Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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      Als Za­ra­thustra die­se Re­den sprach, stand er nahe dem Ein­gan­ge sei­ner Höh­le; mit den letz­ten Wor­ten aber ent­schlüpf­te er sei­nen Gäs­ten und floh für eine kur­ze Wei­le in’s Freie.

      »Oh rei­ne Gerü­che um mich, rief er aus, oh se­li­ge Stil­le um mich! Aber wo sind mei­ne Thie­re? Heran, her­an, mein Ad­ler und mei­ne Schlan­ge!

      Sagt mir doch, mei­ne Thie­re: die­se hö­he­ren Men­schen ins­ge­sammt – rie­chen sie viel­leicht nicht gut? Oh rei­ne Gerü­che um mich! Jet­zo weiss und füh­le ich erst, wie ich euch, mei­ne Thie­re, lie­be.«

      – Und Za­ra­thustra sprach noch­mals: »ich lie­be euch, mei­ne Thie­re!« Der Ad­ler aber und die Schlan­ge dräng­ten sich an ihn, als er die­se Wor­te sprach, und sa­hen zu ihm hin­auf. Sol­cher­ge­stalt wa­ren sie zu drei still bei­sam­men und schnüf­fel­ten und schlürf­ten mit ein­an­der die gute Luft. Denn die Luft war hier draus­sen bes­ser als bei den hö­he­ren Men­schen.

      2

      Kaum aber hat­te Za­ra­thustra sei­ne Höh­le ver­las­sen, da er­hob sich der alte Zau­be­rer, sah lis­tig um­her und sprach: »Er ist hin­aus!

      Und schon, ihr hö­he­ren Men­schen – dass ich euch mit die­sem Lob- und Schmei­chel-Na­men kitz­le, gleich ihm sel­ber – schon fällt mich mein schlim­mer Trug- und Zau­ber­geist an, mein schwer­müthi­ger Teu­fel,

      – wel­cher die­sem Za­ra­thustra ein Wi­der­sa­cher ist aus dem Grun­de: ver­gebt es ihm! Nun will er vor euch zau­bern, er hat ge­ra­de sei­ne Stun­de; um­sonst rin­ge ich mit die­sem bö­sen Geis­te.

      Euch Al­len, wel­che Ehren ihr euch mit Wor­ten ge­ben mögt, ob ihr euch »die frei­en Geis­ter« nennt oder »die Wahr­haf­ti­gen« oder »die Büs­ser des Geis­tes« oder »die Ent­fes­sel­ten« oder »die gros­sen Sehn­süch­ti­gen« –

      – euch Al­len, die ihr am gros­sen Ekel lei­det gleich mir, de­nen der alte Gott starb und noch kein neu­er Gott in Wie­gen und Win­deln liegt, – euch Al­len ist mein bö­ser Geist und Zau­ber-Teu­fel hold.

      Ich ken­ne euch, ihr hö­he­ren Men­schen, ich ken­ne ihn, – ich ken­ne auch die­sen Un­hold, den ich wi­der Wil­len lie­be, die­sen Za­ra­thustra: er sel­ber dünkt mich öf­ter gleich ei­ner schö­nen Hei­li­gen-Lar­ve,

      – gleich ei­nem neu­en wun­der­li­chen Mum­men­schan­ze, in dem sich mein bö­ser Geist, der schwer­müthi­ge Teu­fel, ge­fällt: – ich lie­be Za­ra­thustra, so dünkt mich oft, um mei­nes bö­sen Geis­tes Wil­len. –

      Aber schon fällt der mich an und zwingt mich, die­ser Geist der Schwer­muth, die­ser Abend-Däm­me­rungs-Teu­fel: und, wahr­lich, ihr hö­he­ren Men­schen, es ge­lüs­tet ihn –

      – macht nur die Au­gen auf! – es ge­lüs­tet ihn, nack­t zu kom­men, ob männ­lich, ob weib­lich, noch weiss ich’s nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe! macht eure Sin­ne auf!

      Der Tag klingt ab, al­len Din­gen kommt nun der Abend, auch den bes­ten Din­gen; hört nun und seht, ihr hö­he­ren Men­schen, wel­cher Teu­fel, ob Mann, ob Weib, die­ser Geist der Abend-Schwer­muth ist!«

      Also sprach der alte Zau­be­rer, sah lis­tig um­her und griff dann zu sei­ner Har­fe.

      3

      Bei ab­ge­hell­ter Luft, Wenn schon des Thau’s Trös­tung Zur Erde nie­der­quillt, Un­sicht­bar, auch un­ge­hört: – Denn zar­tes Schuh­werk trägt Der Trös­ter Thau gleich al­len Trost-Mil­den –: Ge­denkst du da, ge­denkst du, heis­ses Herz, Wie einst du durs­te­test, Nach himm­li­schen Thrä­nen und Thau-Ge­träu­fel Ver­sengt und müde durs­te­test, Die­weil auf gel­ben Gras-Pfa­den Bos­haft abend­li­che Son­nen­bli­cke Durch schwar­ze Bäu­me um dich lie­fen, Blen­den­de Son­nen-Gluth­bli­cke, scha­den­fro­he.

      »Der Wahr­heit Frei­er? Du? – so höhn­ten sie – Nein! Nur ein Dich­ter! Ein Thier, ein lis­ti­ges, rau­ben­des, schlei­chen­des, Das lü­gen muss, Das wis­sent­lich, wil­lent­lich lü­gen muss: Nach Beu­te lüs­tern, Bunt ver­larvt, Sich sel­ber Lar­ve, Sich selbst zur Beu­te – Das – der Wahr­heit Frei­er? Nein! Nur Narr! Nur Dich­ter! Nur Bun­tes re­dend, Aus Nar­ren-Lar­ven bunt her­aus­schrei­end, Her­um­stei­gend auf lüg­ne­ri­schen Wort-Brücken, Auf bun­ten Re­gen­bo­gen, Zwi­schen falschen Him­meln Und falschen Er­den, Her­um­schwei­fend, her­um­schwe­bend, – Nur Narr! Nur Dich­ter!

      Das – der Wahr­heit Frei­er? Nicht still, starr, glatt, kalt, Zum Bil­de wor­den, Zur Got­tes-Säu­le, Nicht auf­ge­stellt vor Tem­peln, Ei­nes Got­tes Thür­wart: Nein! Feind­se­lig sol­chen Wahr­heits-Stand­bil­dern, In je­der Wild­niss hei­mi­scher als vor Tem­peln, Voll Kat­zen-Muthwil­lens, Durch je­des Fens­ter sprin­gend Husch! in je­den Zu­fall, Je­dem Ur­wal­de zu­schnüf­felnd, Süch­tig-sehn­süch­tig zu­schnüf­felnd, Dass du in Ur­wäl­dern Un­ter bunt­ge­fleck­ten Raubt­hie­ren Sünd­lich-ge­sund und bunt und schön lie­fest, Mit lüs­ter­nen Lef­zen, Se­lig-höh­nisch, se­lig-höl­lisch, se­lig-blut­gie­rig, Rau­bend, schlei­chend, lü­gend lie­fest: –

      Oder, dem Ad­ler gleich, der lan­ge, Lan­ge starr in Ab­grün­de blickt, In sei­ne Ab­grün­de: – – Oh wie sie sich hier hin­ab, Hin­un­ter, hin­ein, In im­mer tiefe­re Tie­fen rin­geln! – Dann, Plötz­lich, ge­ra­den Zugs, Ge­zück­ten Flugs, Auf Läm­mer stos­sen, Jach hin­ab, heiss­hung­rig, Nach Läm­mern lüs­tern, Gram al­len Lamms-See­len, Grim­mig-gram Al­lem, was blickt Schaf­mäs­sig, lam­m­äu­gig, kraus­wol­lig, Grau, mit Lamms-Schafs-Wohl­wol­len!

      Also Ad­ler­haft, pan­ther­haft Sind des Dich­ters Sehn­süch­te, Sind dei­ne Sehn­süch­te un­ter tau­send Lar­ven, Du Narr! Du Dich­ter!

      Der du den Men­schen schau­test So Gott als Schaf –: Den Gott zer­reis­sen im Men­schen Wie das Schaf im Men­schen, Und zer­rei­send la­chen

      Das, Das ist dei­ne Se­lig­keit! Ei­nes Pan­thers und Ad­lers Se­lig­keit! Ei­nes Dich­ters und Nar­ren Se­lig­keit!« – –

      Bei ab­ge­hell­ter Luft, Wenn schon des Monds Si­chel Grün zwi­schen Pur­pur­rö­then Und nei­disch hin­schleicht: – dem Tage feind, Mit je­dem Schrit­te heim­lich An Ro­sen-Hän­ge­mat­ten Hin­si­chelnd, bis sie sin­ken, Nacht-ab­wärts blass hin­ab­sin­ken:

      So sank ich sel­ber einst­mals Aus mei­nem Wahr­heits-Wahn­sin­ne, Aus mei­nen Ta­ges-Sehn­süch­ten, Des Ta­ges müde, krank vom Lich­te, – sank ab­wärts, abend­wärts, schat­ten­wärts: Von Ei­ner Wahr­heit Ver­brannt und durs­tig: – ge­denkst du noch, ge­denkst du, heis­ses Herz, Wie da du durs­te­test? – Dass ich ver­bannt sei Von al­ler Wahr­heit, Nur Narr! Nur Dich­ter!

      Von der Wissenschaft

      Also sang der Zau­be­rer; und Alle, die bei­sam­men wa­ren, gien­gen gleich Vö­geln un­ver­merkt in das Netz sei­ner lis­ti­gen und schwer­müthi­gen Wol­lust. Nur der Ge­wis­sen­haf­te des Geis­tes war nicht ein­ge­fan­gen: er nahm flugs dem Zau­be­rer die Har­fe weg und rief »Luft! Lasst gute Luft her­ein! Lass Za­ra­thustra her­ein! Du machst die­se Höh­le schwül und gif­tig, du schlim­mer al­ter Zau­be­rer!

      Du ver­fährst, du Fal­scher, Fei­ner, zu un­be­kann­ten


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