Himmel Der Zauber . Морган Райс
Читать онлайн книгу.irgendwann. Der Kampf ist sinnlos. Du wirst mich gehen lassen. Denn du und ich sind Eins.“
Thor stand über ihm und drückte mit zitternden Händen die Spitze seines Schwertes gegen Andronicus‘ Hals. Langsam hob er es hoch. Ein Teil von ihm wusste, dass die Worte seines Vaters wahr waren. Wie konnte er nur seinen Vater töten wollen?
Doch als er auf ihn hinabstarrte, dachte er an all die Schmerzen, all den Schaden, den sein Vater allen um ihn herum zugefügt hatte. Er dachte, daran, was es ihn kosten würde, wenn er ihn am Leben lassen würde. Der Preis war Barmherzigkeit. Es war ein zu großer Preis, nicht gerecht für Thorgrin, doch für alle anderen die er liebte. Thor warf einen Blick über die Schulter und sah die ungezählten Empirekrieger, die seine Heimat überfallen hatten und mit den Waffen in der Hand bereit dastanden, seine Leute anzugreifen. Dieser Mann war ihr Anführer. Thor war es seiner Heimat schuldig. Er war es Gwendolyn schuldig. Und am allermeisten sich selbst. Dieser Mann mochte von Blutes wegen sein Vater sein, doch mehr nicht. In keinem anderen Sinn des Wortes war das sein Vater. Und Blut alleine machte noch lange keinen Vater aus.
Thor hob sein Schwert, schloss seine Augen, und ließ es begleitet von einem lauten Schrei herunterfahren.
Er öffnete seine Augen wieder und sah, dass das Schwert neben Andronicus Kopf in der Erde steckte. Thor ließ es stecken und wandte sich ab.
Sein Vater hatte Recht gehabt: Er war nicht in der Lage dazu, es zu tun. Trotz allem konnte er es nicht über sich bringen, einen wehrlosen Mann zu töten.
Thor wandte sich von seinem Vater ab und seinen Leuten und Gwendolyn zu. Er hatte den Kampf gewonnen; hatte bewiesen, was er beweisen wollte. Wenn Andronicus auch nur einen Funken Ehre im Leib hatte würde ihm nichts anderes übrig bleiben als ins Empire zurückzukehren.
„THORGRIN!“, schrie Gwendolyn.
Thor fuhr herum und sah im letzten Augenblick, wie Andronicus seine Axt nach ihm schwang. Er duckte sich, und spürte den Windhauch in seinem Gesicht als die Axt an ihm vorbeizischte.
Doch Andronicus war schnell. In der gleichen Bewegung fuhr er herum und versetzte Thor mit seinem eisernen Handschuh eine Ohrfeige, die ihn zu Boden schickte.
Thor spürte, wie eine Rippe brach, als Andronicus ihn trat. Er keuchte und rang nach Luft.
Thor lag schwer atmend da, seine Rippen schmerzten, und Blut tropfte aus seinem Mundwinkel. Es kostete ihm alle Kraft aufzustehen. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Andronicus breit grinsend erneut mit der Axt ausholte und auf Thors Kopf zielte. Am Blick in Andronicus‘ blutunterlaufenen Augen konnte Thor sehen, dass dieser kein Mitgefühl mit ihm haben würde.
„Das hätte ich schon vor dreißig Jahren tun sollen!“, knurrte Andronicus.
Mit einem Schrei ließ Andronicus die Axt auf Thors ungeschützten Nacken hinuntersausen.
Doch Thor war nicht bereit zu sterben; mit einem letzten Energieschub überwand er seine Schmerzen, rappelte sich auf, rammte seinem Vater die Schulter in die Rippen und riss ihn zu Boden.
Thor und Andronicus wälzten sich im Staub. Andronicus griff Thors Hals und Thor war überrascht von der Stärke seines Griffs. Er würgte ihn und Thor rang atemlos nach Luft. Verzweifelt tastete Thor nach seinem Gürtel an dem sein Dolch hing. Der königliche Dolch, den er von König MacGil erhalten hatte kurz bevor er gestorben war.
Mit dem letzten Bisschen Luft fand er ihn und rammte ihn Andronicus in die Brust.
Andronicus schoss in die Höhe, seine Augen traten geschockt weit aus den Höhlen.
Thor wurde schwarz vor Augen und er begann, das Bewusstsein zu verlieren, als sich Andronicus Griff endlich lockerte. Andronicus sackte zur Seite und starrte ihn ungläubig an. Thor befreite sich von den Händen seines Vaters, die leblos zu Boden fielen.
Andronicus war tot.
Thor keuchte und rang nach Luft. Er zitterte am ganzen Körper.
Er hatte gerade seinen Vater getötet. Niemals hätte er gedacht, dass das möglich war.
Thor sah sich um und sah, dass die Krieger beider Armeen ihn schockiert ansahen. Er spürte, wie eine unglaubliche Hitze in seinem Körper aufstieg, gerade so, als hätte sich etwas in ihm grundlegend verändert, als hätte er mit dem Dolchstoß auch das Böse in sich selbst vernichtet. Er fühlte sich leichter und voller Energie.
Thor hörte ein lautes Grollen am Himmel, wie Donner, und als er nach oben sah, bemerkte er eine dunkle Wolke über Andronicus totem Körper aus der sich schwarze Schatten in einem Wirbel herabsenkten. Sie wirbelten unter dem lauten Heulen des Windes um seinen Vater herum, schlossen ihn ein und hoben seinen Körper immer höher und höher in die Wolke hinein. Thor sah schockiert zu und fragte sich, wohin die Seele seines Vaters wohl verschleppt wurde.
Thor wandte den Blick wieder zurück zur Erde und sah, wie tausende und abertausende von Empirekriegern ihm gegenüberstanden. Rache brannte in ihren Augen. Der Große Andronicus war tot, doch seine Männer waren sehr lebendig. Sie waren Thor und seinen Männern hundert zu eins überlegen. Thor hatte den Kampf gegen seinen Vater gewonnen, doch er war im Begriff, den Krieg zu verlieren. Erec, Kendrick, Srog und Bronson bezogen mit gezogenen Schwertern neben Thor Stellung und bereiteten sich auf den letzten Kampf vor. Einen Kampf, den sie nicht gewinnen konnten. Bis auf die Hörner der Empirekrieger, die durch das Tal schallten, war alles Still.
Sie konnten nicht gewinnen, doch sie würde mit Ehre untergehen.
KAPITEL SIEBEN
Reece ging neben Selese her. Gemeinsam mit Illepra, Elden, Indra, O’Connor, Conven, Krog und Serna waren sie schon seit Stunden in Richtung Westen unterwegs. Reece wusste nicht, ob seine Leute am tot oder am Leben waren, doch er war fest entschlossen, sie zu finden.
Er war schockiert gewesen von der Zerstörung, von den endlosen Schlachtfeldern auf denen sich die Vögel über die verkohlten Leichen hermachten. Tausende von toten Empirekriegern säumten ihren Weg. Rauch hing über der Ebene vermischt mit dem unerträglichen Gestank von verbranntem Fleisch. Doch sie sahen nicht nur die feindlichen Krieger, die den Drachen zum Opfer gefallen waren. Die Schlachten zwischen den Armeen des Rings und den Einheiten des Empire hatten ganze Städte verwüstet zurückgelassen. Reece schüttelte den Kopf. Dieses einst so reiche Land lag nun vom Krieg zerstört vor ihm.
Seit sie aus dem Canyon gekommen waren, waren Reece und die anderen fest entschlossen gewesen, nach Hause auf die MacGil Seite des Rings zurückzukehren. Sa sie keine Pferde finden konnten waren sie den ganzen Weg durch das Westliche Königreich zu Fuß marschiert, bis hoch in die Highlands und auf der anderen Seite wieder hinunter. Endlich waren sie wieder auf heimatlichem Boden unterwegs. Doch unterwegs begegnete ihnen nur Tod und Zerstörung. So wie das Land aussah, hatten die Drachen ganze Bataillone des Empire zerstört und dafür war Reece ihnen unglaublich dankbar. Doch Reece wusste immer noch nicht, in welchem Zustand er seine Leute vorfinden würde. Waren sie etwa alle tot? Bisher waren sie zumindest keiner Menschenseele begegnet und Reece brannte danach zu erfahren, wie es den anderen ergangen war.
Jedes Mal wenn sie ein Schlachtfeld fanden, das nicht von den Drachen in Asche verwandelt worden war, gingen Illepra und Selese von einem Körper zum nächsten um nach Überlebenden zu suchen. Sie wurden nicht nur von ihrem Eid als Heiler dazu getrieben; Illepra hatte noch ein anderes Ziel vor Augen. Sie wollte Reeces Bruder finden – Godfrey – und Reece teilte dieses Ziel.
„Er ist nicht hier“, verkündete Illepra zum wiederholten Male, nachdem sie auch die letzte Leiche auf dem Feld umgedreht hatte. Die Enttäuschung stand in ihr Gesicht geschrieben.
Reece konnte sehen, wie sehr sich Illepra um seinen Bruder sorgte und war davon gerührt. Auch Reece hoffte, dass er unter den Lebenden war und es ihm gut ging, doch Angesichts der tausenden von Toten schwand seine Hoffnung immer mehr.
Sie gingen weiter über einer Reihe von Hügeln und sahen ein weiteres Schlachtfeld in der Ferne auf dem wieder tausende von Toten lagen.
Während sie darauf zugingen weinte Illepra still vor sich hin. Selese legte ihr die Hand auf den Arm.
„Er ist am Leben“, versicherte sie. „Mach dir keine Sorgen.“
Reece