Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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mehr von ihm bei Sei­te schlei­chen, gleich den Kran­ken und Abster­ben­den!

      Kran­ke und Abster­ben­de wa­ren es, die ver­ach­te­ten Leib und Erde und er­fan­den das Himm­li­sche und die er­lö­sen­den Bluts­trop­fen: aber auch noch die­se süs­sen und düs­tern Gif­te nah­men sie von Leib und Erde!

      Ihrem Elen­de woll­ten sie ent­lau­fen, und die Ster­ne wa­ren ih­nen zu weit. Da seufz­ten sie: »Oh dass es doch himm­li­sche Wege gäbe, sich in ein andres Sein und Glück zu schlei­chen!« – da er­fan­den sie sich ihre Sch­li­che und blu­ti­gen Tränk­lein!

      Ihrem Lei­be und die­ser Erde nun ent­rückt wähn­ten sie sich, die­se Un­dank­ba­ren. Doch wem dank­ten sie ih­rer Ent­rückung Krampf und Won­ne? Ihrem Lei­be und die­ser Erde.

      Mil­de ist Za­ra­thustra den Kran­ken. Wahr­lich, er zürnt nicht ih­ren Ar­ten des Tros­tes und Un­danks. Mö­gen sie Ge­ne­sen­de wer­den und Über­win­den­de und einen hö­he­ren Leib sich schaf­fen!

      Nicht auch zürnt Za­ra­thustra dem Ge­ne­sen­den, wenn er zärt­lich nach sei­nem Wah­ne blickt und Mit­ter­nachts um das Grab sei­nes Got­tes schleicht: aber Krank­heit und kran­ker Leib blei­ben mir auch sei­ne Thrä­nen noch.

      Vie­les krank­haf­te Volk gab es im­mer un­ter De­nen, wel­che dich­ten und gott­süch­tig sind; wüthend has­sen sie den Er­ken­nen­den und jene jüngs­te der Tu­gen­den, wel­che heisst: Red­lich­keit.

      Rück­wärts bli­cken sie im­mer nach dunklen Zei­ten: da frei­lich war Wahn und Glau­be ein an­der Ding; Ra­se­rei der Ver­nunft war Gott­ähn­lich­keit, und Zwei­fel Sün­de.

      All­zu­gut ken­ne ich die­se Gott­ähn­li­chen: sie wol­len, dass an sie ge­glaubt wer­de, und Zwei­fel Sün­de sei. All­zu­gut weiss ich auch, wor­an sie sel­ber am bes­ten glau­ben.

      Wahr­lich nicht an Hin­ter­wel­ten und er­lö­sen­de Bluts­trop­fen: son­dern an den Leib glau­ben auch sie am bes­ten, und ihr ei­ge­ner Leib ist ih­nen ihr Ding an sich.

      Aber ein krank­haf­tes Ding ist er ih­nen: und ger­ne möch­ten sie aus der Haut fah­ren. Da­rum hor­chen sie nach den Pre­di­gern des To­des und pre­di­gen sel­ber Hin­ter­wel­ten.

      Hört mir lie­ber, mei­ne Brü­der, auf die Stim­me des ge­sun­den Lei­bes: eine red­li­che­re und rei­ne­re Sim­me ist diess.

      Red­li­cher re­det und rei­ner der ge­sun­de Leib, der voll­komm­ne und recht­wink­li­ge: und er re­det vom Sinn der Erde.

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von den Verächtern des Leibes

      Den Veräch­tern des Lei­bes will ich mein Wort sa­gen. Nicht um­ler­nen und um­leh­ren sol­len sie mir, son­dern nur ih­rem eig­nen Lei­be Le­be­wohl sa­gen – und also stumm wer­den.

      »Leib bin ich und See­le« – so re­det das Kind. Und warum soll­te man nicht wie die Kin­der re­den?

      Aber der Er­wach­te, der Wis­sen­de sagt: Leib bin ich ganz und gar, und Nichts aus­ser­dem; und See­le ist nur ein Wort für ein Et­was am Lei­be.

      Der Leib ist eine gros­se Ver­nunft, eine Viel­heit mit Ei­nem Sin­ne, ein Krieg und ein Frie­den, eine He­er­de und ein Hirt.

      Werk­zeug dei­nes Lei­bes ist auch dei­ne klei­ne Ver­nunft, mein Bru­der, die du »Geist« nennst, ein klei­nes Werk- und Spiel­zeug dei­ner gros­sen Ver­nunft.

      »Ich« sagst du und bist stolz auf diess Wort. Aber das Grös­se­re ist, wor­an du nicht glau­ben willst, – dein Leib und sei­ne gros­se Ver­nunft: die sagt nicht Ich, aber thut Ich.

      Was der Sinn fühlt, was der Geist er­kennt, das hat nie­mals in sich sein Ende. Aber Sinn und Geist möch­ten dich über­re­den, sie sei­en al­ler Din­ge Ende: so ei­tel sind sie.

      Werk- und Spiel­zeu­ge sind Sinn und Geist: hin­ter ih­nen liegt noch das Selbst. Das Selbst sucht auch mit den Au­gen der Sin­ne, es horcht auch mit den Ohren des Geis­tes.

      Im­mer horcht das Selbst und sucht: es ver­gleicht, be­zwingt, er­obert, zer­stört. Es herrscht und ist auch des Ich’s Be­herr­scher.

      Hin­ter dei­nen Ge­dan­ken und Ge­füh­len, mein Bru­der, steht ein mäch­ti­ger Ge­bie­ter, ein un­be­kann­ter Wei­ser – der heisst Selbst. In dei­nem Lei­be wohnt er, dein Leib ist er.

      Es ist mehr Ver­nunft in dei­nem Lei­be, als in dei­ner bes­ten Weis­heit. Und wer weiss denn, wozu dein Leib ge­ra­de dei­ne bes­te Weis­heit nö­thig hat?

      Dein Selbst lacht über dein Ich und sei­ne stol­zen Sprün­ge. »Was sind mir die­se Sprün­ge und Flü­ge des Ge­dan­kens? sagt es sich. Ein Um­weg zu mei­nem Zwe­cke. Ich bin das Gän­gel­band des Ich’s und der Ein­blä­ser sei­ner Be­grif­fe.«

      Das Selbst sagt zum Ich: »hier füh­le Schmerz!« Und da lei­det es und denkt nach, wie es nicht mehr lei­de – und dazu eben soll es den­ken.

      Das Selbst sagt zum Ich: »hier füh­le Lust!« Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue – und dazu eben soll es den­ken.

      Den Veräch­tern des Lei­bes will ich ein Wort sa­gen. Dass sie ver­ach­ten, das macht ihr Ach­ten. Was ist es, das Ach­ten und Ver­ach­ten und Werth und Wil­len schuf?

      Das schaf­fen­de Selbst schuf sich Ach­ten und Ver­ach­ten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaf­fen­de Leib schuf sich den Geist als eine Hand sei­nes Wil­lens.

      Noch in eu­rer Thor­heit und Ver­ach­tung, ihr Veräch­ter des Lei­bes, dient ihr eu­rem Selbst. Ich sage euch: euer Selbst sel­ber will ster­ben und kehrt sich vom Le­ben ab.

      Nicht mehr ver­mag es das, was es am liebs­ten wilI: – über sich hin­aus zu schaf­fen. Das will es am liebs­ten, das ist sei­ne gan­ze In­brunst.

      Aber zu spät ward es ihm jetzt da­für: – so will euer Selbst un­ter­gehn, ihr Veräch­ter des Lei­bes.

      Un­ter­gehn will euer Selbst, und dar­um wur­det ihr zu Veräch­tern des Lei­bes! Denn nicht mehr ver­mögt ihr über euch hin­aus zu schaf­fen.

      Und dar­um zürnt ihr nun dem Le­ben und der Erde. Ein un­ge­wus­s­ter Neid ist im schee­len Blick eu­rer Ver­ach­tung.

      Ich gehe nicht eu­ren Weg, ihr Veräch­ter des Lei­bes! Ihr seid mir kei­ne Brücken zum Über­menschen! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von den Freuden- und Leidenschaften

      Mein Bru­der, wenn du eine Tu­gend hast, und es dei­ne Tu­gend ist, so hast du sie mit Nie­man­dem ge­mein­sam.

      Frei­lich, du willst sie bei Na­men nen­nen und lieb­ko­sen; du willst sie am Ohre zup­fen und Kurzweil mit ihr trei­ben.

      Und sie­he! Nun hast du ih­ren Na­men mit dem Vol­ke ge­mein­sam und bist Volk und He­er­de ge­wor­den mit dei­ner Tu­gend!

      Bes­ser thä­test du, zu sa­gen: »un­aus­sprech­bar ist und na­men­los, was mei­ner See­le Qual und Süs­se macht und auch noch der Hun­ger mei­ner Ein­ge­wei­de ist.«

      Dei­ne Tu­gend sei zu hoch für die Ver­trau­lich­keit der Na­men: und musst du von ihr re­den, so schä­me dich nicht, von ihr zu stam­meln.

      So sprich und stamm­le: »Das ist mein Gu­tes, das lie­be ich, so ge­fällt es mir ganz, so al­lein will ich das Gute.

      Nicht will ich es als ei­nes


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