Self-Development And The Way To Power. L.W. Rogers

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Self-Development And The Way To Power - L.W. Rogers


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bis er das Buch wieder aus der Hand legt und weiterschlendert. Das Buch schien ihn an seine vorgebliche Agentenexistenz zu erinnern.

      In einer gut geheizten Bar legt er die Jacke ab, trinkt eine Tasse Kaffee und zündet sich eine Zigarette an. Um glaubhaft erzählen zu können, er sei an der Victoria Station gewesen, lässt er ein paar Stunden verstreichen, bevor er zur Galerie Rendezvous zurückkehrt. Er schaut in eine liegen gebliebene Zeitung, registriert das Datum, den 11. Dezember 1997, und durchforstet noch mal alle seine Taschen. Abgesehen von Stadtplan, Zigaretten, U-Bahn-Ticket, Kamm und Taschentuch findet er knapp dreißig Pfund, den Restbetrag des Geldes, das ihm ein gewisser Frank Tipton vorgeschossen hatte. Das und nur das war in diesem Moment von Belang.

      Mein Name ist Gordon Bell. Ich bin gut fünfzig Jahre alt und wurde in Richmond, Yorkshire, geboren. Meine Eltern und eine jüngere Schwester kamen bei einem Brand ums Leben, als ich achtzehn war. Von da an war ich gezwungen, auf eigenen Beinen zu stehen ... Dass ich nicht weine, liegt daran, dass ich keine zwingende Notwendigkeit dazu sehe.

      Anderen Menschen ihre Sorgen

      aufzubürden – Sorgen, die sich jederzeit in Wohlgefallen auflösen konnten – war für Linda Blix eine unangenehme Pflicht, die sie lange hinausgezögert hatte. Doch am späten Nachmittag, nachdem sie ein weiteres Mal verzweifelt die Gegend rund um das Hotel abgesucht hatte, entschloss sie sich, in Oslo anzurufen. Einen Augenblick hatte sie sich eingebildet, ein Mann in weiter Ferne, der offensichtlich in großer Eile war, sei Steinar, bis sie sich erinnerte, dass er seinen Hut nicht bei sich hatte. Die bedrückende Angst sowie das Bedürfnis nach Trost ließen ihr keine Wahl mehr. Zunächst hätte sie natürlich Steinars Angehörige informieren sollen, sie rief jedoch als erstes ihre Mutter Ragnhild an.

      Diese Reihenfolge hatte sie, ganz gleich, worum es sich handelte, jahrelang praktiziert, obwohl sie ihre Schwiegereltern mindestens ebenso schätzte. Ihre Mutter machte hin und wieder Andeutungen über Steinar, die ihr ganz und gar nicht gefielen. Sogar während der Gerichtsverhandlung hatte sie ihre Skepsis hinsichtlich mancher seiner Aussagen anklingen lassen: »Manchmal habe ich das Gefühl, seine Phantasie geht mit ihm durch. Vielleicht hat er mehr die Anlage zum Dichter als zum Übersetzer.« Sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Steinars Arbeit als ein wenig minderwertig betrachtete, »seine gute Ausbildung in Betracht gezogen«. Doch ihr Verhältnis zu ihm war von ausgeprägter Ambivalenz. Als das Urteil erging, nur fünf Tage nach seiner Inhaftierung, war kein Blumenstrauß so groß und prächtig gewesen wie ihrer, und die Art ihrer Umarmung hatte keinen Zweifel an der aufrichtigen Liebe zu ihrem Schwiegersohn aufkommen lassen. Außerdem hatte sie immer ihrer Begeisterung über ihn als Mann Ausdruck gegeben, denn er war ganz ohne Frage ein Frauentyp. In diesem Punkt war Linda mit ihr einer Meinung. Als ihr Vater starb, war die Mutter in ein tiefes Loch gefallen.

      »Ragnhild Åsheim.«

      »Hallo, Mama. Hier ist Linda. Etwas ... Sonderbares ist passiert«, begann sie vorsichtig, um ihr die Nachricht so schonend wie möglich beizubringen. Als die Mutter jedoch keine Reaktion zeigte, fügte sie hinzu: »Etwas Schreckliches.« Es wurde ein langes Gespräch, in dessen Verlauf sie zeitweilig bereute, überhaupt angerufen zu haben. Die Mutter hatte sich natürlich etwas anderes erwartet, wenn ihre Tochter sich schon einmal dazu bequemte, sie anzurufen – positive Mitteilungen, wie schön sie es in London hätten, nachdem all die schrecklichen Vorfälle der Vergangenheit endlich in den Hintergrund getreten waren. Stattdessen bekam sie zu hören, Steinar sei seit mehr als vierundzwanzig Stunden verschwunden. Ein ums andere Mal musste Linda erzählen, was in dem Pub in Kensington, nur wenige Häuserblocks vom Hotel entfernt, passiert war. Genauer gesagt, was passiert sein könnte. Anfangs wirkte die Mutter erstaunlich ruhig, eher skeptisch als besorgt.

      »Hat er vielleicht einen Nervenzusammenbruch erlitten?«

      »Nie im Leben.«

      »Niemand, der bei Verstand ist, verschwindet einfach so mir nichts, dir nichts.«

      »Nein.«

      »Und niemand entführt einen erwachsenen Mann am helllichten Tage, Linda.«

      »Das weiß ich.«

      Ihr Magen hatte sich zusammengezogen und wollte sich nicht wieder entspannen, nur weil ihre Mutter versuchte, den Fall zu bagatellisieren. Begriff sie denn nicht, dass es sich um ihren eigenen Schwiegersohn handelte?

      »Ein erwachsener Mann lässt sich auch nicht so einfach entführen, zumindest nicht ein so kräftiger Kerl wie Steinar. Ihm muss plötzlich übel geworden sein oder so etwas. Sagtest du nicht, dass er ohne Brieftasche und Ausweis ist? Die Leute, die sich möglicherweise seiner angenommen haben, wissen also gar nicht, an wen sie sich wenden sollen. Vielleicht ist er auch nicht in der Lage, sich verständlich zu machen.«

      »Steinar? Der spricht doch Englisch wie ein Einheimischer!«

      »Schon, aber nicht, wenn er bewusstlos ist. Es könnte doch sein, dass ihn jemand niedergeschlagen hat.«

      Die Mutter hätte ebenso gut ihr einen Schlag versetzen können, denn an diese Möglichkeit hatte sie auch gedacht und besaß darüber hinaus genug Phantasie, sich den schlimmsten Fall auszumalen: dass Steinar nach einem missglückten Raubüberfall leblos in einer entlegenen Gasse lag oder dass ihn jemand in ein Haus gelockt hatte, aus dem es kein Entrinnen gab. Diese Gedanken bereiteten ihr Übelkeit und ließen ihren Pulsschlag unkontrolliert in die Höhe schnellen. Sie hatte gehofft, Ragnhild würde sie beruhigen und ihr Erklärungen anbieten, die den schrecklichen Druck, der auf ihr lastete, mindern konnten. Doch stattdessen nahm die Erregung der Mutter im selben Maße zu, in dem ihr die abscheulichsten Möglichkeiten in den Sinn kamen.

      »Möchtest du, dass ich mit dem nächsten Flugzeug zu dir komme? Zusammen könnten wir vielleicht ...«

      »Nein, nein. Ich vertraue der Polizei. Bleib lieber in der Nähe des Telefons. Ich werde Berit und Aksel anrufen. Vielleicht kann Aksel irgendwas ausrichten.«

      »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die norwegische Polizei an solchen Ermittlungen beteiligt wird.«

      »Keine Ahnung. Was hältst du denn von der Sache?«

      Es vergingen einige Sekunden, bevor die Mutter antwortete, und zum ersten Mal hatte ihre Stimme einen misstrauischen Klang. »Das weißt du ganz genau. Stell dir nur mal vor, dass Steinars Verschwinden etwas mit der Sache zu tun haben könnte. Stell dir vor ...«

      Linda wurde wütend. Ihre Mutter deutete doch tatsächlich an, Steinar könne sich aus dem Staub gemacht haben. »Wie kannst du es wagen, Mama!«

      »Ich versuche nur, realistisch zu sein. Es ist doch schließlich noch gar nicht so lange her, dass er ...«

      »Mama!«

      »Es nützt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken, mein Schatz. Ich behaupte ja nicht, dass Steinar schuldig ist, im Gegenteil. Aber angenommen, die Belastung war zu groß für ihn ... Vielleicht hat er ja, wie soll ich sagen ... einfach die Nerven verloren.«

      Sie konnte sich später nicht mehr daran erinnern, was sie entgegnet hatte, doch das Gespräch endete gewissermaßen versöhnlich, nachdem die Mutter geweint und sie angefleht hatte, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, wie unwahrscheinlich sie ihr auch erscheinen würden.

      Bevor sie den Hörer erneut zur Hand nahm, um ihre Schwiegereltern anzurufen, warf sie einen Blick auf den Aschenbecher. In ihm türmten sich die Kippen wie zu Hause nach einer Party. Trotz der Leere in ihrem Kopf, dem schmerzenden Hals und dem Stein in ihrem Bauch, der sie zum Schwitzen brachte, zündete sie sich mit zitternden Händen eine weitere Zigarette an. Glücklicherweise war Aksel am Apparat, denn Berit Blix neigte genau wie ihre Mutter dazu, erst einmal ihrem Pessimismus freien Lauf zu lassen und dann in Tränen auszubrechen, statt ein tröstliches Wort zu finden.

      »Hier ist Linda. Um es gleich zu sagen: Ich habe Steinar aus den Augen verloren. Hier in London. Ich habe keine Ahnung, wo er steckt. Hat er sich vielleicht bei euch gemeldet?«

      Aksel verneinte. Sie spürte sofort, wie sehr er darum kämpfte, seiner Stimme einen neutralen Klang zu geben, was ihm auch beinahe gelang. Er war dreiundsiebzig und verfügte


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