Die Juweleninsel. Karl May

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Die Juweleninsel - Karl May


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gabst mir Dein Wort!«

      »Ich halte dasselbe. Komm!«

      Er nahm sie bei der Hand und zog sie wieder an sich. Sie ließ es zögernd geschehen.

      Unterdessen gab der Schloßvogt seine Befehle und suchte dann seine Frau auf, welche sich in der Küche befand.

      »Wo ist der Prinz?« frug sie.

      »Im Garten.«

      »Ist nicht auch die Komtesse dort?«

      »Ja. Ich hoffe, sie wird endlich klug werden!«

      »Was nennst Du klug?«

      »Die Aufgabe ihres Widerstandes gegen ihn.«

      »Ja, Ihr Männer seid sehr weise. Oft aber seid Ihr zum Bedauern dumm. Ein Gehorsam gegen ihn würde die größte Albernheit sein!«

      »Wie so?«

      »Das muß ich diesem Menschen erst erklären! Er liebt sie; nicht?«

      »Hin, er liebt Alle!«

      »Gut; dann will ich sagen, daß er entzückt ist von ihrer Schönheit; denn schön ist sie, wie ich noch niemals eine Andere gesehen habe. Er hat ihr versprochen sie zu heirathen, will aber nur ihre Schönheit genießen, und das ahnt sie jetzt. Er hat sich durch diesen albernen Befehl, sie zum Anlegen unzüchtiger Kleidungsstücke zu zwingen, verrathen. Gehorcht sie ihm, so ist sie verloren, denn er wird satt und vergißt sie. Sie stirbt dann auf Schloß Himmelstein oder da unten im Nonnenkloster; denn er sorgt ganz sicher dafür, daß sie verschwunden bleibt. Durch das Versagen seiner Wünsche aber facht sie dieselben vielleicht zu einer solchen Höhe an, daß er doch noch am Ende die Unklugheit begeht, sie zu heirathen. Dazu gehört freilich mehr Talent als sie besitzt; dazu gehört eine genaue Berechnung, eine so schlaue Taktik, wie sie nur bei sehr erfahrenen Frauen zu finden ist.«

      »Pah, Ihr Weiber seid alle erfahren! Der jüngste Backfisch versteht es heut zu Tage ganz gut, den vorsichtigsten Mann zu überrumpeln und zu überlisten.«

      »So! Hast Du Dich vielleicht auch bereits von einem Backfische überlisten lassen?«

      »Nein, aber von einem Stockfisch!«

      »Wen meinst Du mit diesem Worte, he? Doch nicht etwa mich?«

      »Wen ich meine, das kannst Du Dir – horch, was war das? Rief da nicht jemand um Hilfe?«

      »Es klang beinahe so. Aber wer sollte hier um Hilfe rufen?«

      »Es war im Garten. Horch, noch einmal – zum dritten Male! Es kommt näher. Er wird durch seine Unvorsichtigkeit Skandal verursachen. Ich muß hinab!«

      Der Vogt eilte nach dem hinteren Hofe, aus welchem ein kleines Pförtchen nach dem Gärtchen führte. Toska hatte nur in diesen Hof Zutritt, und wenn sie dort erschien, war dafür gesorgt, daß Niemand von der Dienerschaft dort zugegen sein konnte. Sie war eine Gefangene im wahrsten Sinne des Wortes, deren Anwesenheit man so viel wie möglich zu verheimlichen suchte.

      Als der Vogt diesen Hof erreichte, kam ihm Toska mit wehendem Haare und fliegendem Gewande entgegen. Sie wurde von dem Prinzen verfolgt. Geißler wollte sie halten, aber sie entschlüpfte ihm. Beide rannten ihr nach, die Treppe empor und einen Korridor entlang, dessen Eckzimmer ihre Wohnung bildete. Sie erreichte dasselbe in demselben Augenblicke mit dem Prinzen; er trat mit ihr ein und verschloß die Thür. Während dies geschah und er ihr dabei den Rücken zukehrte, hatte sie ein Messer von dem Tische ergriffen und an sich genommen.

      »So, mein Schätzchen,« lachte er. »Eine solche kleine Jagd ist interessant, aber entkommen kannst Du mir nicht!«

      »Meinen Sie?« antwortete sie mit keuchendem Athem und fliegendem Busen. »»Jetzt erst kenne ich Sie; jetzt thue ich den ersten klaren Blick in die Verworfenheit Ihrer niederträchtigen Seele. Verlassen Sie mich, wir haben nichts mehr mit einander zu schaffen!«

      »Wirklich? Ich meine, daß wir erst noch einen zärtlichen Abschied feiern werden, ehe wir scheiden. Komm an mein Herz, mein süßes holdes Liebchen!«

      Er machte Miene sie zu umarmen. Da erhob sie die mit dem Messer bewaffnete Hand:

      »Wagen Sie es, mich anzurühren!«

      Er trat bei diesem entschlossenen Tone doch einen Schritt nach rückwärts.

      »Ah, interessant, ganz wie auf der Bühne. Sie verrathen theatralisches Talent!«

      »Möglich, aber ich werde nicht nur spielen, sondern vielmehr wirklich handeln. Verlassen Sie augenblicklich mein Zimmer, sonst rufe ich die Leute herbei!«

      »Das würde Ihnen nichts helfen, Komtesse, denn diese Leute stehen in meinem Dienste und haben also nur mir zu gehorchen. Wollen Sie mich anhören?«

      »So sprechen Sie. Aber machen Sie es kurz, und versuchen Sie es nicht sich mir zu nähern, da ich sonst von meiner Waffe Gebrauch machen werde. Sie kennen mich!«

      »Allerdings kenne ich Sie. Ich weiß, daß Sie das einzige Kind waren und eine Erziehung genossen haben, wie sie sonst nur Knaben zu Theil zu werden pflegt. Sie reiten, turnen, schießen und fechten, ich weiß es; Ihr Messer aber flößt mir dennoch keine Furcht ein.«

      »Pah, ich werde es gebrauchen, mit welchem Erfolge, das wird sich zeigen!«

      Der Prinz schien doch ein wenig schüchtern zu werden. Er wich noch um etwas zurück und meinte dann:

      »Diesen Erfolg kenne ich. Sie sind nicht der erste Vogel, den ich hier zähmen lasse. Wir wollen offen sein.«

      »Oh, fürchten Sie nicht, daß ich schmeicheln werde.«

      »Wohl Komtesse, so hören Sie! Burg Himmelstein wird öfters von Damen bewohnt, welche die Liebe und ihre Schönheit heraufgeführt haben. Fügen sie sich in meine Befehle, so werden sie später mit reichen Geschenken entlassen und haben die Wonne aller Seligkeiten genossen. Fügen sie sich aber nicht, so verschwinden sie aus dem Leben; sie sterben nach Jahren in den Verließen, aus denen seit Jahrhunderten kein Auferstehen gewesen ist. Wählen Sie!«

      Sie war erbleicht, fürchterlich erbleicht.

      »Sie sind ein Teufel!« hauchte sie endlich. »Und einen solchen Satan liebte ich!«

      »Ja, Sie liebten mich und folgten mir, wie alle Ihre Vorgängerinnen,« lächelte er. »Glaubten Sie wirklich, daß ich Sie an meine Seite heben würde? Sie waren schamhaft, verteufelt schamhaft und zurückhaltend, ich suchte dieses alberne Gefühl zu tödten, indem ich Ihnen eine geeignete Toilette aufnöthigte. Es hat nichts geholfen. Sie werden mir gehören oder diese Mauern niemals verlassen. Wählen Sie!«

      Ihre Augen leuchteten.

      »Ich habe gewählt.«

      »Wie?«

      »Sie sind mir mehr zuwider als das häßlichste Gewürm, das auf Erden kriecht.«

      »Gut. So ist Ihr Schicksal entschieden. Man wird Sie in das Verließ bringen.«

      »Noch ist es nicht so weit. Noch habe ich mein Messer!«

      »Machen Sie sich nicht lächerlich. Es gibt hier Hände genug, welche es Ihnen zu entringen vermögen.«

      »So sterbe ich als Gefangene, aber doch mit dem Bewußtsein, daß Sie mich nicht anrühren durften.«

      »Dieses süße Bewußtsein will ich Ihnen gönnen, obgleich es mir doch vielleicht noch beikommen könnte, mich Ihnen zu nähern, wenn Sie gefesselt und unschädlich gemacht worden sind.«

      »Feiger elender Schurke!«

      »Danke! Auf alle Fälle aber muß ich Ihnen sagen: Sobald Sie sich in dem Verließe befinden, sind Sie das Eigenthum des Knechtes, der Sie füttert. Er wird glücklicher sein als ich.«

      Scheusal!«

      »Noch einmal, wählen Sie!«

      »Ich habe gewählt ünd würde mich auf der Stelle tödten, aber ich hoffe auf die Gerechtigkeit und Hilfe Gottes; er wird mich nicht verlassen, Sie aber zu treffen wissen!«

      »Auch diese Hoffnung lasse ich Ihnen. Wir sind fertig. Adieu!«

      Er verließ das Gemach und verschloß


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