Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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will die Men­schen den Sinn ih­res Seins leh­ren: wel­cher ist der Über­mensch, der Blitz aus der dunklen Wol­ke Mensch.

      Aber noch bin ich ih­nen fer­ne, und mein Sinn re­det nicht zu ih­ren Sin­nen. Eine Mit­te bin ich noch den Men­schen zwi­schen ei­nem Nar­ren und ei­nem Leich­nam.

      Dun­kel ist die Nacht, dun­kel sind die Wege Za­ra­thustra’s. Komm, du kal­ter und stei­fer Ge­fähr­te! Ich tra­ge dich dort­hin, wo ich dich mit mei­nen Hän­den be­gra­be.

      8

      Als Za­ra­thustra diess zu sei­nem Her­zen ge­sagt hat­te, lud er den Leich­nam auf sei­nem Rücken und mach­te sich auf den Weg. Und noch nicht war er hun­dert Schrit­te ge­gan­gen, da schlich ein Mensch an ihn her­an und flüs­ter­te ihm in’s Ohr – und sie­he! Der, wel­cher re­de­te, war der Pos­sen­reis­ser vom Thur­me. »Geh weg von die­ser Stadt, oh Za­ra­thustra, sprach er; es has­sen dich hier zu Vie­le. Es has­sen dich die Gu­ten und Ge­rech­ten und sie nen­nen dich ih­ren Feind und Veräch­ter; es has­sen dich die Gläu­bi­gen des rech­ten Glau­bens, und sie nen­nen dich die Ge­fahr der Men­ge. Dein Glück war es, dass man über dich lach­te: und wahr­lich, du re­de­test gleich ei­nem Pos­sen­reis­ser. Dein Glück war es, dass du dich dem tod­ten Hun­de ge­sell­test; als du dich so er­nied­rig­test, hast du dich sel­ber für heu­te er­ret­tet. Geh aber fort aus die­ser Stadt – oder mor­gen sprin­ge ich über dich hin­weg, ein Le­ben­di­ger über einen Tod­ten.« Und als er diess ge­sagt hat­te, ver­schwand der Mensch; Za­ra­thustra aber gieng wei­ter durch die dunklen Gas­sen.

      Am Tho­re der Stadt be­geg­ne­ten ihm die Tod­ten­grä­ber: sie leuch­te­ten ihm mit der Fa­ckel in’s Ge­sicht, er­kann­ten Za­ra­thustra und spot­te­ten sehr über ihn. »Za­ra­thustra trägt den tod­ten Hund da­von: brav, dass Za­ra­thustra zum Tod­ten­grä­ber wur­de! Denn un­se­re Hän­de sind zu rein­lich für die­sen Bra­ten. Will Za­ra­thustra wohl dem Teu­fel sei­nen Bis­sen steh­len? Nun wohl­an! Und gut Glück zur Mahl­zeit! Wenn nur nicht der Teu­fel ein bes­se­rer Dieb ist, als Za­ra­thustra! – er stiehlt die Bei­de, er frisst sie Bei­de!« Und sie lach­ten mit ein­an­der und steck­ten die Köp­fe zu­sam­men.

      Za­ra­thustra sag­te dazu kein Wort und gieng sei­nes We­ges. Als er zwei Stun­den ge­gan­gen war, an Wäl­dern und Sümp­fen vor­bei, da hat­te er zu viel das hung­ri­ge Ge­heul der Wöl­fe ge­hört, und ihm sel­ber kam der Hun­ger. So blieb er an ei­nem ein­sa­men Hau­se stehn, in dem ein Licht brann­te.

      Der Hun­ger über­fällt mich, sag­te Za­ra­thustra, wie ein Räu­ber. In Wäl­dern und Sümp­fen über­fällt mich mein Hun­ger und in tiefer Nacht.

      Wun­der­li­che Lau­nen hat mein Hun­ger. Oft kommt er mir erst nach der Mahl­zeit, und heu­te kam er den gan­zen Tag nicht: wo weil­te er doch?

      Und da­mit schlug Za­ra­thustra an das Thor des Hau­ses. Ein al­ter Mann er­schi­en; er trug das Licht und frag­te: »Wer kommt zu mir und zu mei­nem schlim­men Schla­fe?«

      »Ein Le­ben­di­ger und ein Tod­ter, sag­te Za­ra­thustra. Gebt mir zu es­sen und zu trin­ken, ich ver­gass es am Tage. Der, wel­cher den Hung­ri­gen spei­set, er­quickt sei­ne ei­ge­ne See­le: so spricht die Weis­heit.«

      Der Alte gieng fort, kam aber gleich zu­rück und bot Za­ra­thustra Brod und Wein. »Eine böse Ge­gend ist’s für Hun­gern­de, sag­te er; dar­um woh­ne ich hier. Thier und Mensch kom­men zu mir, dem Ein­sied­ler. Aber heis­se auch dei­nen Ge­fähr­ten es­sen und trin­ken, er ist mü­der als du.« Za­ra­thustra ant­wor­te­te: »Todt ist mein Ge­fähr­te, ich wer­de ihn schwer­lich dazu über­re­den.« »Das geht mich Nichts an, sag­te der Alte mür­risch; wer an mei­nem Hau­se an­klopft, muss auch neh­men, was ich ihm bie­te. Esst und ge­habt euch wohl!« –

      Da­rauf gieng Za­ra­thustra wie­der zwei Stun­den und ver­trau­te dem Wege und dem Lich­te der Ster­ne: denn er war ein ge­wohn­ter Nacht­gän­ger und lieb­te es, al­lem Schla­fen­den in’s Ge­sicht zu sehn. Als aber der Mor­gen grau­te, fand sich Za­ra­thustra in ei­nem tie­fen Wal­de, und kein Weg zeig­te sich ihm mehr. Da leg­te er den Tod­ten in einen hoh­len Baum sich zu Häup­ten – denn er woll­te ihn vor den Wöl­fen schüt­zen – und sich sel­ber auf den Bo­den und das Moos. Und als­bald schlief er ein, mü­den Lei­bes, aber mit ei­ner un­be­weg­ten See­le.

      9

      Lan­ge schlief Za­ra­thustra, und nicht nur die Mor­gen­rö­the gieng über sein Ant­litz, son­dern auch der Vor­mit­tag. End­lich aber that sein Auge sich auf: ver­wun­dert sah Za­ra­thustra in den Wald und die Stil­le, ver­wun­dert sah er in sich hin­ein. Dann er­hob er sich schnell, wie ein See­fah­rer, der mit Ei­nem Male Land sieht, und jauchz­te: denn er sah eine neue Wahr­heit. Und also re­de­te er dann zu sei­nem Her­zen:

      Ein Licht gieng mir auf: Ge­fähr­ten brau­che ich und le­ben­di­ge, – nicht tod­te Ge­fähr­ten und Leich­na­me, die ich mit mir tra­ge, wo­hin ich will.

      Son­dern le­ben­di­ge Ge­fähr­ten brau­che ich, die mir fol­gen, weil sie sich sel­ber fol­gen wol­len – und dort­hin, wo ich will.

      Ein Licht gieng mir auf: nicht zum Vol­ke rede Za­ra­thustra, son­dern zu Ge­fähr­ten! Nicht soll Za­ra­thustra ei­ner He­er­de Hirt und Hund wer­den!

      Vie­le weg­zu­lo­cken von der He­er­de – dazu kam ich. Zür­nen soll mir Volk und He­er­de: Räu­ber will Za­ra­thustra den Hir­ten heis­sen.

      Hir­ten sage ich, aber sie nen­nen sich die Gu­ten und Ge­rech­ten. Hir­ten sage ich: aber sie nen­nen sich die Gläu­bi­gen des rech­ten Glau­bens.

      Sie­he die Gu­ten und Ge­rech­ten! Wen has­sen sie am meis­ten? Den, der zer­bricht ihre Ta­feln der Wert­he, den Bre­cher, den Ver­bre­cher: – das aber ist der Schaf­fen­de.

      Sie­he die Gläu­bi­gen al­ler Glau­ben! Wen has­sen sie am meis­ten? Den, der zer­bricht ihre Ta­feln der Wert­he, den Bre­cher, den Ver­bre­cher: – das aber ist der Schaf­fen­de.

      Ge­fähr­ten sucht der Schaf­fen­de und nicht Leich­na­me, und auch nicht He­er­den und Gläu­bi­ge. Die Mit­schaf­fen­den sucht der Schaf­fen­de, Die, wel­che neue Wert­he auf neue Ta­feln schrei­ben.

      Ge­fähr­ten sucht der Schaf­fen­de, und Mi­tern­ten­de: denn Al­les steht bei ihm reif zur Ern­te. Aber ihm feh­len die hun­dert Si­cheln: so rauft er Ähren aus und ist är­ger­lich.

      Ge­fähr­ten sucht der Schaf­fen­de, und sol­che, die ihre Si­cheln zu wet­zen wis­sen. Ver­nich­ter wird man sie heis­sen und Veräch­ter des Gu­ten und Bö­sen. Aber die Ern­ten­den sind es und die Fei­ern­den.

      Mit­schaf­fen­de sucht Za­ra­thustra, Mi­tern­ten­de und Mit­fei­ern­de sucht Za­ra­thustra: was hat er mit He­er­den und Hir­ten und Leich­na­men zu schaf­fen!

      Und du, mein ers­ter Ge­fähr­te, ge­hab dich wohl! Gut be­grub ich dich in dei­nem hoh­len Bau­me, gut barg ich dich vor den Wöl­fen.

      Aber ich schei­de von dir, die Zeit ist um. Zwi­schen Mor­gen­rö­the und Mor­gen­rö­the kam mir eine neue Wahr­heit.

      Nicht Hirt soll ich sein, nicht Tod­ten­grä­ber. Nicht re­den ein­mal will ich wie­der mit dem Vol­ke; zum letz­ten Male sprach ich zu ei­nem Tod­ten.

      Den Schaf­fen­den, den Ern­ten­den, den Fei­ern­den will ich mich zu­ge­sel­len: den Re­gen­bo­gen will ich ih­nen zei­gen und alle die


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