Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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Grund­sät­zen nicht! – Die­se sind aber im Grun­de nichts, als eine sehr wun­der­li­che Be­griffs-My­tho­lo­gie; und das Huhn, wel­ches sie aus­ge­brü­tet hat, hat ab­seits von al­ler Wirk­lich­keit auf sei­nen Ei­ern ge­ses­sen.

      Zur Be­ur­tei­lung des Ver­bre­chers und sei­nes Rich­ters. – Der Ver­bre­cher, der den gan­zen Fluß der Um­stän­de kennt, fin­det sei­ne Tat nicht so au­ßer der Ord­nung und Be­greif­lich­keit, wie sei­ne Rich­ter und Tad­ler: sei­ne Stra­fe aber wird ihm ge­ra­de nach dem Grad von Er­stau­nen zu­ge­mes­sen, wel­ches jene beim An­blick der Tat als ei­ner Un­be­greif­lich­keit be­fällt. – Wenn die Kennt­nis, wel­che der Ver­tei­di­ger ei­nes Ver­bre­chers von dem Fall und sei­ner Vor­ge­schich­te hat, weit ge­nug reicht, so müs­sen die so­ge­nann­ten Mil­de­rungs­grün­de, wel­che er der Rei­he nach vor­bringt, end­lich die gan­ze Schuld hin­weg­mil­dern. Oder, noch deut­li­cher: der Ver­tei­di­ger wird schritt­wei­se je­nes ver­ur­tei­len­de und straf­zu­mes­sen­de Er­stau­nen mil­dern und zu­letzt ganz auf­he­ben, in­dem er je­den ehr­li­chen Zu­hö­rer zu dem in­ne­ren Ge­ständ­nis nö­tigt: "er muß­te so han­deln, wie er ge­han­delt hat; wir wür­den, wenn wir straf­ten, die ewi­ge Not­wen­dig­keit be­stra­fen." – Den Grad der Stra­fe ab­mes­sen nach dem Gra­d der Kennt­nis, wel­chen man von der His­to­rie ei­nes Ver­bre­chens hat o­der über­haupt ge­win­nen kann, – strei­tet dies nicht wi­der alle Bil­lig­keit?

      Der Tausch und die Bil­lig­keit. – Bei ei­nem Tau­sche wür­de es nur dann ehr­lich und recht­lich zu­ge­hen, wenn je­der der bei­den so viel ver­lang­te, als ihm sei­ne Sa­che wert scheint, die Mühe des Er­lan­gens, die Sel­ten­heit, die auf­ge­wende­te Zeit usw. in An­schlag ge­bracht, nebst dem Af­fek­ti­ons­wer­te. So­bald er den Preis in Hin­sicht auf das Be­dürf­nis des an­dern macht, ist er ein fei­ne­rer Räu­ber und Er­pres­ser. – Ist Geld das eine Tau­sch­ob­jekt, so ist zu er­wä­gen, daß ein Fran­ken­ta­ler in der Hand ei­nes rei­chen Er­ben, ei­nes Ta­ge­löh­ners, ei­nes Kauf­man­nes, ei­nes Stu­den­ten ganz ver­schie­de­ne Din­ge sind: je­der wird, je nach­dem er fast nichts oder viel tat, ihn zu er­wer­ben, we­nig oder viel da­für emp­fan­gen dür­fen – so wäre es bil­lig: in Wahr­heit steht es be­kannt­lich um­ge­kehrt. In der großen Geld­welt ist der Ta­ler des fauls­ten Rei­chen ge­winn­brin­gen­der als der des Ar­men und Ar­beit­sa­men.

      Rechts­zu­stän­de als Mit­tel. – Recht, auf Ver­trä­gen zwi­schen Glei­chen be­ru­hend, be­steht, so­lan­ge die Macht de­rer, die sich ver­tra­gen ha­ben, eben gleich oder ähn­lich ist; die Klug­heit hat das Recht ge­schaf­fen, um der Feh­de und der nutz­lo­sen Ver­geu­dung zwi­schen ähn­li­chen Ge­wal­ten ein Ende zu ma­chen. Die­ser aber ist e­ben­so end­gül­tig ein Ende ge­macht, wenn der eine Teil ent­schie­den schwä­cher als der an­de­re ge­wor­den ist: dann tritt Un­ter­wer­fung ein, und das Recht hört auf, aber der Er­folg ist der­sel­be wie der, wel­cher bis­her durch das Recht er­reicht wur­de. Denn jetzt ist es die Klug­heit des Über­wie­gen­den, wel­che die Kraft des Un­ter­wor­fe­nen zu scho­nen und nicht nutz­los zu ver­geu­den an­rät: und oft ist die Lage des Un­ter­wor­fe­nen güns­ti­ger, als die des Gleich­ge­stell­ten war. – Rechts­zu­stän­de sind also zeit­wei­li­ge Mit­tel wel­che die Klug­heit an­rät, kei­ne Zie­le.

      Er­klä­rung der Scha­den­freu­de. – Die Scha­den­freu­de ent­steht da­her, daß ein je­der in man­cher ihm wohl be­wuß­ten Hin­sicht sich schlecht be­fin­det, Sor­ge oder Neid oder Schmerz hat: der Scha­den, der den an­dern be­trifft, stellt die­sen ihm gleich, er ver­söhnt sei­nen Neid. – Be­fin­det er ge­ra­de sich sel­ber gut, so sam­melt er doch das Un­glück des nächs­ten als ein Ka­pi­tal in sei­nem Be­wußt­sein auf, um es bei ein­bre­chen­dem ei­ge­nen Un­glück ge­gen das­sel­be ein­zu­set­zen: auch so hat er "Scha­den­freu­de". Die auf Gleich­heit ge­rich­te­te Ge­sin­nung wirft also ih­ren Maß­stab aus auf das Ge­biet des Glücks und des Zu­falls: Scha­den­freu­de ist der ge­meins­te Aus­druck über den Sieg und die Wie­der­her­stel­lung der Gleich­heit, auch in­ner­halb der hö­he­ren Wel­t­ord­nung. Erst seit­dem der Mensch ge­lernt hat, in an­de­ren Men­schen sei­nes­glei­chen zu se­hen, also erst seit Be­grün­dung der Ge­sell­schaft gibt es Scha­den­freu­de.

      Das Will­kür­li­che im Zu­mes­sen der Stra­fen. – Die meis­ten Ver­bre­cher kom­men zu ih­ren Stra­fen wie die Wei­ber zu ih­ren Kin­dern. Sie ha­ben zehn- und hun­dert­mal das­sel­be ge­tan, ohne üble Fol­gen zu spü­ren: plötz­lich kommt eine Ent­de­ckung und hin­ter ihr die Stra­fe. Die Ge­wohn­heit soll­te doch die Schuld der Tat, de­rent­we­gen der Ver­bre­cher ge­straft wird, ent­schuld­ba­rer er­schei­nen las­sen: es ist ja ein Hang ent­stan­den, dem schwe­rer zu wi­der­ste­hen ist. An­statt des­sen wird er, wenn der Ver­dacht des ge­wohn­heits­mä­ßi­gen Ver­bre­chens vor­liegt, här­ter ge­straft, die Ge­wohn­heit wird als Grund ge­gen alle Mil­de­rung gel­tend ge­macht. Um­ge­kehrt: eine mus­ter­haf­te Le­bens­wei­se, ge­gen wel­che das Ver­bre­chen um so für­cher­li­cher ab­sticht, soll­te die Schuld­bar­keit ver­schärft er­schei­nen las­sen! Aber sie pflegt die Stra­fe zu mil­dern. So wird al­les nicht nach dem Ver­bre­cher be­mes­sen, son­dern nach der Ge­sell­schaft und de­ren Scha­den und Ge­fahr: frü­he­re Nütz­lich­keit ei­nes Men­schen wird ge­gen sei­ne ein­ma­li­ge Schäd­lich­keit ein­ge­rech­net, frü­he­re Schäd­lich­keit zur ge­gen­wär­tig ent­deck­ten ad­diert, und dem­nach die Stra­fe am höchs­ten zu­ge­mes­sen. Wenn man aber der­ge­stalt die Ver­gan­gen­heit ei­nes Men­schen mit straft oder mit be­lohnt (dies im ers­ten Fall, wo das We­ni­ger-Stra­fen ein Be­loh­nen ist) so soll­te man noch wei­ter zu­rück­gehn und die Ur­sa­che ei­ner sol­chen oder sol­chen Ver­gan­gen­heit stra­fen und be­loh­nen, ich mei­ne El­tern, Er­zie­her, die Ge­sell­schaft usw.: in vie­len Fäl­len wird man dann die Rich­ter ir­gend­wie bei der Schuld be­tei­ligt fin­den. Es ist will­kür­lich, beim Ver­bre­cher ste­hen zu blei­ben, wenn man die Ver­gan­gen­heit straft: man soll­te, falls man die ab­so­lu­te Ent­schuld­bar­keit je­der Schuld nicht zu­ge­ben will, bei je­dem ein­zel­nen Fall stehn­blei­ben und nicht wei­ter zu­rück­bli­cken: also die Schuld iso­lie­ren und sie gar nicht mit der Ver­gan­gen­heit in Ver­knüp­fung brin­gen, – sonst wird man zum Sün­der ge­gen die Lo­gik. Zieht viel­mehr, ihr Wil­lens-Frei­en, den not­wen­di­gen Schluß aus eu­rer Leh­re von der "Frei­heit des Wil­lens" und de­kre­tiert kühn­lich: "kei­ne Tat hat eine Ver­gan­gen­heit."

      Der Neid und sein ed­ler­er Bru­der. – Wo die Gleich­heit wirk­lich durch­ge­drun­gen und dau­ernd be­grün­det ist, ent­steht je­ner, im gan­zen als un­mo­ra­lisch gel­ten­de Hang, der im Na­tur­zu­stan­de kaum be­greif­lich wäre: der Neid. Der Nei­di­sche fühlt je­des Her­vor­ra­gen des an­de­ren über das ge­mein­sa­me Maß und will ihn bis da­hin her­ab­drücken – oder sich bis dort­hin er­he­ben: wor­aus sich zwei ver­schie­de­ne Hand­lungs­wei­sen er­ge­ben, wel­che He­siod als die böse und die gute


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