Zielobjekt Null . Джек Марс

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Zielobjekt Null  - Джек Марс


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Erinnerung in seinem Gedächtnis auf – dieselbe Erinnerung, wie zuvor, nun aber deutlich klarer. In der Küche ihres ehemaligen Hauses in Virginia. Kate hatte etwas gefunden, während sie Staub von einer der Klimaanlagen gewischt hatte.

      Eine Waffe auf dem Tisch – eine kleine, silberne Neun-Millimeter-LC9. Kate deutete auf sie wie auf einen verfluchten Gegenstand. „Warum hast du die, Reid?“

      „Sie ist … nur zum Schutz“, lügst du sie an.

      „Zum Schutz? Weißt du überhaupt, wie man so etwas benutzt? Was, wenn eines der Mädchen das Ding gefunden hätte?“

      „Das würden sie nicht –“

      „Du weißt doch, wie neugierig Maya sein kann. Jesus, ich möchte gar nicht wissen, wie du sie bekommen hast. Ich möchte dieses Ding nicht in unserem Haus haben. Bitte, werde sie los.“

      „Natürlich. Es tut mir leid Katie.“ Katie – der Name, den du benutzt, wenn sie wütend ist.

      Du nimmst vorsichtig die Waffe vom Tisch, so als wüsstest du nicht, wie du damit umgehen sollst.

      Sobald sie zur Arbeit fährt, musst du die anderen elf herausholen, die sich überall im Haus versteckt befinden. Bessere Orte für sie finden.

      „Professor?“ Der blonde Junge, Wright, sah Reid besorgt an. „Sind Sie in Ordnung?“

      „Ähm … ja.“ Reid richtete sich auf und räusperte sich. Seine Finger schmerzten; er hatte fest die Schreibtischkante ergriffen, als die Erinnerung in sein Gedächtnis kam. „Ja, entschuldigen Sie.“

      Nun gab es keinen Zweifel mehr. Er war sich sicher, dass er zumindest eine Erinnerung an Kate verloren hatte.

      „Ähm … entschuldigen Sie mich, aber ich fühle mich auf einmal nicht so gut“, sagte er zu der Klasse. „Es hat mich irgendwie getroffen. Lassen Sie uns …  ähm heute hier aufhören. Ich werde Ihnen etwas zum Lesen geben und wir holen diese Stunde am Montag nach.“

      Seine Hände zitterten, als er die Nummern der Seiten aufzählte. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, als die Schüler das Zimmer verließen. Das braunhaarige Mädchen aus der dritten Reihe blieb an seinem Schreibtisch stehen. „Sie sehen nicht sonderlich gut aus, Professor Lawson. Möchten Sie, dass wir jemanden anrufen?“

      Eine Migräne breitete sich im vorderen Bereich seines Kopfes aus, aber er zwang sich zu einem Lächeln, von dem er hoffte, dass es angenehm aussah. „Nein, danke. Es wird schon gehen. Ich brauche nur etwas Ruhe.“

      „Okay. Gute Besserung Professor.“ Sie verließ das Klassenzimmer.

      Sobald er alleine war, kramte er in der Schreibtischschublade herum, fand eine Aspirin und schluckte sie mit etwas Wasser aus der Flasche in seiner Tasche. Die Erinnerung hatte nicht nur eine mentale oder emotionale Auswirkung auf ihn – sie hatte auch einen körperlichen Effekt. Der Gedanke daran, auch nur eine einzige Erinnerung an Kate zu verlieren, wo sie bereits von ihm genommen worden war, war grauenhaft.

      Nach ein paar Minuten ließ das Übelkeitsgefühl in seinem Magen nach, die Gedanken, die in seinem Kopf herumwirbelten jedoch nicht. Er konnte nun keine Ausreden mehr finden; er musste eine Entscheidung treffen. Er würde entscheiden müssen, was er tun wollte. Zu Hause, in einer Kiste in seinem Büro, hatte er den Brief, in dem ihm geschildert wurde, wo er Hilfe bekommen könne – bei einem Schweizer Arzt namens Guyer, demselben Neurochirurgen, der ihm den Gedankenunterdrücker eingesetzt hatte. Wenn irgendjemand ihm dabei helfen konnte, sein Gedächtnis wiederherzustellen, dann wäre er es. Reid hatte die letzten Monate damit verbracht, hin und her zu überlegen, ob er zumindest versuchen sollte, sein volles Gedächtnis wiederzuerlangen.

      Aber Erinnerungen an seine Frau waren gelöscht worden und er hatte keine Möglichkeit, zu wissen, was sonst noch mit dem Unterdrücker verlorengegangen war.

      Nun war er bereit.

      KAPITEL SIEBEN

      „Schau mich an“, sagte Imam Khalil auf Arabisch. „Bitte.“ Er hielt den Jungen bei den Schultern, eine väterliche Geste, und ging ein wenig in die Knie, sodass er auf Augenhöhe mit ihm war.

      „Schau mich an“, wiederholte er. Es war keine Forderung, sondern eine sanfte Bitte. Omar hatte Schwierigkeiten, Khalil in die Augen zu sehen. Stattdessen schaute er auf sein Kinn, auf den gestutzten schwarzen Bart, der sorgfältig am Hals entlang rasiert war. Er betrachtete die Umschläge seines dunkelbraunen Anzugs, welcher keineswegs teuer war und doch edler, als alle Kleidungsstücke, die Omar jemals getragen hatte. Der ältere Mann roch angenehm und er sprach mit dem Jungen, so als seien sie gleichwertig, mit einem Respekt, den er noch nie zuvor von jemand anderem entgegengebracht bekommen hatte. Aus all diesen Gründen konnte Omar sich nicht dazu bringen, Khalil in die Augen zu schauen.

      „Omar, weißt du, was ein Märtyrer ist?“, fragte er. Seine Stimme war deutlich, aber nicht laut. Der Junge hatte den Imam noch nie schreien gehört.

      Omar schüttelte seinen Kopf. „Nein, Imam Khalil.“

      „Ein Märtyrer ist eine Art Held. Aber er ist mehr als das; er ist ein Held, der sich voll und ganz dem Zweck hingibt. An einen Märtyrer erinnert man sich. Ein Märtyrer wird gefeiert. Du, Omar, wirst gefeiert werden. Man wird sich an dich erinnern. Du wirst für immer geliebt werden. Und weißt du, weshalb?“

      Omar nickte leicht, aber er sprach nicht. Er glaubte an die Lehren des Imams, hatte sich an ihnen festgeklammert wie an einem Rettungsring und das umso mehr nach dem Bombenanschlag, durch den seine Familie getötet worden war. Selbst nachdem er von Regimekritikern aus seiner Heimat Syrien vertrieben worden war. Er hatte jedoch Schwierigkeiten, zu glauben, was ihm Imam Khalil vor wenigen Tagen gesagt hatte.

      „Du bist gesegnet“, sagte Khalil. „Schau mich an, Omar.“ Mit viel Mühe hob Omar seinen Blick, um in Khalils braune, sanfte, freundliche und doch mächtige Augen zu sehen. „Du bist der Mahdi, der letzte Imam. Der Erlöser, der die Welt von ihren Sündern befreien wird. Du bist der Retter, Omar. Verstehst du das?“

      „Ja Imam.“

      „Und glaubst du daran, Omar?“

      Der Junge war sich nicht sicher, ob er das tat. Er fühlte sich nicht besonders oder wichtig oder von Allah gesegnet, und trotzdem antwortete er: „Ja Imam. Ich glaube es.“

      „Allah hat zu mir gesprochen“, sagte Khalil sanft, „und er hat mir gesagt, was wir tun müssen. Erinnerst du dich daran, was du tun sollst?“

      Omar nickte. Seine Mission war ziemlich leicht, doch der Khalil stellte sicher, dass der Junge keine Bedenken darüber hatte, was es für ihn bedeutete.

      „Gut. Gut.“ Khalil lächelte breit. Seine Zähne waren absolut weiß und glänzten im hellen Sonnenlicht. „Bevor wir auseinander gehen, Omar, würdest du mir die Ehre erweisen, für einen Moment mit mir zu beten?“

      Khalil streckte seine Hand aus und Omar griff nach ihr. Sie war warm und weich. Der Imam schloss seine Augen und seine Lippen bewegten sich, als er stumme Worte aussprach.

      „Imam?“, sagte Omar fast flüsternd, „Sollten wir nicht nach Mekka ausgerichtet sein?“

      Wieder lächelte Khalil breit. „Heute nicht Omar. Der einzig wahre Gott gewährt mir eine Bitte; heute bete ich zu dir.“

      Die beiden Männer standen für eine lange Zeit dort und beteten stumm einander zugewandt. Omar spürte den warmen Sonnenschein auf seinem Gesicht und während der stummen Minute, die folgte, glaubte er, so etwas wie die unsichtbaren Finger Gottes dabei zu spüren, die seine Wange streichelten. Khalil kniete nieder, während sie im Schatten eines kleinen weißen Flugzeuges standen. Es passten nur vier Personen in das Flugzeug und es hatte Propeller über den Flügeln. Dies war näher, als Omar jemals an einem gewesen war – außer dem Flug von Griechenland nach Spanien, der das erste Mal gewesen war, dass Omar überhaupt in einem Flugzeug gesessen hatte.

      „Vielen Dank dafür.“ Khalil ließ die Hand des Jungen los. „Ich muss jetzt gehen und du ebenfalls. Allah ist bei dir, Omar, Friede sei mit ihm und Friede sei mit dir.“ Der ältere Mann lächelte


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