Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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den Ab­grund sieht, aber mit Ad­lers-Au­gen, wer mit Ad­lers-Kral­len den Ab­grund fasst: Der hat Muth. – –

      5

      »Der Mensch ist böse« – so spra­chen mir zum Tros­te alle Wei­ses­ten. Ach, wenn es heu­te nur noch wahr ist! Denn das Böse ist des Men­schen bes­te Kraft.

      »Der Mensch muss bes­ser und bö­ser wer­den« – so leh­re ich. Das Bö­ses­te ist nö­thig zu des Über­menschen Bes­tem.

      Das moch­te gut sein für je­nen Pre­di­ger der klei­nen Leu­te, dass er litt und trug an des Men­schen Sün­de. Ich aber er­freue mich der gros­sen Sün­de als mei­nes gros­sen Tros­tes. –

      Sol­ches ist aber nicht für lan­ge Ohren ge­sagt. Jed­we­des Wort ge­hört auch nicht in je­des Maul. Das sind fei­ne fer­ne Din­ge: nach de­nen sol­len nicht Schafs-Klau­en grei­fen!

      6

      Ihr hö­he­ren Men­schen, meint ihr, ich sei da, gut zu ma­chen, was ihr schlecht mach­tet?

      Oder ich woll­te für­der­hin euch Lei­den­de be­que­mer bet­ten? Oder euch Un­stä­ten, Ver­irr­ten, Ver­klet­ter­ten neue leich­te­re Fuss­stei­ge zei­gen?

      Nein! Nein! Drei Mal Nein! Im­mer Mehr, im­mer Bes­se­re eu­rer Art sol­len zu Grun­de gehn, – denn ihr sollt es im­mer schlim­mer und här­ter ha­ben. So al­lein –

      – so al­lein wächst der Mensch in die Höhe, wo der Blitz ihn trifft und zer­bricht: hoch ge­nug für den Blitz!

      Auf We­ni­ges, auf Lan­ges, auf Fer­nes geht mein Sinn und mei­ne Sehn­sucht: was gien­ge mich euer klei­nes, vie­les, kur­z­es Elend an!

      Ihr lei­det mir noch nicht ge­nug! Denn ihr lei­det an euch, ihr lit­tet noch nicht am Men­schen. Ihr wür­det lü­gen, wenn ih­r’s an­ders sag­tet! Ihr lei­det Alle nicht, wor­an ich litt. – –

      7

      Es ist mir nicht ge­nug, dass der Blitz nicht mehr scha­det. Nicht ab­lei­ten will ich ihn: er soll ler­nen für mich – ar­bei­ten. –

      Mei­ne Weis­heit samm­let sich lan­ge schon gleich ei­ner Wol­ke, sie wird stil­ler und dunk­ler. So thut jede Weis­heit, wel­che einst Blit­ze ge­bä­ren soll. –

      Die­sen Men­schen von Heu­te will ich nicht Licht sein, nicht Licht heis­sen. Die – will ich blen­den: Blitz mei­ner Weis­heit! Stich ih­nen die Au­gen aus!

      8

      Wollt Nichts über euer Ver­mö­gen: es giebt eine schlim­me Falsch­heit bei Sol­chen, die über ihr Ver­mö­gen wol­len.

      Son­der­lich, wenn sie gros­se Din­ge wol­len! Denn sie we­cken Miss­trau­en ge­gen gros­se Din­ge, die­se fei­nen Falsch­mün­zer und Schau­spie­ler: –

      – bis sie end­lich falsch vor sich sel­ber sind, schiel­äu­gig, über­tünch­ter Wurm­frass, be­män­telt durch star­ke Wor­te, durch Aus­hän­ge-Tu­gen­den, durch glän­zen­de falsche Wer­ke.

      Habt da eine gute Vor­sicht, ihr hö­he­ren Men­schen! Nichts näm­lich gilt mir heu­te kost­ba­rer und selt­ner als Red­lich­keit.

      Ist diess Heu­te nicht des Pö­bels? Pö­bel aber weiss nicht, was gross, was klein, was ge­ra­de und red­lich ist: der ist un­schul­dig krumm, der lügt im­mer.

      9

      Habt heu­te ein gu­tes Miss­trau­en, ihr hö­he­ren Men­schen, ihr Be­herz­ten! Ihr Of­fen­her­zi­gen! Und hal­tet eure Grün­de ge­heim! Diess Heu­te näm­lich ist des Pö­bels.

      Was der Pö­bel ohne Grün­de einst glau­ben lern­te, wer könn­te ihm durch Grün­de Das – um­wer­fen?

      Und auf dem Mark­te über­zeugt man mit Ge­bär­den. Aber Grün­de ma­chen den Pö­bel miss­trau­isch.

      Und wenn da ein­mal Wahr­heit zum Sie­ge kam, so fragt euch Mit gu­tem Miss­trau­en: »welch star­ker Irr­thum hat für sie ge­kämpft?«

      Hü­tet euch auch vor den Ge­lehr­ten! Die has­sen euch: denn sie sind un­frucht­bar! Sie ha­ben kal­te ver­trock­ne­te Au­gen, vor ih­nen liegt je­der Vo­gel ent­fe­dert.

      Sol­che brüs­ten sich da­mit, dass sie nicht lü­gen: aber Ohn­macht zur Lüge ist lan­ge noch nicht Lie­be zur Wahr­heit. Hü­tet euch!

      Frei­heit von Fie­ber ist lan­ge noch nicht Er­kennt­niss! Aus­ge­käl­te­ten Geis­tern glau­be ich nicht. Wer nicht lü­gen kann, weiss nicht, was Wahr­heit ist.

      10

      Wollt ihr hoch hin­aus, so braucht die eig­nen Bei­ne! Lasst euch nicht em­por tra­gen, setzt euch nicht auf frem­de Rü­k­ken und Köp­fe!

      Du aber stiegst zu Pfer­de? Du rei­test nun hur­tig hin­auf zu dei­nem Zie­le? Wohl­an, mein Freund! Aber dein lah­mer Fuss sitzt auch mit zu Pfer­de!

      Wenn du an dei­nem Zie­le bist, wenn du von dei­nem Pfer­de springst: auf dei­ner Hö­he ge­ra­de, du hö­he­rer Mensch – wirst du stol­pern!

      11

      Ihr Schaf­fen­den, ihr hö­he­ren Men­schen! Man ist nur für das eig­ne Kind schwan­ger.

      Lasst euch Nichts vor­re­den, ein­re­den! Wer ist denn eu­er Nächs­ter? Und han­delt ihr auch »für den Nächs­ten«, – ihr schafft doch nicht für ihn!

      Ver­lernt mir doch diess »Für«, ihr Schaf­fen­den: eure Tu­gend ge­ra­de will es, dass ihr kein Ding mit »für« und »um« und »weil« thut. Ge­gen die­se falschen klei­nen Wor­te sollt ihr euer Ohr zu­kle­ben.

      Das »für den Nächs­ten« ist die Tu­gend nur der klei­nen Leu­te: da heisst es »gleich und gleich« und »Hand wäscht Hand«: – sie ha­ben nicht Recht noch Kraft zu eu­rem Ei­gen­nutz!

      In eu­rem Ei­gen­nutz, ihr Schaf­fen­den, ist der Schwan­ge­ren Vor­sicht und Vor­se­hung! Was Nie­mand noch mit Au­gen sah, die Frucht: die schirmt und schont und nährt eure gan­ze Lie­be.

      Wo eure gan­ze Lie­be ist, bei eu­rem Kin­de, da ist auch eure gan­ze Tu­gend! Euer Werk, euer Wil­le ist eu­er »Nächs­ter«: lasst euch kei­ne falschen Wert­he ein­re­den!

      12

      Fragt die Wei­ber: man ge­biert nicht, weil es Ver­gnü­gen macht. Der Schmerz macht Hüh­ner und Dich­ter ga­ckern.

      Ihr Schaf­fen­den, an euch ist viel Un­rei­nes. Das macht, ihr muss­tet Müt­ter sein.

      Ein neu­es Kind: oh wie viel neu­er Schmutz kam auch zur Welt! Geht bei Sei­te! Und wer ge­bo­ren hat, soll sei­ne See­le rein wa­schen!

      13

      Seid nicht tu­gend­haft über eure Kräf­te! Und wollt Nichts von euch wi­der die Wahr­schein­lich­keit!

      Geht in den Fus­stap­fen, wo schon eu­rer Vä­ter Tu­gend gie­rig! Wie woll­tet ihr hoch stei­gen, wenn nicht eu­rer Vä­ter Wil­le mit euch steigt?

      Wer aber Erst­ling sein will, sehe zu, dass er nicht auch


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