Sieger, Besiegter, Sohn . Морган Райс

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Sieger, Besiegter, Sohn  - Морган Райс


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Menschen kannte, die ihresgleichen anstarrten: als wäre sie eine seltsame, fremde vielleicht sogar gefährliche Person. Das war kein Gefühl, das Jeva mochte.

      Lag das nur daran, dass sie hier nur selten die Male der Priesterschaft zu Gesicht bekamen oder war es etwas anderes? Dann schallten ihr die ersten Beschimpfungen und Anschuldigungen der Menge entgegen, und Jeva begann zu verstehen.

      „Verräterin!“

      „Du hast deinen Stamm auf die Schlachtbank geführt!“

      Ein junger Mann trat mit einem Hochmut aus der Menge heraus, den man nur bei jungen Männern finden konnte. Er stolzierte umher als gehörte ihm der Pfad, der zu dem Haus der Toten führte. Als Jeva ihm auszuweichen versuchte, baute er sich vor ihr auf und blockierte den Weg.

      Jeva hätte ihm dafür eine verpassen können, aber sie hatte jetzt besseres zu tun.

      „Geh mir aus dem Weg“, sagte sie. „Ich bin nicht gekommen, um meine Kräfte zu messen.“

      „Sind dir die Gewohnheiten unseres Volkes denn vollkommen fremd geworden?“, fragte er. „Du hast deinen Stamm in den Tod nach Delos gelockt. Wie viele sind zurückgekehrt?“

      Jeva konnte die Wut in seinen Worten hören. Es war die Art von Wut, die auch ihr Volk empfand, wenn sie jemanden verloren, der ihnen nahestand. Ihm zu antworten, dass sie sich auf den Weg zu den Ahnen gemacht hatte und er darüber glücklich sein sollte, würde nichts Gutes verheißen. Jeva war sich auf jeden Fall nicht einmal mehr sicher, ob sie das noch glauben konnte. Sie hatte das sinnlose Sterben des Kriegs gesehen.

      „Aber du bist zurückgekommen“, sagte der junge Mann. „Du hast einen deiner Stämme zerstört, und dann bist du auch noch zurückgekehrt, du Feigling!“

      An jedem anderen Tag hätte Jeva ihn dafür getötet, doch in Wahrheit spielte das Quäken solch eines Idioten keine Rolle, nicht im Vergleich zu all dem, was gerade an anderer Stelle geschah. Sie versuchte erneut an ihm vorbeizugehen.

      Jeva hielt inne, als er ein Messer zog.

      „Das willst du nicht versuchen, Junge“, sagte sie.

      „Sag mir nicht, was ich will oder nicht!“ schrie er und griff sie an.

      Jeva wich dem Hieb instinktiv aus und brachte ihre Klingenkette zum Einsatz. Eine der Ketten wand sich um seinen Hals und zurrte sich fest als Jeva sich mit geübter Schnelligkeit fortzubewegen begann. Blut spritzte als der junge Mann nach seinen Wunden tastend auf die Knie fiel.

      „Verdammt“, sagte Jeva sanft. „Warum musst du mir das antun, du Trottel?“

      Natürlich blieb keine Zeit für eine Antwort. Darauf gab es nie irgendeine Antwort. Jeva flüsterte die Worte eines Gebets für die Toten über den jungen Mann gebeugt, dann richtete sie sich auf und hob ihn hoch. Andere Dorfbewohner folgten ihr, als sie ihren Weg fortsetzte. Jeva konnte die Anspannung fühlen, die an die Stelle der anfänglichen Ausgelassenheit getreten war. Sie folgten ihr wie eine Ehrengarde oder das Geleit einer Gefangenen auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung.

      Als sie das Haus der Toten erreichte, erwarteten sie dort bereits die Ältesten. Jeva tapste barfüßig hinein, kniete vor dem ewigen Feuer nieder und warf die Leiche ihres Angreifers hinein. Sie stand da und sah zu, wie sie Feuer fing, während sie einen Blick auf diejenigen Leute warf, die sie zu überzeugen gekommen war.

      „Du bist mit Blut an deinen Händen zu uns gekommen“, sagte einer der Sprecher der Toten. Er trat auf sie zu und wedelte dabei mit seinen Seilen umher. „Die Toten haben uns gesagt, dass jemand kommen würde, aber nicht, dass es auf diese Weise geschehen würde.“

      Jeva blickte ihn an und fragte sich, ob er die Wahrheit sprach. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie das nicht in Frage gestellt hätte.

      „Er hat mich angegriffen“, sagte Jeva. „Er war jedoch nicht so schnell, wie er geglaubt hatte.“

      Die anderen nickten. Solche Dinge konnten in den rauen Gegenden dieser Welt geschehen. Jeva ließ sich nichts von dem Schuldgefühl, das sie plagte, in ihrem Gesicht anmerken.

      „Du bist gekommen, um uns etwas zu fragen“, sagte der Sprecher.

      Jeva nickte. „Das bin ich.“

      „Dann stell uns deine Frage.“

      Jeva sammelte ihre Gedanken. „Ich bin gekommen, um euch für die Insel Haylon um Hilfe zu bitten. Eine große Flotte wird sie auf Geheiß des Ersten Steins angreifen. Ich denke, dass unser Volk ihnen entscheidend zur Seite stehen kann.“

      Ein Stimmengewirr brach aus. Fragen und Forderungen, Anschuldigungen und Meinungen schienen in einem großen Pulk zu verschwimmen.

      „Sie will, dass wir für sie sterben.“

      „Das haben wir schon einmal gehört!“

      „Warum sollten wir für Menschen kämpfen, die wir gar nicht kennen?“

      Jeva ertrug all das geduldig. Wenn sie es vermasselte, dann würde sie mit großer Wahrscheinlichkeit diesen Raum nicht lebendig wieder verlassen. Sie hätte einen gewissen inneren Frieden dabei empfinden sollen, aber sie musste eben auch daran denken, wie Thanos sie unter Einsatz seines Lebens gerettet hatte und an all die Menschen, die auf Haylon festsaßen. Sie durfte sie nicht enttäuschen.

      „Wir sollten sie den Toten übergeben nach allem, was sie getan hat!“ rief einer.

      Der Sprecher der Toten stellte sich neben Jeva und hob die Hände, um so um Ruhe zu bitten.

      „Wir wissen, worum uns unsere Schwester hier bittet“, sagte der Sprecher. „Es ist jetzt nicht an der Zeit, darüber zu sprechen. Wir sind nur die Lebenden. Jetzt sollten wir hören, was die Toten dazu zu sagen haben.“

      Er griff sich an seinen Gürtel und zog ein Täschchen hervor, das eine Mischung aus heiligen Pulvern und der Asche der Ahnen enthielt. Er warf es in das Feuer und die Flammen loderten auf.

      „Atme Schwester“, sagte der Sprecher. „Atme und sieh.“

      Jeva atmete den Rauch ein. Sie sog ihn tief in ihre Lungen ein. Die Flammen tanzten in dem Graben unter ihr, und Jeva erblickte zum ersten Mal in vielen Jahren die Toten.

      Zuerst erschien ihr der Geist des Mannes, den sie getötet hatte. Er erhob sich aus seiner brennenden Leiche und lief durch die Flammen auf sie zu.

      „Du hast mich getötet“, sagte er leicht erschrocken. „Du hast mich getötet!“

      Er schlug sie, und obwohl die Toten nicht in der Lage sein sollten, den Lebendigen etwas anzuhaben, spürte Jeva die volle Wucht seines Angriffs. Er schlug zu und trat erwartungsvoll dreinblickend zurück.

      Dann kamen die anderen Toten zu Jeva, und sie waren kaum freundlicher zu ihr als der junge Mann, den sie getötet hatte. Sie waren alle dort: diejenigen, die sie selbst getötet hatte und jene, die sie auf Haylon ihrem Tod überlassen hatte. Einer nach dem anderen trat an sie heran, und einer nach dem anderen schlug nach Jeva, sodass sie zu taumeln begann und sich schließlich flach auf dem Boden liegend wiederfand. Und sie sorgten dafür, dass sie auch dort blieb.

      Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bevor sie von ihr abließen, erst jetzt konnte Jeva wieder den Blick heben. Sie blickte auf Haylon, die Insel war von Schiffen umzingelt und die Schlacht tobte.

      Sie sah, wie die Schiffe des Knochenvolks die der Angreifer rammten, Löcher in sie schlugen, sodass ihre Krieger sich an das Ufer retten mussten. Sie sah sie kämpfen und töten und sterben. Jeva sah, wie sie, so wie vor kurzem in Delos, wie die Fliegen starben.

      „Wenn du sie nach Haylon führst, dann werden sie sterben“, sagte eine Stimme, die so klang als würde sie sich aus den Stimmen Tausender Ahnen zusammensetzen. „Sie werden sterben, so wie wir gestorben sind.“

      „Werden sie gewinnen?“ fragte Jeva.

      Es


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