Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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zum Al­lein­be­sitz der­sel­ben: wie die Bahn sich mit Wett­be­wer­ben­den füllt und über­füllt, wie Über­sät­ti­gung ein­tritt, neue Ge­gen­stän­de des Kamp­fes und Ehr­gei­zes auf­ge­sucht, ver­al­te­te ins Le­ben er­weckt wer­den, wie das Schau­spiel sich wie­der­holt und die Zuschau­er des Zuschau­ens über­haupt müde wer­den, weil nun der gan­ze Kreis durch­lau­fen scheint – – und dann kommt ein Still­ste­hen, ein Au­sat­men: die Bä­che ver­lie­ren sich im San­de. Es ist das Ende da, we­nigs­tens ein Ende.

      Wel­che Ge­gen­den dau­ernd er­freu­en. – Die­se Ge­gend hat be­deu­ten­de Züge zu ei­nem Ge­mäl­de, aber ich kann die For­mel für sie nicht fin­den, als Gan­zes bleibt sie mir un­faß­bar. Ich be­mer­ke, daß alle Land­schaf­ten, die mir dau­ernd zu­sa­gen, un­ter al­ler Man­nig­fal­tig­keit ein ein­fa­ches geo­me­tri­sches Li­ni­en-Sche­ma ha­ben. Ohne ein sol­ches ma­the­ma­ti­sches Substrat wird kei­ne Ge­gend et­was künst­le­risch Er­freu­en­des. Und viel­leicht ge­stat­tet die­se Re­gel eine gleich­nis­haf­te An­wen­dung auf den Men­schen.

      Vor­le­sen. – Vor­le­sen kön­nen setzt vor­aus, daß man vor­tra­gen kön­ne: man hat über­all blas­se Far­ben an­zu­wen­den, aber die Gra­de der Bläs­se in ge­nau­en Pro­por­tio­nen zu dem im­mer vor­schwe­ben­den und di­ri­gie­ren­den, voll und tief ge­färb­ten Grund­ge­mäl­de, das heißt nach dem Vor­tra­ge der­sel­ben Par­tie zu be­stim­men. Also muß man die­ses letz­te­ren mäch­tig sein.

      Der dra­ma­ti­sche Sinn. – Wer die fei­ne­ren vier Sin­ne der Kunst nicht hat, sucht al­les mit dem gröbs­ten, dem fünf­ten zu ver­ste­hen: dies ist der dra­ma­ti­sche Sinn.

      Her­der. – Her­der ist al­les das nicht, was er von sich wäh­nen mach­te (und sel­ber zu wäh­nen wünsch­te): kein großer Den­ker und Er­fin­der, kein neu­er trei­ben­der Frucht­bo­den mit ei­ner ur­wald­fri­schen un­aus­ge­nutz­ten Kraft. Aber er be­saß im höchs­ten Maße den Sinn der Wit­te­rung, er sah und pflück­te die Erst­lin­ge der Jah­res­zeit frü­her als alle an­de­ren, wel­che dann glau­ben konn­ten, er habe sie wach­sen las­sen: sein Geist war zwi­schen Hel­lem und Dunklem, Al­tem und Jun­gem und über­all dort wie ein Jä­ger auf der Lau­er, wo es Über­gän­ge, Sen­kun­gen, Er­schüt­te­run­gen, die An­zei­chen in­ne­ren Quel­lens und Wer­dens gab: die Un­ru­he des Früh­lings trieb ihn um­her, aber er sel­ber war der Früh­ling nicht! – Das ahn­te er wohl zu­zei­ten, und woll­te es doch sich sel­ber nicht glau­ben, er, der ehr­gei­zi­ge Pries­ter, der so gern der Geis­ter-Papst sei­ner Zeit ge­we­sen wäre! Dies ist sein Lei­den: er scheint lan­ge als Prä­ten­dent meh­re­rer Kö­nig­tü­mer, ja ei­nes Uni­ver­sal­rei­ches ge­lebt zu ha­ben und hat­te sei­nen An­hang, wel­cher an ihn glaub­te: der jun­ge Goe­the war un­ter ihm. Aber über­all, wo zu­letzt Kro­nen wirk­lich ver­ge­ben wur­den, ging er leer aus: Kant, Goe­the, so­dann die wirk­li­chen ers­ten deut­schen His­to­ri­ker und Phi­lo­lo­gen nah­men ihm weg, was er sich vor­be­hal­ten wähn­te, – oft aber auch im stills­ten und ge­heims­ten nicht wähn­te. Gera­de wenn er an sich zwei­fel­te, warf er sich gern die Wür­de und die Be­geis­te­rung um: dies wa­ren bei ihm all­zu­oft Ge­wän­der, die viel ver­ber­gen, ihn sel­ber täu­schen und trös­ten muß­ten. Er hat­te wirk­lich Be­geis­te­rung und Feu­er, aber sein Ehr­geiz war viel grö­ßer! Die­ser blies un­ge­dul­dig in das Feu­er, daß es fla­cker­te, knis­ter­te und rauch­te – sein Stil fla­ckert, knis­tert und raucht – aber er wünsch­te die große Flam­me, und die­se brach nie her­vor! Er saß nicht an der Ta­fel der ei­gent­lich Schaf­fen­den: und sein Ehr­geiz ließ nicht zu, daß er sich be­schei­den un­ter die ei­gent­lich Ge­nie­ßen­den setz­te. So war er ein un­ru­hi­ger Gast, der Vor­kos­ter al­ler geis­ti­gen Ge­rich­te, die sich die Deut­schen in ei­nem hal­b­en Jahr­hun­dert aus al­len Welt- und Zeitrei­chen zu­sam­men­hol­ten. Nie wirk­lich satt und froh, war Her­der über­dies all­zu häu­fig krank: da setz­te sich bis­wei­len der Neid an sein Bett, auch die Heu­che­lei mach­te ih­ren Be­such. Et­was Wun­des und Un­frei­es blieb an ihm haf­ten: und mehr als ir­gend ei­nem un­se­rer so­ge­nann­ten "Klas­si­ker" geht ihm die ein­fäl­ti­ge wa­cke­re Mann­haf­tig­keit ab.

      Ge­ruch der Wor­te. – Je­des Wort hat sei­nen Ge­ruch: es gibt eine Har­mo­nie und Dis­har­mo­nie der Gerü­che und also der Wor­te.

      Der ge­such­te Stil. – Der ge­fun­de­ne Stil ist eine Be­lei­di­gung für den Freund des ge­such­ten Stils.

      Gelöb­nis. – Ich will kei­nen Au­tor mehr le­sen, dem man an­merkt, er woll­te ein Buch ma­chen: son­dern nur jene, de­ren Ge­dan­ken un­ver­se­hens ein Buch wur­den.

      Die künst­le­ri­sche Kon­ven­ti­on. – Drei­vier­tel Ho­mer ist Kon­ven­ti­on; und ähn­lich steht es bei al­len grie­chi­schen Künst­lern, die zu der mo­der­nen Ori­gi­na­li­täts­wut kei­nen Grund hat­ten. Es fehl­te ih­nen alle Angst vor der Kon­ven­ti­on; durch die­se hin­gen sie ja mit ih­rem Pub­li­kum zu­sam­men. Kon­ven­tio­nen sind näm­lich die für das Ver­ständ­nis der Zu­hö­rer ero­ber­ten Kunst­mit­tel, die mü­he­voll er­lern­te ge­mein­sa­me Spra­che, mit wel­cher der Künst­ler sich wirk­lich mit­tei­len kann. Zu­mal wenn er, wie der grie­chi­sche Dich­ter und Mu­si­ker, mit je­dem sei­ner Kunst­wer­ke so­for­t sie­gen will – da er öf­fent­lich mit ei­nem oder zwei­en Ne­ben­buh­lern zu rin­gen ge­wöhnt ist –, so ist die ers­te Be­din­gung, daß er so­for­t auch ver­stan­den wer­de: was aber nur durch die Kon­ven­ti­on mög­lich ist. Das, was der Künst­ler über die Kon­ven­ti­on hin­aus er­fin­det, das gibt er aus frei­en Stücken dar­auf und wagt da­bei sich sel­ber dar­an, im bes­ten Fall mit dem Er­fol­ge, daß er eine neue Kon­ven­ti­on schafft. Für ge­wöhn­lich wird das Ori­gi­na­le an­ge­staunt, mit­un­ter so­gar an­ge­be­tet, aber sel­ten ver­stan­den; der Kon­ven­ti­on hart­nä­ckig aus­wei­chen heißt: nicht ver­stan­den wer­den wol­len. Worauf weist also die mo­der­ne Ori­gi­na­li­täts­wut hin?

      Af­fek­ta­ti­on der Wis­sen­schaft­lich­keit bei Künst­lern. – Schil­ler glaub­te, gleich an­de­ren deut­schen Künst­lern, wenn man Geist habe, dür­fe man über al­ler­lei schwie­ri­ge Ge­gen­stän­de auch wohl mit der Fe­der im­pro­vi­sie­ren. Und nun ste­hen sei­ne Pro­sa-Auf­sät­ze da – in je­der Be­zie­hung ein Mus­ter, wie man wis­sen­schaft­li­che Fra­gen der Äs­the­tik und Moral nicht an­grei­fen dür­fe – und eine Ge­fahr für jun­ge Le­ser, wel­che, in ih­rer Be­wun­de­rung des Dich­ters Schil­ler, nicht den Mut ha­ben, vom Den­ker und Schrift­stel­ler Schil­ler ge­ring zu den­ken. – Die Ver­su­chung, wel­che den Künst­ler so leicht und so be­greif­li­cher­wei­se be­fällt, auch ein­mal über die ge­ra­de ihm ver­bo­te­ne Wie­se zu


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