Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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Ge­dan­ken in sei­ner furcht­bars­ten Form: das Da­sein; so wie es ist, ohne Sinn und Ziel, aber un­ver­meid­lich wie­der­keh­rend, ohne ein Fina­le in’s Nichts: »die ewi­ge Wie­der­kehr«.

      Das ist die ex­trems­te Form des Ni­hi­lis­mus: das Nichts (das »Sinn­lo­se«) ewig!

      Eu­ro­päi­sche Form des Bud­dhis­mus: Ener­gie des Wis­sens und der Kraft zwingt zu ei­nem sol­chen Glau­ben. Es ist die wis­sen­schaft­lichs­te al­ler mög­li­chen Hy­po­the­sen. Wir leug­nen Schluß-Zie­le: hät­te das Da­sein eins, so müß­te es er­reicht sein.

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      Da be­greift man, daß hier ein Ge­gen­satz zum Pan­the­is­mus an­ge­strebt wird: denn »Al­les voll­kom­men, gött­lich, ewig« zwingt e­ben­falls zu ei­nem Glau­ben an die »ewi­ge Wie­der­kunft«. Fra­ge: ist mit der Moral auch die­se pan­theis­ti­sche Ja-Stel­lung zu al­len Din­gen un­mög­lich ge­macht? Im Grun­de ist ja nur der mo­ra­li­sche Gott über­wun­den. Hat es einen Sinn, sich einen Gott »jen­seits von Gut und Böse« zu den­ken? Wäre ein Pan­the­is­mus in die­sem Sin­ne mög­lich? Brin­gen wir die Zweck­vor­stel­lung aus dem Pro­ces­se weg und be­ja­hen wir trotz­dem den Pro­ceß? – Das wäre der Fall, wenn Et­was in­ner­halb je­nes Pro­ces­ses in je­dem Mo­men­te des­sel­ben er­reicht wür­de – und im­mer das Glei­che. Spi­no­za ge­wann eine sol­che be­ja­hen­de Stel­lung, in­so­fern je­der Mo­ment eine lo­gi­sche No­thwen­dig­keit hat: und er tri­um­phir­te mit sei­nem lo­gi­schen Grund­in­stink­te über eine sol­che Welt­be­schaf­fen­heit.

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      Aber sein Fall ist nur ein Ein­zel-Fall. Je­der Grund­cha­rak­ter­zug, der je­dem Ge­sche­hen zu Grun­de liegt, der sich in je­dem Ge­sche­hen aus­drückt, müß­te, wenn er von ei­nem In­di­vi­du­um als sein Grund­cha­rak­ter­zug emp­fun­den wür­de, die­ses In­di­vi­du­um dazu trei­ben, tri­um­phi­rend je­den Au­gen­blick des all­ge­mei­nen Da­seins gut­zu­hei­ßen. Es käme eben dar­auf an, daß man die­sen Grund­cha­rak­ter­zug bei sich als gut, wert­h­voll, mit Lust emp­fin­det.

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      Nun hat die Moral das Le­ben vor der Verzweif­lung und dem Sprung in’s Nichts bei sol­chen Men­schen und Stän­den ge­schützt, wel­che von Men­schen ver­ge­waltt­hä­tigt und nie­der­ge­drückt wur­den: denn die Ohn­macht ge­gen Men­schen, nicht die Ohn­macht ge­gen die Na­tur, er­zeugt die de­spe­ra­tes­te Ver­bit­te­rung ge­gen das Da­sein. Die Moral hat die Ge­walt­ha­ber, die Ge­waltt­hä­ti­gen, die »Her­ren« über­haupt als die Fein­de be­han­delt, ge­gen wel­che der ge­mei­ne Mann ge­schützt, das heißt zu­nächst er­muthigt, ge­stärk­t wer­den muß. Die Moral hat folg­lich am tiefs­ten has­sen und ver­ach­ten ge­lehrt was der Grund­cha­rak­ter­zug der Herr­schen­den ist: ih­ren Wil­len zur Macht. Die­se Moral ab­schaf­fen, leug­nen, zer­set­zen: das wäre den best­ge­haß­ten Trieb mit ei­ner um­ge­kehr­ten Emp­fin­dung und Wer­thung an­se­hen. Wenn der Lei­den­de, Un­ter­drück­te den Glau­ben ver­lö­re, ein Recht zu sei­ner Ver­ach­tung des Wil­lens zur Macht zu ha­ben, so trä­te er in das Sta­di­um der hoff­nungs­lo­sen De­s­pe­ra­ti­on. Dies wäre der Fall, wenn die­ser Zug dem Le­ben es­sen­ti­ell wäre, wenn sich er­gä­be, daß selbst in je­nem Wil­len zur Moral nur die­ser »Wil­le zur Macht« ver­kappt sei, daß auch je­nes Has­sen und Ver­ach­ten noch ein Macht­wil­le ist. Der Un­ter­drück­te sähe ein, daß er mit dem Un­ter­drücker auf glei­chem Bo­den steht und daß er kein Vor­recht, kei­nen hö­he­ren Rang vor Je­nem habe.

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      Viel­mehr um­ge­kehr­t! Es giebt Nichts am Le­ben, was Werth hat, au­ßer dem Gra­de der Macht – ge­setzt eben, daß Le­ben selbst der Wil­le zur Macht ist. Die Moral be­hü­te­te die Schlecht­weg­ge­kom­me­nen vor Ni­hi­lis­mus, in­dem sie Je­dem einen un­end­li­chen Werth, einen me­ta­phy­si­schen Werth bei­maß und in eine Ord­nung ein­reih­te, die mit der der welt­li­chen Macht und Rang­ord­nung nicht stimmt: sie lehr­te Er­ge­bung, De­muth u. s. w. Ge­setzt, daß der Glau­be an die­se Moral zu Grun­de geht, so wür­den die Schlecht­weg­ge­kom­me­nen ih­ren Trost nicht mehr ha­ben – und zu Grun­de gehn.

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      Das Zu-Grun­de-ge­hen prä­sen­tirt sich als ein Sich-zu-Grun­de-rich­ten, als ein in­stink­ti­ves Aus­le­sen Des­sen, was zer­stö­ren muß. Sym­pto­me die­ser Selbst­zer­stö­rung der Schlecht­weg­ge­kom­me­nen: die Selbst­vi­vi­sek­ti­on, die Ver­gif­tung, Berau­schung, Ro­man­tik, vor Al­lem die in­stink­ti­ve Nö­thi­gung zu Hand­lun­gen, mit de­nen man die Mäch­ti­gen zu Tod­fein­den macht (– gleich­sam sich sei­ne Hen­ker selbst züch­tend), der Wil­le zur Zer­stö­rung als Wil­le ei­nes noch tiefe­ren In­stinkts, des In­stinkts der Selbst­zer­stö­rung, des Wil­lens in’s Nichts.

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      Ni­hi­lis­mus, als Sym­ptom da­von, daß die Schlecht­weg­ge­kom­me­nen kei­nen Trost mehr ha­ben: daß sie zer­stö­ren, um zer­stört zu wer­den, daß sie, von der Moral ab­ge­löst, kei­nen Grund mehr ha­ben, »sich zu er­ge­ben«, – daß sie sich auf den Bo­den des ent­ge­gen­ge­setz­ten Prin­cips stel­len und auch ih­rer­seits Macht wol­len, in­dem sie die Mäch­ti­gen zwin­gen, ihre Hen­ker zu sein. Dies ist die eu­ro­päi­sche Form des Bud­dhis­mus, das Nein-thun, nach­dem al­les Da­sein sei­nen »Sinn« ver­lo­ren hat.

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      Die »Noth« ist nicht etwa grö­ßer ge­wor­den: im Ge­gent­heil! »Gott, Moral, Er­ge­bung« wa­ren Heil­mit­tel, auf furcht­bar tie­fen Stu­fen des Elends: der ak­ti­ve Ni­hi­lis­mus tritt bei re­la­tiv viel güns­ti­ger ge­stal­te­ten Ver­hält­nis­sen auf. Schon daß die Moral als über­wun­den emp­fun­den wird, setzt einen ziem­li­chen Grad geis­ti­ger Cul­tur vor­aus; die­se wie­der ein re­la­ti­ves Wohl­le­ben. Eine ge­wis­se geis­ti­ge Er­mü­dung, durch den lan­gen Kampf phi­lo­so­phi­scher Mei­nun­gen bis zur hoff­nungs­lo­ses­ten Skep­sis ge­gen Phi­lo­so­phie ge­bracht, kenn­zeich­net eben­falls den kei­nes­wegs nie­de­ren Stand je­ner Ni­hi­lis­ten. Man den­ke an die Lage, in der Bud­dha auf­trat. Die Leh­re der ewi­gen Wie­der­kunft wür­de ge­lehr­te Voraus­set­zun­gen ha­ben (wie die Leh­re Bud­dha’s sol­che hat­te, zum Bei­spiel Be­griff der Cau­sa­li­tät u. s. w.).

      Was heißt jetzt »schlecht­weg­ge­kom­men«? Vor Al­lem phy­sio­lo­gisch: nicht mehr po­li­tisch. Die un­ge­sun­des­te Art Mensch in Eu­ro­pa (in al­len Stän­den) ist der Bo­den die­ses Ni­hi­lis­mus: sie wird den Glau­ben an die ewi­ge Wie­der­kunft als einen Fluch emp­fin­den, von dem ge­trof­fen man vor kei­ner Hand­lung mehr zu­rück­scheut: nicht pas­siv aus­lö­schen, son­dern Al­les aus­lö­schen ma­chen, was in die­sem Gra­de sinn- und ziel­los ist: ob­wohl es nur ein Krampf, ein blin­des Wüthen ist bei der Ein­sicht, daß Al­les seit Ewig­kei­ten da war – auch die­ser Mo­ment von Ni­hi­lis­mus und Zer­stö­rungs­lust. – Der Wert­h ei­ner sol­chen Kri­sis ist, daß sie rei­nig­t, daß sie die ver­wand­ten Ele­men­te zu­sam­mendrängt und sich an ein­an­der ver­der­ben macht, daß sie den Men­schen ent­ge­gen­ge­setz­ter Denk­wei­sen ge­mein­sa­me Auf­ga­ben zu­weist – auch un­ter ih­nen die schwä­che­ren, un­sich­re­ren an’s Licht brin­gend und so zu ei­ner Rang­ord­nung der


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