Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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Ge­füh­le hin- und her­ge­trie­ben wer­den. Laßt euch fin­den, ihr Ve­rein­zel­ten, an de­ren Da­sein ich glau­be! Ihr Selbst­lo­sen, die ihr die Lei­den der Ver­derb­niß des deut­schen Geis­tes an euch selbst er­lei­det! Ihr Be­schau­li­chen, de­ren Auge un­ver­mö­gend ist, mit has­ti­gem Spä­hen von ei­ner Ober­flä­che zur an­dern zu glei­ten! Ihr Hoch­sin­ni­gen, de­nen Ari­sto­te­les nach­rühmt, daß ihr zö­gernd und tha­ten­los durch­’s Le­ben geht, au­ßer wo eine große Ehre und ein großes Werk nach euch ver­lan­gen! Euch rufe ich auf. Ver­kriecht euch nur dies­mal nicht in die Höh­le eu­rer Ab­ge­schie­den­heit und eu­res Miß­trau­ens. Denkt euch, dies Buch sei be­stimmt, euer He­rold zu sein. Wenn ihr erst selbst, in eu­rer eig­nen Rüs­tung, auf dem Kampf­plat­ze er­scheint, wen möch­te es dann noch ge­lüs­ten, nach dem He­rol­de, der euch rief, zu­rück­zu­schau­en? – II.

      II. Geplante Einleitung.

      (1871.)

      Der Ti­tel, den ich mei­nen Vor­trä­gen ge­ge­ben habe, soll­te, wie es die Pf­licht je­des Ti­tels ist, so be­stimmt, deut­lich und ein­dring­lich wie mög­lich sein, ist aber, was ich jetzt recht wohl mer­ke, aus ei­nem Über­maaß von Be­stimmt­heit zu kurz aus­ge­fal­len und dar­um wie­der un­deut­lich ge­wor­den, so daß ich da­mit be­gin­nen muß, die­sen Ti­tel und da­mit die Auf­ga­be die­ser Vor­trä­ge vor mei­nen ge­ehr­ten Zu­hö­rern zu er­klä­ren, ja nö­thi­gen­falls zu ent­schul­di­gen. Wenn ich also über die Zu­kunft un­se­rer Bil­dungs­an­stal­ten zu re­den ver­spro­chen habe, so den­ke ich da­bei zu­nächst gar nicht an die spe­ci­el­le Zu­kunft und Wei­ter­ent­wick­lung uns­rer bas­le­ri­schen In­sti­tu­te die­ser Art. So häu­fig es auch schei­nen möch­te, daß vie­le mei­ner all­ge­mei­nen Be­haup­tun­gen sich ge­ra­de an un­sern ein­hei­mi­schen Er­zie­hungs­an­stal­ten ex­em­pli­fi­ci­ren lie­ßen, so bin ich es nicht, der die­se Exem­pli­fi­ka­tio­nen macht und möch­te da­her eben­so­we­nig die Verant­wor­tung für der­ar­ti­ge Nutz­an­wen­dun­gen tra­gen: ge­ra­de aus dem Grun­de, weil ich mich für viel zu fremd und un­er­fah­ren hal­te und mich viel zu we­nig in den hie­si­gen Zu­stän­den fest­ge­wur­zelt füh­le, um eine so spe­ci­el­le Con­fi­gu­ra­ti­on der Bil­dungs­ver­hält­nis­se rich­tig zu be­urt­hei­len oder gar um ihre Zu­kunft mit ei­ni­ger Si­cher­heit vor­zeich­nen zu kön­nen. And­rer­seits bin ich mir um so mehr be­wußt, an wel­chem Orte ich die­se Vor­trä­ge zu hal­ten habe, in ei­ner Stadt näm­lich, die in ei­nem un­ver­hält­nis­mä­ßig groß­ar­ti­gen Sin­ne und in ei­nem für grö­ße­re Staa­ten gra­de­zu be­schä­men­den Maß­sta­be die Bil­dung und Er­zie­hung ih­rer Bür­ger zu för­dern sucht: so daß ich ge­wiß nicht fehl­grei­fe, wenn ich ver­mu­the, daß dort, wo man um so viel mehr für die­se Din­ge thut, man auch über sie um so viel mehr denkt. Gera­de Das aber muß mein Wunsch, ja mei­ne Voraus­set­zung sein, mit Zu­hö­rern hier in geis­ti­gem Ver­kehr zu ste­hen, wel­che über Er­zie­hungs- und Bil­dungs­fra­gen eben­so sehr nach­ge­dacht ha­ben, als sie Wil­lens sind, mit der That das als recht Er­kann­te zu för­dern: und nur vor sol­chen Zu­hö­rern wer­de ich mich, bei der Grö­ße der Auf­ga­be und der Kür­ze der Zeit ver­ständ­lich ma­chen kön­nen – wenn sie näm­lich so­fort er­rat­hen, was nur an­ge­deu­tet wer­den konn­te, er­gän­zen, was ver­schwie­gen wer­den muß­te, wenn sie über­haupt nur er­in­nert zu wer­den, nicht be­lehrt zu wer­den brau­chen.

      Wäh­rend ich es also durch­aus ab­leh­nen muß, als un­be­ru­fe­ner Ra­th­ge­ber in bas­le­ri­schen Schul- und Er­zie­hungs­fra­gen be­trach­tet zu wer­den, den­ke ich noch we­ni­ger dar­an, von dem gan­zen Ho­ri­zont der jet­zi­gen Cul­tur­völ­ker aus auf eine kom­men­de Zu­kunft der Bil­dung und der Bil­dungs­mit­tel zu pro­phe­zei­en: in die­ser un­ge­heu­ren Wei­te des Ge­sichts­krei­ses er­blin­det mein Blick, wie er eben­falls in ei­ner all­zu­großen Nähe un­si­cher wird. Un­ter un­se­ren Bil­dungs­an­stal­ten ver­ste­he ich dem­ge­mäß we­der die spe­ci­ell bas­le­ri­schen, noch die zahl­lo­sen For­men der wei­tes­ten, alle Völ­ler um­span­nen­den Ge­gen­wart, son­dern mei­ne die deut­schen In­sti­tu­tio­nen die­ser Art, de­ren wir uns ja auch hier zu er­freu­en ha­ben. Die Zu­kunft die­ser deut­schen In­sti­tu­tio­nen soll uns be­schäf­ti­gen, d. h. die Zu­kunft der deut­schen Volks­schu­le, der deut­schen Real­schu­le, des deut­schen Gym­na­si­ums, der deut­schen Uni­ver­si­tät: wo­bei wir einst­wei­len ganz von al­len Ver­glei­chun­gen und Wert­hab­schät­zun­gen ab­sehn und uns be­son­ders vor dem schmei­cheln­den Wah­ne hü­ten, als ob uns­re Zu­stän­de, im Hin­blick auf an­de­re Cul­tur­völ­ker, eben die all­ge­mein mus­ter­gül­ti­gen und un­über­troff­nen sei­en. Ge­nug, es sind uns­re Bil­dungs­schu­len und nicht zu­fäl­lig hän­gen sie mit uns zu­sam­men, nicht um­ge­hängt sind sie uns wie ein Ge­wand: son­dern als le­ben­di­ge Denk­mä­ler be­deu­ten­der Cul­tur­be­we­gun­gen, in ei­ni­gen For­ma­tio­nen selbst »Ur­vä­ter­haus­rath«, ver­knüp­fen sie uns mit der Ver­gan­gen­heit des Vol­kes und sind in we­sent­li­chen Zü­gen ein so hei­li­ges und ehr­wür­di­ges Ver­mächt­niß, daß ich von der Zu­kunft un­se­rer Bil­dungs­an­stal­ten nur im Sin­ne ei­ner höchst mög­li­chen An­nä­he­rung an den idea­len Geist, aus dem sie ge­bo­ren sind, zu re­den wüß­te. Da­bei steht es für mich fest, daß die zahl­rei­chen Ver­än­de­run­gen, die sich die Ge­gen­wart an die­sen Bil­dungs­an­stal­ten er­laub­te, um sie »zeit­ge­mäß« zu ma­chen, zum gu­ten Theil nur ver­zo­ge­ne Li­ni­en und Abir­run­gen von der ur­sprüng­li­chen er­ha­be­nen Ten­denz ih­rer Grün­dung sind: und was wir in die­ser Hin­sicht von der Zu­kunft zu hof­fen wa­gen, ist eine so all­ge­mei­ne Er­neue­rung, Er­fri­schung und Läu­te­rung des deut­schen Geis­tes, daß aus ihm auch die­se An­stal­ten ge­wis­ser­ma­ßen neu­ge­bo­ren wer­den und dann, nach die­ser Neu­ge­burt, zu­gleich alt und neu er­schei­nen: wäh­rend sie jetzt zu al­ler­meist nur »mo­dern« und »zeit­ge­mäß« zu sein be­an­spru­chen.

      Nur im Sin­ne je­ner Hoff­nung rede ich von ei­ner Zu­kunft un­se­rer Bil­dungs­an­stal­ten: und dies ist der zwei­te Punkt, über den ich mich von vorn­her­ein, zu mei­ner Ent­schul­di­gung er­klä­ren muß. Es ist ja die größ­te al­ler An­ma­ßun­gen, Pro­phet sein zu wol­len, so daß es be­reits lä­cher­lich klingt zu er­klä­ren, daß man es nicht sein will. Es dürf­te Nie­mand über die Zu­kunft un­se­rer Bil­dung und eine da­mit im Zu­sam­men­hange ste­hen­de Zu­kunft un­se­rer Er­zie­hungs­mit­tel und -me­tho­den sich im Tone der Weis­sa­gung ver­neh­men las­sen, wenn er nicht be­wei­sen kann, daß die­se zu­künf­ti­ge Bil­dung in ir­gend wel­chem Maße be­reits Ge­gen­wart ist und nur in ei­nem viel hö­he­ren Maße um sich zu grei­fen hat, um einen nothwen­di­gen Ein­fluß auf Schu­le und Er­zie­hungs­in­sti­tu­te aus­zuü­ben. Man ge­stat­te mir nur, aus den Ein­ge­wei­den der Ge­gen­wart, gleich ei­nem rö­mi­schen Ha­rus­pex, die Zu­kunft zu er­rat­hen, was in die­sem Fal­le nicht mehr und nicht we­ni­ger sa­gen will als ei­ner schon vor­han­de­nen Bil­dungs­ten­denz den einst­ma­li­gen Sieg zu ver­hei­ßen, ob sie gleich au­gen­blick­lich nicht be­liebt, nicht ge­ehrt, nicht ver­brei­tet ist. Sie wird aber sie­gen, wie ich mit höchs­tem Ver­trau­en an­neh­me, weil sie den größ­ten und mäch­tigs­ten Bun­des­ge­nos­sen hat, die Na­tur: wo­bei wir frei­lich nicht ver­schwei­gen dür­fen, daß vie­le Voraus­set­zun­gen uns­rer mo­der­nen Bil­dungs­me­tho­den den Cha­rak­ter des Un­na­tür­li­chen an sich tra­gen und daß die ver­häng­nis­volls­ten


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