Der Dichter in Dollarica. Ernst von Wolzogen

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Der Dichter in Dollarica - Ernst von  Wolzogen


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       Ernst von Wolzogen

      Der Dichter in Dollarica

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2021

       [email protected]

      EAN 4064066116163

       Als Mauernweiler in Dollarica.

       Die Yankeerasse.

       Der Yankee als Erzieher.

       Das Universitätsleben in der Union.

       Öffentliche und private Moral.

       Liebe und Ehe.

       Die Dienstbotenfrage.

       Die Kochkunst der Yankees.

       Künstlerische Kultur.

       Vom Theater im Yankeelande.

       Die amerikanische Presse.

       Von der demokratischen Gesellschaft.

       Wie der Yankee seine Rechnung mit dem Himmel macht.

       Die Landschaft.

       Dollaricas infamster Schurke.

       Baedekereien für Amerikafahrer.

       Was können wir von Amerika lernen?

       Das Hirn Amerikas auf einer goldenen Schüssel.

       Einige für dies Werk benutzte und empfehlenswerte Bücher

       Namen- und Sachregister.

       Anmerkungen

       Bemerkungen zur Textgestalt

      [pg 1]

       Inhaltsverzeichnis

      Ein rechtschaffener „teutscher Tichter“ schlägt drei Kreuze vor dem Gedanken einer Auswanderung nach den Vereinigten Staaten. Nikolaus Lenau, der seinerzeit aus Begeisterung für die Freiheit und für die biederen Rothäute hinübersegelte, hat bekanntlich das nächste Retourschiff benutzt, und sein Entsetzen hat ihn das Wort prägen lassen von dem Lande, in welchem die Vögel keine Lieder und die Blumen keinen Duft hätten. (Eine Behauptung, die übrigens nicht einmal zutrifft.) Auch Detlev v. Liliencron mochte kein intimes Verhältnis mit der Dame Dollarica eingehen, weil sie gar keine Miene machte, ihm von ihrem Überfluß an Dollars etwas abzugeben. Ich vermute, daß sie ihn zunächst hat Flaschen spülen lassen, eine Prüfung auf die männliche Tüchtigkeit, die sie allen gestrandeten Offizieren und sonstigen mit Bildung oder hohen Lebensansprüchen beschwerten, zu grober Handarbeit jedoch untauglichen deutschen Gunstbewerbern zunächst einmal auferlegt. Wilhelm v. Polenz, der nicht mit den Hintergedanken eines galanten Räubers, sondern nur mit einem Scheckbuch bewaffnet einige Monate im Lande herumreiste, kehrte dagegen zufrieden und bereichert heim und bescherte uns, als Frucht seines fleißigen Studiums, sein schönes und gerechtes Buch „Das Land der Zukunft“. Dafür war aber auch Polenz kein solch närrischer Lyriker, der in zornige Tränen ausbricht, wenn ihm ein fremder Weltteil nicht den Gefallen tut, Nachtigallen in Kaktushainen schlagen und Affen auf Lindenbäumen herumklettern zu lassen. Paul Lindau, der welt-, [pg 2]witz- und wortgewandte, ist durch das Land geflitzt und hat eine Masse von Eindrücken gleich bunten Schmetterlingen im Vorbeifliegen mit „gewandter Feder“ feuilletonistisch aufgespießt; gelegentlich der großen Weltmessen von Chicago und St. Louis ist auch sonst wohl noch der und jener aus unserem Federvolke mit drüben gewesen, um mit mehr oder minder leichtsinniger Wichtigkeit den Maßstab seiner kleinen Person an die Ungeheuerlichkeit der Verhältnisse da drüben zu legen, und sie sind alle, durch starke Eindrücke bereichert, heimgekehrt. Erst seitdem einige hervorragende Deutsch-Amerikaner mit Hilfe der Professoren der germanistischen Fakultäten und Unterstützung etlicher für deutsche Kunst und Wissenschaft eingenommener amerikanischer Mäzene die Germanistic Society of America gegründet haben, ist es möglich geworden, richtigen deutschen Dichtern und Gelehrten, ohne Rücksicht auf Geldverdienst und etwaige lyrische Sentimentalitäten, die große Kinderstube im fernen Westen, das Märchenland der absoluten Gegenwärtigkeit, zu zeigen und andererseits diese seltsamen Tiere dem amerikanischen Volke lebend vorzuführen. Auf diese Weise sind Ludwig Fulda, Hermann Anders Krüger, Karl Hauptmann und zuletzt der Schreiber dieser Zeilen dazu gelangt, ihren deutschen Landsleuten drüben, sowie den für deutsche Geistesart interessierten Amerikanern lebendige Kunde vom deutschen Dichten der Gegenwart zu bringen.

      Psychologie des Publikums.

      Ich habe im Laufe von etwa acht Wochen an neunzehn Universitäten und Colleges, sowie fünfzehnmal in deutschen Vereinen gesprochen. Ich habe dabei teils aus meinen Werken rezitiert, teils die letzten dreißig Jahre deutscher Literaturgeschichte in skizzenhaften Schilderungen persönlicher Eindrücke und Begegnungen durchgenommen, oder [pg 3]mich über das Theater der deutschen Gegenwart verbreitet, oder endlich mit Unterstützung meiner Frau die Entwicklungsgeschichte des deutschen Volksliedes behandelt. Und daß ich diese kleine Singefrau mit hatte, war sehr gut. Denn wo immer sie in die Zupfgeige griff und ihre Volkslieder aus alten Zeiten erschallen ließ, da leuchteten die Augen, da war der Jubel groß, und die gewohnten Redensarten eines höflichen Dankes bekamen einen echten Herzensklang. Sie haben mir ja auch die Frau nicht wieder herausgegeben, als ich nach getaner Arbeit heimwärts strebte; sie haben sie mit sanfter Gewalt da behalten, weil sie von ihr noch lange nicht genug hatten. Das soll nun nicht etwa heißen, daß ich mich über eine laue Aufnahme oder über Unverständnis zu beklagen gehabt hätte. Ganz im Gegenteil: man muß bei uns schon bis nach Wien gehen, um eine solche Temperatur der dankbaren Begeisterung zu finden; aber ich merkte doch sehr bald, daß ich diesen lebhaften Beifall vornehmlich meiner rezitatorischen Leistung sowie dem Umstande zu verdanken hatte, daß ich einen wichtigen Teil meines Wesens vorsorglich unterschlug. Als praktischer Theatermann habe ich die Kunst gelernt, unterhaltende Programme zusammenzustellen, und auf die Psychologie der Massen verstehe ich mich auch einigermaßen; das ist der Grund, weshalb


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