?«

      »Nein. Der Müller ist Protestant, daher mag der Bruder Proviantmeister nichts mit ihm zu thun haben.«

      »Hat Uhlig Kinder?«

      »Eines, eine Tochter.«

      »Ledig?«

      »Verlobt.«

      »Mit


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